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Monatshefte für Kunstwissenschaft
COROT: Genzano, pres du Lac Nemi
□ No. 131 du Catalogue □
Auch neuere Meister sind mit wichtigen
Stücken vertreten. Couture, Courbet (badende
Frauen, Copie der Hille-Bobbe) Puvis de Cha-
vannes (3 Werke), Gustave Moreau (2),
einer derköstlichenFächervonPissarro,Manet,
Degas, darunter ein sehr bemerkenswertes
Mädchenbildnis, und unter 3 Renoirs das be-
rühmte Wagnerporträt.
Eine Eigentümlichkeit der Sammlung Cheramy
wäre noch zu erwähnen: die Kopieen von
Meistern nach berühmten Werken: die Serie
beginnt mit Mona Lisa von Greco kopiert, es
folgen die Hille-Bobbe von Courbet, die Dante-
barke von Manet, eine freie Interpretation der
kleinen Reiter des Velazquez von Manet, und
endlich eine dieser köstlichen Kopieen Fantin
Latours nach den Kreuzfahrern Delacroix', in
der die im Original leider heute schon ver-
blassende Farbenpracht noch prächtig erstrahlt.
Einige dieser Werke sind vom Verkauf aus-
geschlossen, da sie persönliche Geschenke der
Künstler sind oder testamentarisch über sie
verfügt wurde, der Rest wird Anfang Mai in
alle Winde gehen, hoffentlich wird manches
der Stücke seinen Weg nach Deutschland
nehmen. R. A. M.
EIN DEUTSCHES FRITTENPORZEL-
LAN DES 18. JAHRHUNDERTS.
Es ist bekannt, daß fast alle Länder Euro-
pas, denen es im 18. Jahrhundert selbst nach
der Erfindung des Porzellans in Dresden durch
Böttger im Jahre 1709 nidit gelingen wollte,
hinter das Geheimnis desselben zu gelangen,
sich mit einem Surrogat zu helfen suchten, dem
sogenannten Weich- oder Frittenporzellan, so
genannt, weil es, äußerlich mehr oder weniger
dem echten Porzellan gleichend, dennoch eigent-
lich nur eine Art Glas war, das aber technisch
nicht wie dieses, sondern wie ein keramisches
Produkt behandelt, d. h. nicht geblasen, son-
dern töpfermäßig auf der Drehscheibe aufge-
dreht wird. Es erhielt eben darum auch keine
jener inneren Vorzüge des echten Porzellans
um derenwillen man dies in Europa immer so
geschätzt und seine Nadierfindung beständig
versucht hatte.
Ebenso bekannt ist es auch, daß ein derarti-
ges Frittenporzellan durch Generationen hindurch
das auschließliche Porzellanerzeugnis gewesen
ist, das Frankreich, Italien, Spanien fast bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts hergestellt haben,
indem sie es freilich vielfach zu einer hohen
Kunst zu erheben verstanden. Gänzlich unbe-
kannt ist es jedoch bis jetzt gewesen, daß auch
Deutschland, das Land der Erfindung des echten
Porzellans, einmal ein solches Frittenporzellan
hergestellt hat und zwar ein so seltsames, daß
ihm die ganze europäische Porzellankunst nichts
Gleiches zur Seite zu stellen haben dürfte. Dies
ist, wie sich jetzt nachweisen läßt, in der um
1760 gegründeten Thüringer Fabrik geschehen,
die für gewöhnlich als Rudolstädter Porzellan-
fabrik bezeichnet wird, obwohl sie anfangs in
Sitzendorf, dann in Volkstedt ihren Sitz gehabt
hat, und der Beweis hierfür sind einige mit der
Marke dieser Fabrik, der Gabel bezeichnete
Porzellane, die, bisher völlig unbeachtet, im
Porzellanzimmer des Schlosses zu Arnstadt im
Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen sich be-
finden und, wie sich weiter unten zeigen wird,
als Frittenporzellan nicht zu verkennen sind.
Diese Rudolstädter Fabrik ward um 1760
begründet von einem gewissem Georg Heinrich
Macheleid, der, 1723 als Sohn eines Arzeneilabo-
ranten geboren, anfangs sich der Theologie ge-
widmet hatte, dann aber seiner inneren Neigung
folgend, sich den Naturwissenschaften ergab und
hierbei mit ganz besonderem Eifer auf die Er-
findung des Porzellans ausging. Hierüber hatte
er schon auf der Universität Jena von dem da-
mals so berühmten Lehrer der Naturwissen-
schaft Hamberger ein Rezept vernommen, nach
welchem es aus Ton und Kieselerde bestehen
sollte. Nun mischte er allen Sand und alle
Tonarten, die er erlangen konnte, zusammen,
doch zunächst ganz vergeblich. Da soll ihm
eine Frau Streusand zum Verkaufe gebracht
haben, von dem er sich einen kleinen Vorrat
anschaffte, um auch mittels ihm die Porzellan-
herstellung zu versuchen, Und sie gelang. Aber
nun war die Frau fort, er wußte nidit, woher
sie gekommen, und als daher sein Vorrat er-
schöpft war, war er so weit wie vorher. Nun
durchsuchte er die ganze Umgebung und forschte
nach dieser Erde, bis er sie schließlich in einem
Monatshefte für Kunstwissenschaft
COROT: Genzano, pres du Lac Nemi
□ No. 131 du Catalogue □
Auch neuere Meister sind mit wichtigen
Stücken vertreten. Couture, Courbet (badende
Frauen, Copie der Hille-Bobbe) Puvis de Cha-
vannes (3 Werke), Gustave Moreau (2),
einer derköstlichenFächervonPissarro,Manet,
Degas, darunter ein sehr bemerkenswertes
Mädchenbildnis, und unter 3 Renoirs das be-
rühmte Wagnerporträt.
Eine Eigentümlichkeit der Sammlung Cheramy
wäre noch zu erwähnen: die Kopieen von
Meistern nach berühmten Werken: die Serie
beginnt mit Mona Lisa von Greco kopiert, es
folgen die Hille-Bobbe von Courbet, die Dante-
barke von Manet, eine freie Interpretation der
kleinen Reiter des Velazquez von Manet, und
endlich eine dieser köstlichen Kopieen Fantin
Latours nach den Kreuzfahrern Delacroix', in
der die im Original leider heute schon ver-
blassende Farbenpracht noch prächtig erstrahlt.
Einige dieser Werke sind vom Verkauf aus-
geschlossen, da sie persönliche Geschenke der
Künstler sind oder testamentarisch über sie
verfügt wurde, der Rest wird Anfang Mai in
alle Winde gehen, hoffentlich wird manches
der Stücke seinen Weg nach Deutschland
nehmen. R. A. M.
EIN DEUTSCHES FRITTENPORZEL-
LAN DES 18. JAHRHUNDERTS.
Es ist bekannt, daß fast alle Länder Euro-
pas, denen es im 18. Jahrhundert selbst nach
der Erfindung des Porzellans in Dresden durch
Böttger im Jahre 1709 nidit gelingen wollte,
hinter das Geheimnis desselben zu gelangen,
sich mit einem Surrogat zu helfen suchten, dem
sogenannten Weich- oder Frittenporzellan, so
genannt, weil es, äußerlich mehr oder weniger
dem echten Porzellan gleichend, dennoch eigent-
lich nur eine Art Glas war, das aber technisch
nicht wie dieses, sondern wie ein keramisches
Produkt behandelt, d. h. nicht geblasen, son-
dern töpfermäßig auf der Drehscheibe aufge-
dreht wird. Es erhielt eben darum auch keine
jener inneren Vorzüge des echten Porzellans
um derenwillen man dies in Europa immer so
geschätzt und seine Nadierfindung beständig
versucht hatte.
Ebenso bekannt ist es auch, daß ein derarti-
ges Frittenporzellan durch Generationen hindurch
das auschließliche Porzellanerzeugnis gewesen
ist, das Frankreich, Italien, Spanien fast bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts hergestellt haben,
indem sie es freilich vielfach zu einer hohen
Kunst zu erheben verstanden. Gänzlich unbe-
kannt ist es jedoch bis jetzt gewesen, daß auch
Deutschland, das Land der Erfindung des echten
Porzellans, einmal ein solches Frittenporzellan
hergestellt hat und zwar ein so seltsames, daß
ihm die ganze europäische Porzellankunst nichts
Gleiches zur Seite zu stellen haben dürfte. Dies
ist, wie sich jetzt nachweisen läßt, in der um
1760 gegründeten Thüringer Fabrik geschehen,
die für gewöhnlich als Rudolstädter Porzellan-
fabrik bezeichnet wird, obwohl sie anfangs in
Sitzendorf, dann in Volkstedt ihren Sitz gehabt
hat, und der Beweis hierfür sind einige mit der
Marke dieser Fabrik, der Gabel bezeichnete
Porzellane, die, bisher völlig unbeachtet, im
Porzellanzimmer des Schlosses zu Arnstadt im
Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen sich be-
finden und, wie sich weiter unten zeigen wird,
als Frittenporzellan nicht zu verkennen sind.
Diese Rudolstädter Fabrik ward um 1760
begründet von einem gewissem Georg Heinrich
Macheleid, der, 1723 als Sohn eines Arzeneilabo-
ranten geboren, anfangs sich der Theologie ge-
widmet hatte, dann aber seiner inneren Neigung
folgend, sich den Naturwissenschaften ergab und
hierbei mit ganz besonderem Eifer auf die Er-
findung des Porzellans ausging. Hierüber hatte
er schon auf der Universität Jena von dem da-
mals so berühmten Lehrer der Naturwissen-
schaft Hamberger ein Rezept vernommen, nach
welchem es aus Ton und Kieselerde bestehen
sollte. Nun mischte er allen Sand und alle
Tonarten, die er erlangen konnte, zusammen,
doch zunächst ganz vergeblich. Da soll ihm
eine Frau Streusand zum Verkaufe gebracht
haben, von dem er sich einen kleinen Vorrat
anschaffte, um auch mittels ihm die Porzellan-
herstellung zu versuchen, Und sie gelang. Aber
nun war die Frau fort, er wußte nidit, woher
sie gekommen, und als daher sein Vorrat er-
schöpft war, war er so weit wie vorher. Nun
durchsuchte er die ganze Umgebung und forschte
nach dieser Erde, bis er sie schließlich in einem