Der Kunstsammler
371
Zeit; ein großer Schild aus dem 7. Jahrhundert
v. Ch. (220 gs., Yardley) und ein prächtiger hoher
Krater mit Handgriffen, die in Gorgonen mit in
Schlangen endenden Beinen ausgehen; das
ganze Stück im strengen Stil der ersten Hälfte
des 5. Jahrhunderts und jedes Museums würdig
(651 ^; Partridge). Dieser Krater war s. Z. in
Rua in Campanien gefunden worden und war
eine Zeitlang im South Kensington Museum
ausgestellt gewesen. — Auch eine Reihe mittel-
alterlicher Antiquitäten von hohem Wert resp.
großem historischen Interesse kamen mit der
weitberühmten Braikenridge - Kollektion am
27. Februar bei Christie zum Verkauf. Braiken-
ridge Senior hatte seine Sammlung noch zu
einer Zeit (Beginn des 19. Jahrhunderts) zu-
sammengebracht, da man mit verhältnismäßig
sehr geringen Mitteln und etwas Kenntnis
Seltenheiten von bleibendem Wert erwerben
konnte. So wurde sein Haus zum Stapelplatz
von außergewöhnlichen Exemplaren mittelalter-
lidier Metall- und Holzarbeiten. Seine Nach-
kommen ernten nun die Früchte der Kunstliebe
und des Kunstverständnisses des Alten. Das
Hauptstück der Sammlung war ein Ciborium,
englisch, 13. Jhrh. aus vergoldetem Kupfer und
Champleve Emaille, 7 inch. hoch und 6 im Durch-
messer. Das Stück soll aus Malmesbury Abby
stammen. 6 Medaillons mit Gegenständen aus
dem Neuen und Alten Testament schmücken es;
die Figuren sind meist in vergoldetem Metall
eingraviert, nur Christus, die Engel und die als
Heilige betrachteten Personen sind äußerst fein
emailliert, so daß die Fleischtöne sich leuchtend
abheben. Dieses einzigartige Stück, das s. Z.
im South Kensigton Museum und später (1897)
im Burlington Fine Art Klub zu sehen war,
brachte 6000 £ (Durlacher; das Stück ist aber
schon wieder und zwar an Mr. Partridge ver-
kauft. Eine Reihe ausländischer Händler waren
seinetwegen nach London gekommen). Eine
sogen. Mazer Bowl (großer Becher aus Maser-
holz) von ungewöhnlicher Größe: 9% inch.
Durchmesser, 3 inch. hoch, aus Heinrichs VIII.
Zeit mit dem Meisterzeichen auf dem vergol-
deten Silber und einem Trinkspruch in goti-
schen Charakteren ging für 2300 ^ in den Be-
sitz Mr. Chrichtons über, der einen eifrigen
Privatsammler endlich überbot. Ein Paar alt-
französische Leuchter (13. Jhrh., in vergoldetem
Kupfer und Champleve-Emaille) (einst für 15 gs.
gekauft!) brachte 450 ^; eine Nicolas Hilliard
Miniatur (Porträt eines Mannes) von 1614,
620 ^; ein italienischer Schlüssel aus Eisen
(16. Jhrh.) 120 gs., usw. Von hohem histori-
schem Wert war die sehr schlichte, fast rohe
Eichenwiege, in der einst Heinrich V., Shake-
speares Prinz Heinz, gelegen hat. Der König
ließ sie um 241 f für seine Windsorsammlung
ankaufen. — Vom 4.—6. März gab es dann,
man darf wohl sagen, eine große Porzellan-
schlacht bei Christie; denn um einige außer-
gewöhnliche Meißner Stücke sowie Sevres-Vasen
wurde mit Ausdauer gekämpft und verhältnis-
mäßig hohe Preise wurden erzielt. Die Samm-
lung Charles John Dickins umschloß als Pracht-
stücke: eine Kändlersche Gräfin Kössel, die der
Frankfurter Händler Goldschmidt um 750 gs.
billig genug erstand (Messrs. Duveen hatten für
ein ähnliches Exemplar vor 2 Jahren 1000 gs.
bezahlt. Herr Goldschmidt verdankt seinen
Kauf nur dem Mißverständnis eines Gegners,
der 1000 gs. zu geben bereit war. So spielt
auch hier Glück und Zufall eine seltsame
Rolle!); ein Paar Kinderbüsten (Mr. Hodgkins
1150 gs.); eine Gruppe: „Dame in schwarzer
Krinoline, eine Teetasse haltend, einen Mops
im Schoß und vor ihr knieend ein Hofedelmann,
zur Seite ein Negerknabe" (ebenfalls Hodgkins
1050 gs.; in einem früheren Verkauf 1901,
610 gs.); sodann einige Sevresstücke, von denen
Herr Goldschmidt ein Paar um 1080 gs. kaufte.
Zwei von Morin bemalte Vasen fielen ihm um
den hohen Preis von 3050 gs. zu. Drei andere
Morinvasen erwarb Mr. Hodgkins gar für 3200 gs.
und für 1000 gs. ein Paar edler Louis XV.-Vasen.
Wenn diese Preise auch nicht zu den höchsten
für Porzellan gehören, von denen man hier
weiß (z. B. 8000 gs. für die garniture de cheminee
in 1895, die einst 1874 dem Earl of Dudley
gar 10000 gs. gekostet hatte und 4000 gs., die
Partridge vor 3 Jahren, 1905, für eine Dodin-Vase
zahlte), so beweisen sie doch grade, daß die
großen Händler wieder auf großen Absatz
rechnen und die Zukunft des Kunstmarktes op-
timistisch genug betrachten. Ein Verkauf, der
nur Porzellanwerke umfaßt (328 Stücke) und
44 293 Pfund einbringt (im Durchschnitt 135 ^
pro Stück!), spricht da klar genug. Übrigens
dürfte dem verstorbenen Mr. Dickins seine
Sammlung etwa die gleiche Summe gekostet
haben, denn wenn manche Stücke auch jetzt
mehr als den Ankaufspreis eintrugen, sanken
andere wieder um ca. 25% im Werte. Man
meint hier mit Stolz, daß solche Preise z. B. in
Paris nicht erreicht worden wären; und die
fremden Händler mußten ihre Eroberungen daher
auch recht teuer bezahlen. — Reproduktionen
nach altenglischen Meistern, vor allem Reynolds,
Romney, Höppner usw. werden hier fast regel-
mäßig jeden Monat, oft mehreremal bei Christie
oder Sotheby oder anderswo angeboten und
bringen je nach Ausführung, Meister, Gegen-
stand und Erhaltung mehr oder weniger gute
371
Zeit; ein großer Schild aus dem 7. Jahrhundert
v. Ch. (220 gs., Yardley) und ein prächtiger hoher
Krater mit Handgriffen, die in Gorgonen mit in
Schlangen endenden Beinen ausgehen; das
ganze Stück im strengen Stil der ersten Hälfte
des 5. Jahrhunderts und jedes Museums würdig
(651 ^; Partridge). Dieser Krater war s. Z. in
Rua in Campanien gefunden worden und war
eine Zeitlang im South Kensington Museum
ausgestellt gewesen. — Auch eine Reihe mittel-
alterlicher Antiquitäten von hohem Wert resp.
großem historischen Interesse kamen mit der
weitberühmten Braikenridge - Kollektion am
27. Februar bei Christie zum Verkauf. Braiken-
ridge Senior hatte seine Sammlung noch zu
einer Zeit (Beginn des 19. Jahrhunderts) zu-
sammengebracht, da man mit verhältnismäßig
sehr geringen Mitteln und etwas Kenntnis
Seltenheiten von bleibendem Wert erwerben
konnte. So wurde sein Haus zum Stapelplatz
von außergewöhnlichen Exemplaren mittelalter-
lidier Metall- und Holzarbeiten. Seine Nach-
kommen ernten nun die Früchte der Kunstliebe
und des Kunstverständnisses des Alten. Das
Hauptstück der Sammlung war ein Ciborium,
englisch, 13. Jhrh. aus vergoldetem Kupfer und
Champleve Emaille, 7 inch. hoch und 6 im Durch-
messer. Das Stück soll aus Malmesbury Abby
stammen. 6 Medaillons mit Gegenständen aus
dem Neuen und Alten Testament schmücken es;
die Figuren sind meist in vergoldetem Metall
eingraviert, nur Christus, die Engel und die als
Heilige betrachteten Personen sind äußerst fein
emailliert, so daß die Fleischtöne sich leuchtend
abheben. Dieses einzigartige Stück, das s. Z.
im South Kensigton Museum und später (1897)
im Burlington Fine Art Klub zu sehen war,
brachte 6000 £ (Durlacher; das Stück ist aber
schon wieder und zwar an Mr. Partridge ver-
kauft. Eine Reihe ausländischer Händler waren
seinetwegen nach London gekommen). Eine
sogen. Mazer Bowl (großer Becher aus Maser-
holz) von ungewöhnlicher Größe: 9% inch.
Durchmesser, 3 inch. hoch, aus Heinrichs VIII.
Zeit mit dem Meisterzeichen auf dem vergol-
deten Silber und einem Trinkspruch in goti-
schen Charakteren ging für 2300 ^ in den Be-
sitz Mr. Chrichtons über, der einen eifrigen
Privatsammler endlich überbot. Ein Paar alt-
französische Leuchter (13. Jhrh., in vergoldetem
Kupfer und Champleve-Emaille) (einst für 15 gs.
gekauft!) brachte 450 ^; eine Nicolas Hilliard
Miniatur (Porträt eines Mannes) von 1614,
620 ^; ein italienischer Schlüssel aus Eisen
(16. Jhrh.) 120 gs., usw. Von hohem histori-
schem Wert war die sehr schlichte, fast rohe
Eichenwiege, in der einst Heinrich V., Shake-
speares Prinz Heinz, gelegen hat. Der König
ließ sie um 241 f für seine Windsorsammlung
ankaufen. — Vom 4.—6. März gab es dann,
man darf wohl sagen, eine große Porzellan-
schlacht bei Christie; denn um einige außer-
gewöhnliche Meißner Stücke sowie Sevres-Vasen
wurde mit Ausdauer gekämpft und verhältnis-
mäßig hohe Preise wurden erzielt. Die Samm-
lung Charles John Dickins umschloß als Pracht-
stücke: eine Kändlersche Gräfin Kössel, die der
Frankfurter Händler Goldschmidt um 750 gs.
billig genug erstand (Messrs. Duveen hatten für
ein ähnliches Exemplar vor 2 Jahren 1000 gs.
bezahlt. Herr Goldschmidt verdankt seinen
Kauf nur dem Mißverständnis eines Gegners,
der 1000 gs. zu geben bereit war. So spielt
auch hier Glück und Zufall eine seltsame
Rolle!); ein Paar Kinderbüsten (Mr. Hodgkins
1150 gs.); eine Gruppe: „Dame in schwarzer
Krinoline, eine Teetasse haltend, einen Mops
im Schoß und vor ihr knieend ein Hofedelmann,
zur Seite ein Negerknabe" (ebenfalls Hodgkins
1050 gs.; in einem früheren Verkauf 1901,
610 gs.); sodann einige Sevresstücke, von denen
Herr Goldschmidt ein Paar um 1080 gs. kaufte.
Zwei von Morin bemalte Vasen fielen ihm um
den hohen Preis von 3050 gs. zu. Drei andere
Morinvasen erwarb Mr. Hodgkins gar für 3200 gs.
und für 1000 gs. ein Paar edler Louis XV.-Vasen.
Wenn diese Preise auch nicht zu den höchsten
für Porzellan gehören, von denen man hier
weiß (z. B. 8000 gs. für die garniture de cheminee
in 1895, die einst 1874 dem Earl of Dudley
gar 10000 gs. gekostet hatte und 4000 gs., die
Partridge vor 3 Jahren, 1905, für eine Dodin-Vase
zahlte), so beweisen sie doch grade, daß die
großen Händler wieder auf großen Absatz
rechnen und die Zukunft des Kunstmarktes op-
timistisch genug betrachten. Ein Verkauf, der
nur Porzellanwerke umfaßt (328 Stücke) und
44 293 Pfund einbringt (im Durchschnitt 135 ^
pro Stück!), spricht da klar genug. Übrigens
dürfte dem verstorbenen Mr. Dickins seine
Sammlung etwa die gleiche Summe gekostet
haben, denn wenn manche Stücke auch jetzt
mehr als den Ankaufspreis eintrugen, sanken
andere wieder um ca. 25% im Werte. Man
meint hier mit Stolz, daß solche Preise z. B. in
Paris nicht erreicht worden wären; und die
fremden Händler mußten ihre Eroberungen daher
auch recht teuer bezahlen. — Reproduktionen
nach altenglischen Meistern, vor allem Reynolds,
Romney, Höppner usw. werden hier fast regel-
mäßig jeden Monat, oft mehreremal bei Christie
oder Sotheby oder anderswo angeboten und
bringen je nach Ausführung, Meister, Gegen-
stand und Erhaltung mehr oder weniger gute