Literatur
331
Recht, und zwar in einem reich illustrierten
Aufsatz über Medaillen und Plaketten, gleich-
falls aus der Feder Paulis.
Das Gewerbemuseum publiziert verständiger-
weise nicht irgend eins seiner kostbaren Ein-
zelstücke aus der Mustersammlung, sondern
K. Schaefer bespricht die neuerworbene frie-
sische Bauernstube, nicht so sehr vom anti-
quarischen als vom kulturellen Standpunkt aus.
Das gibt eine umfassende Vorstellung von
einem bestimmten und interessanten Wohn-
typus, im Vergleich und im Gegensatz zu ande-
ren Gegenden. — Syndikus Focke, der Leiter
des historischen Museums, stellt die Erzeug-
nisse der ersten Eisengießerei des bremischen
Staatsgebiets zusammen, ferner publiziert er
ostasiatisches Porzellan, das im bremischen Auf-
trag drüben mit dem Wappen der Hansastadt
bemalt wurde — ein Beitrag zur Geschichte der
Keramik und des Japonismus. — Neben Auf-
sätzen von G. F. Hartlaub über eine Goethe-
zeichnung im Kupferstichkabinett und von E.
Waldmann über einen nordwestdeutsdien
Maler des 17. Jahrhunderts, C. W. Heimbach,
bringt das Heft dann eine Abhandlung über die
ältesten bremischen Drucke der Stadtbibliothek
von B. Claussen, und J. Weißenborn vom
ethnographischen Museum hat einen Beitrag
beigesteuert über den Totem-Pfahl der Haida.
Man versteht nach diesem ersten Heft, was
gemeint ist: Ein Publikationsorgan, in dem man
bremische Forschungen vereinigt findet, anstatt
privater Mitteilungen, die nur wenig Menschen
zu lesen pflegten, und die auch kein genügen-
des Abbildungsmaterial liefern konnten. Der
Zusammenhang der einzelnen Aufsätze unter-
einander ist wohl lose, aber das Gemeinschaft-
lidle ist der lokale, historische und kulturhisto-
rische Hintergrund. Partikularismus wird dabei
nicht getrieben, davor bewahrt schon die Ab-
sicht, die verlautet, daß in späteren Heften ge-
legentlich der wissensdiaftlidien Behandlung
moderner Kunst mehr Platz eingeräumt werden
soll. Und wenn von zeitgenössischer Malerei
die Rede ist, so ist es ja von selber um die
Lokalhistorie geschehen.
Den Titel der Zeitschrift hat C. Weidemeyer
gezeichnet. E.
g
Alexander Heilmeyer, Die Plastik seit
Beginn des 19. Jahrhunderts. Sammlung
Göschen, Leipzig, 1907.
Die Besprechung dieser kleinen, vortrefflich
illustrierten und auf einen großen Leserkreis
berechneten Publikation könnte an dieser Stelle
entbehrt werden, wenn nicht das Thema, das
hier behandelt wird, zu den Stiefkindern audi
der fachwissenschaftlichen Forschung gehörte.
Wir verfügen bisher über keine zusammen-
hängende Darstellung, die den komplizierten,
aber sehr interessanten Entwicklungsprozeß der
Plastik des 19. Jahrhundert von Anfang bis zu
Ende darlegte.
Das vorliegende Büchlein kann weder dem
Laien noch dem Fachmann zum Führer dienen.
Schon der Titel leitet tfre, da gerade die inter-
essanten Anfangsstadien der Entwicklung mit
ein paar Worten abgetan und fast ausschließ-
lich die Künstler aus der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts besprochen werden. Auf Rauch
kommt nur eine von den 106 Textseiten. Aber
auch bei den modernen Bildhauern steht der
einem jeden zugewiesene Raum nur selten im
richtigen Verhältnis zu der Bedeutung des
Besprochenen. Grade der enge Rahmen hätte
zu einer strengen Ökonomie und dadurch zur
Herausarbeitung der wichtigsten Erscheinungen
mit Übergehung aller Größen dritten und vier-
ten Ranges führen müssen. Statt dessen be-
kommen wir über Rudolf Maison ein ganzes
Kapitel, während Dalou nur gelegentlich erwähnt
wird. Die Münchener Plastik liegt dem Ver-
fasser offenbar besonders am Herzen, und sein
Lokalpatriotismus hat ihn hier zu entschiedener
Einseitigkeit geführt. Sobald er Berliner Boden
betritt, wird er unsicher. So grobe Versehen
wie das, daß er Reinhold Begas beide Humboldt-
Denkmäler zuschreibt und von seinen gemalten
Porträts spricht, die „über seinen modellierten"
ständen, können durch einen noch so kurzen
Aufenthalt in der „Reichshauptstadt" nicht ent-
schuldigt werden; ebensowenig, daß er von
Schaper, den er den Vertreter eines „gemäßig-
ten Naturalismus" nennt, als einziges Werk
den Christus am Berliner Dom aufführt, ohne
sich des Goethedenkmals zu erinnern, oder daß
er über Tuaillons Amazone die nichtssagenden
Worte niederschreibt: „Das Pferd der Amazone
ist fast eine genaue Nachbildung eines bestimm-
ten Pferdes und kontrastiert insofern mit der
Gestalt der Reiterin, in der mehr die rein for-
male Erscheinung des zu Pferde sitzenden Weibes
dargestellt ist"(!)
Gegen die Stellung, die Adolf Hildebrand
zugewiesen wird, der gradezu als der Held
des Buches erscheint — das Kapitel trägt die
Überschrift: Die Wiedergeburt der Form mit
Hildebrand(!) — ließe sich weniger etwas ein-
wenden, wenn nicht gleich darauf in fast eben-
so hohen Tönen ein Loblied auf Francois Rude
angestimmt würde. Wer diesem Bombasten
derartig begeisterte Worte widmet, wie dies der
22
331
Recht, und zwar in einem reich illustrierten
Aufsatz über Medaillen und Plaketten, gleich-
falls aus der Feder Paulis.
Das Gewerbemuseum publiziert verständiger-
weise nicht irgend eins seiner kostbaren Ein-
zelstücke aus der Mustersammlung, sondern
K. Schaefer bespricht die neuerworbene frie-
sische Bauernstube, nicht so sehr vom anti-
quarischen als vom kulturellen Standpunkt aus.
Das gibt eine umfassende Vorstellung von
einem bestimmten und interessanten Wohn-
typus, im Vergleich und im Gegensatz zu ande-
ren Gegenden. — Syndikus Focke, der Leiter
des historischen Museums, stellt die Erzeug-
nisse der ersten Eisengießerei des bremischen
Staatsgebiets zusammen, ferner publiziert er
ostasiatisches Porzellan, das im bremischen Auf-
trag drüben mit dem Wappen der Hansastadt
bemalt wurde — ein Beitrag zur Geschichte der
Keramik und des Japonismus. — Neben Auf-
sätzen von G. F. Hartlaub über eine Goethe-
zeichnung im Kupferstichkabinett und von E.
Waldmann über einen nordwestdeutsdien
Maler des 17. Jahrhunderts, C. W. Heimbach,
bringt das Heft dann eine Abhandlung über die
ältesten bremischen Drucke der Stadtbibliothek
von B. Claussen, und J. Weißenborn vom
ethnographischen Museum hat einen Beitrag
beigesteuert über den Totem-Pfahl der Haida.
Man versteht nach diesem ersten Heft, was
gemeint ist: Ein Publikationsorgan, in dem man
bremische Forschungen vereinigt findet, anstatt
privater Mitteilungen, die nur wenig Menschen
zu lesen pflegten, und die auch kein genügen-
des Abbildungsmaterial liefern konnten. Der
Zusammenhang der einzelnen Aufsätze unter-
einander ist wohl lose, aber das Gemeinschaft-
lidle ist der lokale, historische und kulturhisto-
rische Hintergrund. Partikularismus wird dabei
nicht getrieben, davor bewahrt schon die Ab-
sicht, die verlautet, daß in späteren Heften ge-
legentlich der wissensdiaftlidien Behandlung
moderner Kunst mehr Platz eingeräumt werden
soll. Und wenn von zeitgenössischer Malerei
die Rede ist, so ist es ja von selber um die
Lokalhistorie geschehen.
Den Titel der Zeitschrift hat C. Weidemeyer
gezeichnet. E.
g
Alexander Heilmeyer, Die Plastik seit
Beginn des 19. Jahrhunderts. Sammlung
Göschen, Leipzig, 1907.
Die Besprechung dieser kleinen, vortrefflich
illustrierten und auf einen großen Leserkreis
berechneten Publikation könnte an dieser Stelle
entbehrt werden, wenn nicht das Thema, das
hier behandelt wird, zu den Stiefkindern audi
der fachwissenschaftlichen Forschung gehörte.
Wir verfügen bisher über keine zusammen-
hängende Darstellung, die den komplizierten,
aber sehr interessanten Entwicklungsprozeß der
Plastik des 19. Jahrhundert von Anfang bis zu
Ende darlegte.
Das vorliegende Büchlein kann weder dem
Laien noch dem Fachmann zum Führer dienen.
Schon der Titel leitet tfre, da gerade die inter-
essanten Anfangsstadien der Entwicklung mit
ein paar Worten abgetan und fast ausschließ-
lich die Künstler aus der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts besprochen werden. Auf Rauch
kommt nur eine von den 106 Textseiten. Aber
auch bei den modernen Bildhauern steht der
einem jeden zugewiesene Raum nur selten im
richtigen Verhältnis zu der Bedeutung des
Besprochenen. Grade der enge Rahmen hätte
zu einer strengen Ökonomie und dadurch zur
Herausarbeitung der wichtigsten Erscheinungen
mit Übergehung aller Größen dritten und vier-
ten Ranges führen müssen. Statt dessen be-
kommen wir über Rudolf Maison ein ganzes
Kapitel, während Dalou nur gelegentlich erwähnt
wird. Die Münchener Plastik liegt dem Ver-
fasser offenbar besonders am Herzen, und sein
Lokalpatriotismus hat ihn hier zu entschiedener
Einseitigkeit geführt. Sobald er Berliner Boden
betritt, wird er unsicher. So grobe Versehen
wie das, daß er Reinhold Begas beide Humboldt-
Denkmäler zuschreibt und von seinen gemalten
Porträts spricht, die „über seinen modellierten"
ständen, können durch einen noch so kurzen
Aufenthalt in der „Reichshauptstadt" nicht ent-
schuldigt werden; ebensowenig, daß er von
Schaper, den er den Vertreter eines „gemäßig-
ten Naturalismus" nennt, als einziges Werk
den Christus am Berliner Dom aufführt, ohne
sich des Goethedenkmals zu erinnern, oder daß
er über Tuaillons Amazone die nichtssagenden
Worte niederschreibt: „Das Pferd der Amazone
ist fast eine genaue Nachbildung eines bestimm-
ten Pferdes und kontrastiert insofern mit der
Gestalt der Reiterin, in der mehr die rein for-
male Erscheinung des zu Pferde sitzenden Weibes
dargestellt ist"(!)
Gegen die Stellung, die Adolf Hildebrand
zugewiesen wird, der gradezu als der Held
des Buches erscheint — das Kapitel trägt die
Überschrift: Die Wiedergeburt der Form mit
Hildebrand(!) — ließe sich weniger etwas ein-
wenden, wenn nicht gleich darauf in fast eben-
so hohen Tönen ein Loblied auf Francois Rude
angestimmt würde. Wer diesem Bombasten
derartig begeisterte Worte widmet, wie dies der
22