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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0323

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Rundschau

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Italien ist nur gestattet, nachdem der Staat auf
sein Verkaufsrecht verzichtet hat. Den Preis
zu bestimmen, wird eine besondere Kommission
eingesetzt.
Weiter behält sich die Regierung das Recht
vor, Ausgrabungen vornehmen zu lassen, wo
immer es ihr gefällt, womit natürlich ein weit-
gehendes Recht der Expropriation verbunden
ist. Private Ausgrabungen kann das Unter-
richtsministerium gestatten, besondere Beauf-
sichtigung und besondere Vorrechte für den
Ankauf vorausgesetzt.
Das unglückliche Photographiegesetz wird
endlich beseitigt, und es ist zu hoffen, daß die
Photographen Italiens daraufhin ihre unter-
brochene Arbeit in den staatlichen Sammlungen
Italiens bald wieder aufnehmen werden. Auch
das Recht der Reproduktion aller Photographien
in italienischen Publikationen wird freigegeben.
Dieser Gesetzentwurf, so sehr er auch Inter-
essen des Staates vertritt, so sehr er auch die
Erhaltung und wissenschaftliche Ausbeute alles
dessen im Auge hat, was sich in Italien auf
Archäologie und Kunst bezieht, muß doch dem
Privatbesitz gegenüber als Härte empfunden
werden. Schon das Expropriationsgesetz dürfte
Bedenken erregen, und wer wird in Italien noch
eine Privatsammlung besitzen wollen, wenn das
Verbot freihändiger Veräußerung sich auch auf
Miniaturen, Münzsammlungen, Stiche usw. er-
streckt? Privatsammlungen dürften heute in
Italien noch weniger angelegt werden als früher,
und die Händler sehen sich mit ihren Verkäufen
mehr denn je auf das Ausland angewiesen.

Eine große Publikation über die päpstlichen
Münzen im Münzkabinett des Vatikans bereitet
der Direktor dieses Kabinetts, Camillo Se-
rafini, vor. Wie alle Schätze aus Silber und
Gold im apostolischen Palast, so hat auch die
einzigartige Münzsammlung die mannigfachsten
Wechselfälle erfahren. Noch im 18. und 19.
Jahrhundert wurde sie von den Franzosen
zweimal geplündert und ihr glänzender Be-
stand, wie es durch einen vor ca. 150 Jahren
verfaßten ausführlichen Katalog dokumentiert
wird, ist noch immer nicht wieder völlig er-
gänzt worden. Die Publikation Serafinis, der in
Rom als der beste Kenner päpstlicher Münzen
und Medaillen gilt, soll drei Bände päpstlidier
Münzen im Vatikan und vielleicht einen Er-
gänzungsband von Münzen anderer Kabinette
umfassen. Neben den monete werden die bolle
plumbee papali bearbeitet werden. Die Ver-
öffentlichung des ersten Bandes ist bereits für

das Jahr 1908 ins Auge gefaßt: ein stattlicher
Quartband von ca. 400 Seiten mit 70 Tafeln
und etwa 24 Münzen auf jeder Tafel. Alle
Münzen verschiedenen Wertes sollen verzeichnet
und so weit wie möglich abgebildet werden.
Es ist zu hoffen, daß dieser Publikation
päpstlidier Münzen, welche in jeder Hinsicht
mustergültig zu werden verspricht, eine eben-
solche der Medaillen folgen wird, obwohl, wie
bekannt, auch hier die vatikanische Sammlung
schwere Einbußen erlitten hat und nicht die
Schätze besitzt, die man vielleicht erwarten
möchte.

Ernst Steinmann.

In der Sitzung des kaiserlich deutschen ar-
chäologischen Instituts vom 20. März berichtete
zuerst das Ehrenmitglied desselben Gian Fran-
cesco Gamurrini von Arezzo über eine kürzlich
bei der Restaurierung des Bischofspalastes in
Viterbo gefundene lateinische Inschrift. Dieselbe
befand sich auf einem Cippus, der vielleicht im
12. Jahrh., als der Bau des Palastes begann, von
Ferentum, das einige Miglien nördlich von
Viterbo liegt, weggeschleppt undzu einem Capitell
verarbeitet wurde. Die an der linken Seite frag-
mentierte Inschrift enthält eine Dedikation für
den Kaiser Konstantin den Großen und ist da-
durch wichtig, daß in ihr der Name des Dedi-
kanten „Ferentienses" vorkommt. Die Inschrift
ist in dem ersten Hefte einer Zeitschrift publi-
ziert, welche das Organ einer Gesellschaft bildet,
die sich die Pflege der Geschichte und Kunst
Viterbos zum Ziele setzt. Zu diesem Vortrag
ergriff dann der Sekretär des Instituts Prof.
Hülsen das Wort und erörterte die verschiede-
nen Formen des Namens der Stadt Ferentum^
Als wahrscheinlich richtig nahm er die Form
Ferentis an und wies darauf hin, daß die sel-
tenen Endungen auf -is gewöhnlich bei Städten
vorkommen, die an gleichlautenden Flüssen ge-
legen waren, wie z. B. Aesis, das jetzige Jesi. —
Als zweiter sprach Herr Matteo Piccione, Her-
ausgeber eines periodisch erscheinenden Kampf-
blattes „battaglie d'archeologia", einer Zeitschrift,
wie sie in Italien, wo alles eine persönliche Spitze
hat, nicht selten vorkommen. Er sprach über
die Bronzetechnik der Alten und scheint als
Mann der Praxis sich auf diesem Gebiete Kennt-
nisse erworben zu haben, welche den Buchge-
lehrten gewöhnlich mangeln. Interessant war
seine Behauptung, daß die berühmte archaische
Biga von Norcia, die er freilich im Originale
nie gesehen hat, nicht, wie allgemein angenommen
wird, getrieben, sondern gegossen sei. Die Alten
hätten nicht das Pech zur Unterlage beim Bronzen

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