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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Der Kunstsammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0371

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Der Kunstsammler

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mit der Erlaubnis des Amtes, weldies über den
heimlichen Export wachen soll, ins Ausland
ziehen. Ein anderer Modus besteht darin nasse
Stricke zur amtlichen Verschnürung zu nehmen ;
wenn sie gut getrocknet sind, verlängern sie
sich ansehnlich, können von der alten Kiste ab-
gestreift und auf eine andere Kiste bedeuten-
deren Inhalts aufgestreift werden. Oder ein
Bild wird in eine dicke Holztafel mit einer Kopie
nach einem Trecentobilde eingelassen. Bei
kleinen Ämtern wird auch ein altes Stück als
Fälschung bezeichnet werden können und als
solches die Erlaubnis zum Export erhalten.
Alle solche Praktiken zu verhüten fehlt den
Behörden jede Möglichkeit. Will Italien seinen
Privatbesitz an Kunstwerken erhalten, so muß
es eben zu Käufen schreiten. Seit einigen
Jahren sind bereits ansehnliche Ankäufe durch
den Staat geschehen. Das neue Gesetz über
diese Materie, das am 12. Februar d. J. von
der Deputiertenkammer angenommen ist und
demnächst vor den Senat kommt, schafft nun
einen bedeutenden Fonds, welcher auf
breiterer Basis eine positive Funktion des
Staates neben dem Verbot der Ausfuhr ge-
statten soll. *
DAS ORIENTALISCHE MUSEUM DES
PRINZEN HEINRICH VON BOURBON.
Zu den hervorragendsten Privatsammlungen
des asiatischen Orients zählt das Museum des
verstorbenen Prinzen Heinrich von Bourbon,
Grafen von Bardi, in Venedig. Vor etwa zwan-
zig Jahren unternahm der Prinz seine Reise
nach dem Orient, in einem glücklichen Zeitpunkt
für den Einkauf japanischer und chinesischer
Antiken. In allen Ländern, welche der Prinz
berührte, machte er sich zur Aufgabe, in ziel-
bewußter Weise zu sammeln. In Japan stand
ihm zur Seite der vormalige Legationssekretär
Baron Heinrich von Siebold, so daß die be-
deutendsten Einkäufe in diesem Lande gemacht
wurden. Es sind etwa 30000 Gegenstände an-
tiker Kunstschätze, die nach Europa gebracht
und alsdann in 14 Sälen in dem vom Prinzen
bewohnten Palast Vendramin in Venedig auf-
gestellt wurden, wo sie sich noch befinden und
daselbst auch zur Liquidation gelangen werden.
Dr. Justus Brinckmann, Direktor, und Shinkichi-
Hara, wissenschaftlicher Assistent am Ham-
burgischen Museum für Kunst und Gewerbe,
haben alle bemerkenswerten Künstlernamen und
Datierungen festgestellt. Sehr reichhaltig ist
die Kollektion japanischer Lackarbeiten: davon

sei hervorgehoben: ein Schreibkasten mit außen
hochgewölktem Deckel in glänzend schwarzem
Grund Kamelien und Kieferzweige in Bleieinlage
und Goldlack; in der Art des Korin-Innen be-
tautes goldenes Gras, Tropfenzähler rechteckig,
schwarz. Erwähnt sei auch ein zweiter Schreib-
kasten. Außen: In der offenen Veranda ein
Fürst und eine Dichterin, denen zwei Hofdamen
die Neujahrskiefer bringen; im Garten Kiefern,
Bambus und blühende Mume mit Wolkenstreifen.
Drei Wappen: das Awoi-Mou (Jokugawa) und
das Umebachi-Mou (Maeda oder Matsudaira).
Innen: Felsen am Ufer mit blühenden Bäumen
und Tempelbauten (17. Jahrhundert). Kleine
Kommode, rechteckig, mit zwei halbbreiten
Schiebfächern und oben einer Platte mit schrä-
gem Rande. Auf Nashiji-Grund in erhabenem
Goldlack mit Goldfolie rundgelegte Blütenzweige
und Howo-Vögel neben Go-san-no Kiri-Mon.
Silberne Griffe der Zugringe in Gestalt von
Nelkenblüten. — Lesepult, auf rechteckigem
Untersatz mit Schubfach erhebt sich aus weiß-
metallener Fassung der kantige Stamm, an
dessen oberen Ende das Pultbrett schräg be-
festigt ist. Auf Nashiji-Grund in Goldlackrelief
mit Goldmosaik Kakibäume neben alten und
jungen Kiefern in hügeligem, von einem Bach
durchflossenen Gelände. Bemerkenswert sind die
Medizindosen (Inros) in allen Lackarten, ein
schöner, komplett eingerichteter Tragbaldachin
und die unzählbaren Nippsachen. Auch fehlt es
nicht an Porzellanen, Bronzen, Zellenschmelz-
arbeiten, Elfenbeinschnitzereien usw. Von Ge-
weben seien nicht vergessen Kostüme der No-
Tänzer, Hoftrachten, Priestermäntel, Hosen und
Obis mit prachtvollen Dessins. Die Waffen-
sammlung ist durchweg erstklassig, z. B. eine
Scheide mit Kirimon in glänzendem Goldlack
auf Nashiji-Grund. Diese Klinge ist bezeichnet:
Osafune Sukesada in der Provinz Bizen, datiert
Tensho 7 (1579). Dann ein Langschwert, Be-
schlag und Griff aus Shibuichi, mit Affen, Raub-
vogel und Stauden in Relief aus verschiedenen
Metallen, datiert Tembun 2 (1533); eine Scheide,
dessen Griff umwickelt mit schwarz gelacktem
Rotang ist, Beschlag aus Silber, Ortband, Fuchi-
kashira, Kazuka und Kogai mit Wellen in flachem
Relief Klinge bez. Osafune-Meister, datiert
Bummei 19—Choko 1 (1487). Von bezeichneten
Klingen seien noch erwähnt: Shizuein in Kioto,
datiert Shoo 4 (1291); Norimitsu in Osofune
Provinz Bizen, datiert Bunsho 2 Oyei 1 (1467)
usw. — Bemerkenswert sind zwei alte Tempel-
wächter aus geschnitztem Holz, über 1000 Jahre
alt, und eine Priesterfigur aus dem 15. Jahr-
hundert. Sämtliche Biyobus sind Originale alter,
berühmter Meister aus dem 16., 17. und 18.

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