Rundschau
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des lästigen Aufrollens — wie wir alle wissen
— nicht ohne Karton benutzbar. Bromphoto-
graphien ebenfalls billig, nicht aufrollend, aber
zur Reproduktion ungeeignet. Platinphotogra-
phien etwa doppelt so teuer wie die ersten
beiden; nicht aufrollend, weniger verblassend
und treuer in der Wiedergabe der Farbenwerte.
Das Ideal der Photographie bleibt nach Ander-
son der Kohlendruck. Das Verfahren ist be-
kanntlicli äußerst kostspielig, aber das Kunst-
werk wird als Kunstwerk wiedergegeben und
die Blätter sind absolut unveränderlich.
Für den Kunsthistoriker bedeutet dieser Ka-
talog (Preis 1,75 L.) ein äußerst wertvolles
Hilfsbuch. Es ist in zwei Abschnitte geteilt.
Der erste Teil behandelt Gemälde, Fresken,
Zeichnungen; der zweite Teil Architektur, Skulp-
tur und Stadtansiditen. Der erste Teil ist alpha-
betisch nach Künstlern geordnet, der zweite
Teil alphabetisch nach Kunststätten. Dazwischen
sind die Mosaiken eingeschoben.
Der Katalog umfaßt sämtliche Aufnahmen
Andersons in Italien und Spanien. Von diesen
letzteren ist gleichzeitig aber noch ein zweiter
Katalog erschienen, der etwa tausend Aufnahmen
aus Cordova, Eskurial, Granada, Madrid, Se-
villa und Toledo verzeichnet. Eine besondere
Aufmerksamkeit hat Anderson den Zeichnungen
von Francisco Goya im Prado zugewandt. So-
eben ist die erste Mappe von 30 Tafeln mit
60 Zeichnungen von Goyas „Caprichos" mit be-
gleitendem Text (in französischer Sprache) von
Pietro d'Adiiardi, einem Schüler Venturis, er-
schienen. Das ganze Werk soll etwa 250 Zeich-
nungen umfassen, und zwar wird der nächste
Band die „Kriegsverwüstungen" und „die Sprich-
wörter", der letzte die „Tauromachie" und die
„Gefangenen" bringen. Die Ausstattung dieser
Publikation nimmt sich in der hellblauen Leinen-
mappe besonders vornehm und geschmackvoll
aus; der kurze, erklärende Text ist gut ge-
schrieben und zuverlässig; die Reproduktionen
sind so gut wie sie nur nach Aufnahmen von
Anderson gemacht werden können.
Überhaupt bedeutet Andersons spanische Kol-
lektion für alle, welche Spanien kennen und für alle,
welche es nicht kennen, eine freudige Überraschung.
Welch' ein unaussprechlicher Reichtum ungehobe-
ner Schätze bietet sich uns auf einmal in diesen
vorzüglichen Aufnahmen dar! Die Herrlichkeiten
von Tizian, Velasquez, Murillo, Rubens, Greco,
welche die spanischen Sammlungen und Kirchen
bergen, waren ja auch sonst schon mehr oder
weniger bekannt, aber die Sittenbilder und Por-
träts Goyas undZurbarans, die zahllosen Heiligen-
bilder der Ribera, Guido Reni, Guercino, die
prachtvollen Historienbilder Poussins und die
unzähligen Schilderungen der flämischen und hol-
ländischen Kleinmeister, die Porträtdarstellungen
aus allen Zeiten von Dürer, Floris, Antonio
Moro, Bronzino, Parmigianino, Tintoretto, van
Dyck bis herab auf Raffael Mengs bedeuten
eine geradezu unschätzbare Bereicherung unseres
kunsthistorischen Arbeitsmaterials.
Einen Katalog der von Anderson jüngst in
England gemachten Aufnahmen können wir
leider nicht vor Oktober erwarten. Das Mono-
pol Hanfstängls in London ist damit gebrochen,
und die Konkurrenz der beiden großen Häuser
wird auch in diesem Falle nur fruchtbringend
wirken können. In der Nationalgallery, in der
Wallace-Collection, im British Museum, in
Windsor Castle und in der Sammlung von
Herbert Cook hat Anderson etwa 500 Auf-
nahmen von Gemälden gemacht. Daneben sind
— und dies ist für den Kunsthistoriker von be-
sonderer Wichtigkeit — im Printroom des Bri-
tish Museum ca. 300 Zeichnungen vor allem
der großen Meister der italienischen Renais-
sance z. T. zum ersten Male aufgenommen
worden; unter ihnen mehr als 30 Zeichnungen
von Michelangelo und Schule, fast ebenso viele
von Raffael und Lionardo und das ganze Skizzen-
buch des Jacopo Bellini. Auch von Dürer und
Rembrandt wird uns bald eine Fülle allerdings
größtenteils schon edierter Handzeichnungen in
Andersonschen Photographien vorliegen. Man
sieht, daß England den tüchtigsten unter den
italienischen Photographen ebenso gastfreundlich
aufgenommen hat wie Spanien. Eine Ausnahme
hat nur Oxford gemacht. Hier dürfte sich die
Weigerung, die reichen Handzeichnungsschätze
aufzunehmen, aus der Ursache erklären, den
Publikationen von Sidney Colvin und der Vasari-
Society nicht vorgreifen zu wollen.
Das unglückliche Gesetz, welches den italie-
nischen Photographen die Aufnahmen in Staats-
sammlungen fast zur Unmöglichkeit machte,
trieb Anderson vor vier Jahren zuerst ins Aus-
land. Wir werden uns darüber nicht beklagen.
Aber es ist sicherlich mit Freuden zu begrüßen,
daß Anderson die nächsten Jahre seine Kraft
wieder den Kirchen und Sammlungen vor allem
von Florenz und Rom zuzuwenden gedenkt.
E. St.
KLEINE NACHRICHTEN
Berlin. Auf einer Auktion in London wurde jüngst
von Humphrey Wards ein offenbar übermaltes Bild von
Rembrandt erstanden. Er schickte es zu Prof. Hauser nach
Berlin, und nach der Reinigung kam ein vorzügliches Por-
trät eines jungen Mannes zum Vorschein, das von Hauser
und Friedländer sogleich als ein echter Rembrandt aus der
Zeit der Staalmeesters erkannt wurde. Die Übermalung
325
des lästigen Aufrollens — wie wir alle wissen
— nicht ohne Karton benutzbar. Bromphoto-
graphien ebenfalls billig, nicht aufrollend, aber
zur Reproduktion ungeeignet. Platinphotogra-
phien etwa doppelt so teuer wie die ersten
beiden; nicht aufrollend, weniger verblassend
und treuer in der Wiedergabe der Farbenwerte.
Das Ideal der Photographie bleibt nach Ander-
son der Kohlendruck. Das Verfahren ist be-
kanntlicli äußerst kostspielig, aber das Kunst-
werk wird als Kunstwerk wiedergegeben und
die Blätter sind absolut unveränderlich.
Für den Kunsthistoriker bedeutet dieser Ka-
talog (Preis 1,75 L.) ein äußerst wertvolles
Hilfsbuch. Es ist in zwei Abschnitte geteilt.
Der erste Teil behandelt Gemälde, Fresken,
Zeichnungen; der zweite Teil Architektur, Skulp-
tur und Stadtansiditen. Der erste Teil ist alpha-
betisch nach Künstlern geordnet, der zweite
Teil alphabetisch nach Kunststätten. Dazwischen
sind die Mosaiken eingeschoben.
Der Katalog umfaßt sämtliche Aufnahmen
Andersons in Italien und Spanien. Von diesen
letzteren ist gleichzeitig aber noch ein zweiter
Katalog erschienen, der etwa tausend Aufnahmen
aus Cordova, Eskurial, Granada, Madrid, Se-
villa und Toledo verzeichnet. Eine besondere
Aufmerksamkeit hat Anderson den Zeichnungen
von Francisco Goya im Prado zugewandt. So-
eben ist die erste Mappe von 30 Tafeln mit
60 Zeichnungen von Goyas „Caprichos" mit be-
gleitendem Text (in französischer Sprache) von
Pietro d'Adiiardi, einem Schüler Venturis, er-
schienen. Das ganze Werk soll etwa 250 Zeich-
nungen umfassen, und zwar wird der nächste
Band die „Kriegsverwüstungen" und „die Sprich-
wörter", der letzte die „Tauromachie" und die
„Gefangenen" bringen. Die Ausstattung dieser
Publikation nimmt sich in der hellblauen Leinen-
mappe besonders vornehm und geschmackvoll
aus; der kurze, erklärende Text ist gut ge-
schrieben und zuverlässig; die Reproduktionen
sind so gut wie sie nur nach Aufnahmen von
Anderson gemacht werden können.
Überhaupt bedeutet Andersons spanische Kol-
lektion für alle, welche Spanien kennen und für alle,
welche es nicht kennen, eine freudige Überraschung.
Welch' ein unaussprechlicher Reichtum ungehobe-
ner Schätze bietet sich uns auf einmal in diesen
vorzüglichen Aufnahmen dar! Die Herrlichkeiten
von Tizian, Velasquez, Murillo, Rubens, Greco,
welche die spanischen Sammlungen und Kirchen
bergen, waren ja auch sonst schon mehr oder
weniger bekannt, aber die Sittenbilder und Por-
träts Goyas undZurbarans, die zahllosen Heiligen-
bilder der Ribera, Guido Reni, Guercino, die
prachtvollen Historienbilder Poussins und die
unzähligen Schilderungen der flämischen und hol-
ländischen Kleinmeister, die Porträtdarstellungen
aus allen Zeiten von Dürer, Floris, Antonio
Moro, Bronzino, Parmigianino, Tintoretto, van
Dyck bis herab auf Raffael Mengs bedeuten
eine geradezu unschätzbare Bereicherung unseres
kunsthistorischen Arbeitsmaterials.
Einen Katalog der von Anderson jüngst in
England gemachten Aufnahmen können wir
leider nicht vor Oktober erwarten. Das Mono-
pol Hanfstängls in London ist damit gebrochen,
und die Konkurrenz der beiden großen Häuser
wird auch in diesem Falle nur fruchtbringend
wirken können. In der Nationalgallery, in der
Wallace-Collection, im British Museum, in
Windsor Castle und in der Sammlung von
Herbert Cook hat Anderson etwa 500 Auf-
nahmen von Gemälden gemacht. Daneben sind
— und dies ist für den Kunsthistoriker von be-
sonderer Wichtigkeit — im Printroom des Bri-
tish Museum ca. 300 Zeichnungen vor allem
der großen Meister der italienischen Renais-
sance z. T. zum ersten Male aufgenommen
worden; unter ihnen mehr als 30 Zeichnungen
von Michelangelo und Schule, fast ebenso viele
von Raffael und Lionardo und das ganze Skizzen-
buch des Jacopo Bellini. Auch von Dürer und
Rembrandt wird uns bald eine Fülle allerdings
größtenteils schon edierter Handzeichnungen in
Andersonschen Photographien vorliegen. Man
sieht, daß England den tüchtigsten unter den
italienischen Photographen ebenso gastfreundlich
aufgenommen hat wie Spanien. Eine Ausnahme
hat nur Oxford gemacht. Hier dürfte sich die
Weigerung, die reichen Handzeichnungsschätze
aufzunehmen, aus der Ursache erklären, den
Publikationen von Sidney Colvin und der Vasari-
Society nicht vorgreifen zu wollen.
Das unglückliche Gesetz, welches den italie-
nischen Photographen die Aufnahmen in Staats-
sammlungen fast zur Unmöglichkeit machte,
trieb Anderson vor vier Jahren zuerst ins Aus-
land. Wir werden uns darüber nicht beklagen.
Aber es ist sicherlich mit Freuden zu begrüßen,
daß Anderson die nächsten Jahre seine Kraft
wieder den Kirchen und Sammlungen vor allem
von Florenz und Rom zuzuwenden gedenkt.
E. St.
KLEINE NACHRICHTEN
Berlin. Auf einer Auktion in London wurde jüngst
von Humphrey Wards ein offenbar übermaltes Bild von
Rembrandt erstanden. Er schickte es zu Prof. Hauser nach
Berlin, und nach der Reinigung kam ein vorzügliches Por-
trät eines jungen Mannes zum Vorschein, das von Hauser
und Friedländer sogleich als ein echter Rembrandt aus der
Zeit der Staalmeesters erkannt wurde. Die Übermalung