Rundschau
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entgegen, die auf dem zweiten Bild vor einem
mit Intarsien reich verzierten Betpult in Profil
dargestellt ist. Den Hintergrund dieser knien-
den Madonna bildet ein karminroter Vorhang,
während eine Renaissancetüre im Mittelpunkt
auf eine Hügellandschaft, worauf sich ein Schloß
erhebt, Ausblick gewährt. Die dritte Leinwand
bringt uns vor Augen die hünenhafte Gestalt
des heiligen Petrus; während das vierte Stück,
ein heiliger Paulus, verloren gegangen ist. —
Von Giovanni Buonconsiglio, dessen Hauptwerk,
eine Pieta, in der Galerie zu Vicenza zu finden
ist, wurde ein Fresko (für 6000 Lire) erworben:
eine renaissance Halle, grau in grau gemalt,
darstellend; in dieser thront eine überlebens-
große Maria. Technisch interessant und mit
großem Geschick ist das Ganze hingestrichen.
Weiter erwarb die Accademia zwei belanglose
mythologische Bilder des Sebastiano Ricci (beide
für 3000 Lire); dann zwei Landschaften mit
figürlicher Zutat von Giambattista Zeis (beide
für 800 Lire).
Durch Schenkung bereicherte sich das In-
stitut mit einer signierten Tafel des primitiven
Giovanni Francesco dal Zotto, der zirka 1450
in Friual zu Tolmezzo geboren ist. Nach dem
Jahre 1508 erfahren wir nichts mehr von seinem
Leben und von seinen Werken. In der Carnia
können wir noch manche Freskos des Künstlers
auffinden. Seine Madonna mit Engeln im Hinter-
grund der Akademie ist hart in den Konturen,
dumpf in Farbe und steif in Zeichnung; nament-
lich fällt das platte Gesicht Marias auf. — Zu-
letzt sei noch „Maria im Tempel" von Tinto-
retto erwähnt, das aus der Gesuiti-Kirche stammt
und just in Besitz der Galerie gekommen ist.
Die Komposition dieses Bildes ist sehr charak-
teristisch; so auch der silbergraue Ton und
einiges Gelb und Blau, mahnt an Paolo Veroneses
Werke. Jedoch merkt man an diesem Tinto-
retto auch manche Anklänge an Andrea Schia-
vone; dies mag wohl seinen guten Grund haben,
da ein Werk des letzteren, das wahrschein-
lich sich jetzt in einer Privatsammlung zu Paris
oder London befindet, sich bereits, bevor Tinto-
retto seine Maria im Tempel malte, an der-
selben Mauerfläche der Gesuiti-Kirche befand.
So versuchte der große Tintoretto die Harmonie
des Raumes nicht zu stören. ^ Brosch
g
PARIS ================
Aus Nancy kommt beunruhigende Kunde:
an der Place Stanislas, dieser Perle des Louis
XV, soll an Stelle eines Pavillons, der bisher
dem Bischof zur Wohnung diente, ein Theater
errichtet werden, wodurch die Stileinheit dieser
herrlichen Schöpfung des XVIII. Jahrhunderts
zerstört wäre. Von allen Seiten hat sich Protest
gegen diese, übrigens auch gegen die Vorschrif-
ten über die Erhaltung der „historischen Monu-
mente" verstoßende Barbarei erhoben, so daß
in diesem Falle die Trennung von Kirche und
Staat wohl kein Unheil anrichten wird, die sonst
so viele Kunstwerke zerstreut, so viele alte
trauliche Winkel der Bauspekulation zum Opfer
gebracht hat.
Wann das Luxembourgmuseum in das eben-
falls durch das Trennungsgesetz freigewordene
Seminar von St. Sulpice übersiedeln wird, ist
nun wieder ungewiß. Alles ist im Prinzip be-
schlossen, aber auf die nötigen Kredite ist in
diesem Jahre kaum zu hoffen, da das marokka-
nische Abenteuer unerwartete Ansprüche an das
Budget stellt.
Das Louvre hat inzwischen einige Bereiche-
rungen erfahren. So hat man um 25000 Franken
einen Greco, den Erlöser am Kreuz darstellend,
erworben. Das Werk war vor ungefähr 80
Jahren von dem Bankier Isaac Pereire der Mairie
von Prades (Pyrenees Orientales) geschenkt
worden und wird nun eine erwünschte Ergän-
zung zu den wenig zahlreichen Bildern der
spanischen Schule im Louvre bilden. Außerdem
wurde eine italienische Bronze des XVI. Jahr-
hunderts, ein Dornauszieher, sowie ein phöni-
kischer Thronsessel gekauft.
Der Graf Potocki hat seine Leihgabe, „Rem-
brandts Bruder" zurückgezogen und dafür einen
schönen Tizian, ein angebliches Porträt Alfons
d'Estes auf ein Jahr geliehen.
Die Sammlungen des Museums in Lille wur-
den durch einen Raub der Europa von Jordaens
(datiert 1643) bereichert, dessen Anschaffung um
20000 Fs. durch die Zinsen der Stiftung Brasseur
ermöglicht wurde. In Nevers werden die bis-
her in verschiedenen Lokalen zerstreut gewese-
nen Kunst- und Antiquitätenschätze in einem
Museum vereinigt werden, nachdem die Opfer-
willigkeit des Conservators der Gemäldesamm-
lung, des Herrn Blandin, die nötigen Mittel
hierzu zur Verfügung gestellt hat.
In einer Reihe von Ausstellungen hat man uns
in Paris, bald im Verein mit neueren Werken, bald
allein Werke der ältern Kunst vorgeführt: so
hat die neubegründete Societe d'Art fran^ais in
ihrer ersten Ausstellung im Cercle de la librai-
rie, neben tüchtigen Werken von Guerin, La-
prade, Ottmann, Dezire u. a. m. eine sehr wert-
volle Retrospektive von Werken Constantin Guys
gebracht, der, zuerst von Charles Baudelaire als
317
entgegen, die auf dem zweiten Bild vor einem
mit Intarsien reich verzierten Betpult in Profil
dargestellt ist. Den Hintergrund dieser knien-
den Madonna bildet ein karminroter Vorhang,
während eine Renaissancetüre im Mittelpunkt
auf eine Hügellandschaft, worauf sich ein Schloß
erhebt, Ausblick gewährt. Die dritte Leinwand
bringt uns vor Augen die hünenhafte Gestalt
des heiligen Petrus; während das vierte Stück,
ein heiliger Paulus, verloren gegangen ist. —
Von Giovanni Buonconsiglio, dessen Hauptwerk,
eine Pieta, in der Galerie zu Vicenza zu finden
ist, wurde ein Fresko (für 6000 Lire) erworben:
eine renaissance Halle, grau in grau gemalt,
darstellend; in dieser thront eine überlebens-
große Maria. Technisch interessant und mit
großem Geschick ist das Ganze hingestrichen.
Weiter erwarb die Accademia zwei belanglose
mythologische Bilder des Sebastiano Ricci (beide
für 3000 Lire); dann zwei Landschaften mit
figürlicher Zutat von Giambattista Zeis (beide
für 800 Lire).
Durch Schenkung bereicherte sich das In-
stitut mit einer signierten Tafel des primitiven
Giovanni Francesco dal Zotto, der zirka 1450
in Friual zu Tolmezzo geboren ist. Nach dem
Jahre 1508 erfahren wir nichts mehr von seinem
Leben und von seinen Werken. In der Carnia
können wir noch manche Freskos des Künstlers
auffinden. Seine Madonna mit Engeln im Hinter-
grund der Akademie ist hart in den Konturen,
dumpf in Farbe und steif in Zeichnung; nament-
lich fällt das platte Gesicht Marias auf. — Zu-
letzt sei noch „Maria im Tempel" von Tinto-
retto erwähnt, das aus der Gesuiti-Kirche stammt
und just in Besitz der Galerie gekommen ist.
Die Komposition dieses Bildes ist sehr charak-
teristisch; so auch der silbergraue Ton und
einiges Gelb und Blau, mahnt an Paolo Veroneses
Werke. Jedoch merkt man an diesem Tinto-
retto auch manche Anklänge an Andrea Schia-
vone; dies mag wohl seinen guten Grund haben,
da ein Werk des letzteren, das wahrschein-
lich sich jetzt in einer Privatsammlung zu Paris
oder London befindet, sich bereits, bevor Tinto-
retto seine Maria im Tempel malte, an der-
selben Mauerfläche der Gesuiti-Kirche befand.
So versuchte der große Tintoretto die Harmonie
des Raumes nicht zu stören. ^ Brosch
g
PARIS ================
Aus Nancy kommt beunruhigende Kunde:
an der Place Stanislas, dieser Perle des Louis
XV, soll an Stelle eines Pavillons, der bisher
dem Bischof zur Wohnung diente, ein Theater
errichtet werden, wodurch die Stileinheit dieser
herrlichen Schöpfung des XVIII. Jahrhunderts
zerstört wäre. Von allen Seiten hat sich Protest
gegen diese, übrigens auch gegen die Vorschrif-
ten über die Erhaltung der „historischen Monu-
mente" verstoßende Barbarei erhoben, so daß
in diesem Falle die Trennung von Kirche und
Staat wohl kein Unheil anrichten wird, die sonst
so viele Kunstwerke zerstreut, so viele alte
trauliche Winkel der Bauspekulation zum Opfer
gebracht hat.
Wann das Luxembourgmuseum in das eben-
falls durch das Trennungsgesetz freigewordene
Seminar von St. Sulpice übersiedeln wird, ist
nun wieder ungewiß. Alles ist im Prinzip be-
schlossen, aber auf die nötigen Kredite ist in
diesem Jahre kaum zu hoffen, da das marokka-
nische Abenteuer unerwartete Ansprüche an das
Budget stellt.
Das Louvre hat inzwischen einige Bereiche-
rungen erfahren. So hat man um 25000 Franken
einen Greco, den Erlöser am Kreuz darstellend,
erworben. Das Werk war vor ungefähr 80
Jahren von dem Bankier Isaac Pereire der Mairie
von Prades (Pyrenees Orientales) geschenkt
worden und wird nun eine erwünschte Ergän-
zung zu den wenig zahlreichen Bildern der
spanischen Schule im Louvre bilden. Außerdem
wurde eine italienische Bronze des XVI. Jahr-
hunderts, ein Dornauszieher, sowie ein phöni-
kischer Thronsessel gekauft.
Der Graf Potocki hat seine Leihgabe, „Rem-
brandts Bruder" zurückgezogen und dafür einen
schönen Tizian, ein angebliches Porträt Alfons
d'Estes auf ein Jahr geliehen.
Die Sammlungen des Museums in Lille wur-
den durch einen Raub der Europa von Jordaens
(datiert 1643) bereichert, dessen Anschaffung um
20000 Fs. durch die Zinsen der Stiftung Brasseur
ermöglicht wurde. In Nevers werden die bis-
her in verschiedenen Lokalen zerstreut gewese-
nen Kunst- und Antiquitätenschätze in einem
Museum vereinigt werden, nachdem die Opfer-
willigkeit des Conservators der Gemäldesamm-
lung, des Herrn Blandin, die nötigen Mittel
hierzu zur Verfügung gestellt hat.
In einer Reihe von Ausstellungen hat man uns
in Paris, bald im Verein mit neueren Werken, bald
allein Werke der ältern Kunst vorgeführt: so
hat die neubegründete Societe d'Art fran^ais in
ihrer ersten Ausstellung im Cercle de la librai-
rie, neben tüchtigen Werken von Guerin, La-
prade, Ottmann, Dezire u. a. m. eine sehr wert-
volle Retrospektive von Werken Constantin Guys
gebracht, der, zuerst von Charles Baudelaire als