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Monatshefte für Kunstwissenschaft
Preise, die manchmal sehr hoch steigen. Dies-
mal kam der viel Französisches enthaltende
Rest der großen Sammlung weiland Sir Wil-
frid Lawsons. Zur Versteigerung, von dem
schon 1903 bei Christie 261 Stück um 7147 £ und
voriges Jahr bei Sotheby 1099 Stück um 19286 ^
verkauft worden waren. In diesem März brachte
nun der Rest (512 Stück) 4880 £. Die Samm-
lung, die somit 31 313 £ eingetragen, hat s. Z.
nicht mehr als 5000 £ gekostet. Das Haupt-
stück: 238 Gravierungen von M. de Julienne
nach Watteaus „tableaux et desseins" fiel Bihn,
Paris, für 595 £ zu, der nebst anderen Fran-
zosen zum Verkauf herübergekommen war.
Stücke von R. Nanteuil schienen besonders gern
genommen zu werden und stiegen im Preise
(Pompone de Bellievre 51 £; 1907: 42 £ usw.).
Gar manche dieser Stücke hätten noch vor
wenigen Jahren nicht so viel Schillinge wie jetzt
Pfund gebradit. Ebenfalls bei Sotheby wurden
zwei farbige Gravierungen nach Reynolds „Jane,
Countess of Harrington and Children" und „Lady
Smythe and Children" von Bartolozzi um 129 ^
abgesetzt. Messrs. Chesterton & Sons, Ken-
sington verkauften ein vorzügliches Exemplar
von Turners Liber Studiorum (405 ^; Quaritch).
— Was nun die Gemäldeverkäufe anbelangt,
so handelte es sich in der Hauptsache um solche
englischer Meister der viktorianischen Zeit, ab-
gesehen von einem fast sensationellen Romney
und Morland und mehreren sensationellen
Turnerversteigerungen. Am 28. März kamen
4 bisher noch so gut wie unbekannte Porträts
Romneys bei Christie unter den Hammer. Rom-
ney ist wohl der einzige Nichtakademiker, der
Liebling der fashionablen Gesellschaft war und
geblieben ist bis auf den heutigen Tag, freilich
nicht weil er den Akademikern Reynolds und
Gainsborough überlegen war sondern haupt-
sächlich, weil er das ewig Weibliche in ein-
schmeichelnd reizvoller Weise und dabei immer
noch in den Grenzen fashionablen Wohlanstandes
darzustellen wußte. Darum bringen seineDamen-
bildnisse auch viel mehr als seine Männer-
porträts, die sich mit denen Reynolds nicht im
geringsten messen können. So ging es denn
auch diesmal: seine Mrs. Morley (1787 gemalt
und wie die andern Bilder in seinem Tagebuch
verzeichnet aber noch niemals ausgestellt oder
behandelt) brachte es zu 2750 gs. (Mr. Morland
Agnew); der ehrenwerte Gatte dieser Dame
mußte mit 300 gs. sich begnügen; der Künstler
hatte s. Z. pro Stück 30 gs. erhalten, etwa die
Hälfte von dem, was Reynolds für seine Por-
träts forderte. Die Mrs. Anna Poulter kostete
Mr. Agnew 1500 gs., ihr Gatte ihm nur 400 gs.
Romneys Portiät eines Generals dagegen wurde
mit 180 gs. Zipentum Mr. Richards (freilich war
dieses nur eine von drei Versionen; das Original
kostete Agnew 800 gs. in 1903 —). Am selben
Tage kaufte Agnew einen Morland „Blind Man's
Buff" um 1100 gs. Morland, diese schwankende
Gestalt in der englischen Kunstgeschichte, läutet
sozusagen das Genre in der englischen Malerei
ein, das dann den förmlichen Tod derselben
zur Folge hatte. Ebenfalls am gleichen Tage
wurden drei Pastellporträts eines ehemaligen
Lieblings des Publikums Daniel Gardners (1750
bis 1805) ausgeboten. Lange Zeit hat er keinen
Markt gehabt. 1905 aber kostete Messrs. Col-
naghi ein kleines Pastellbild von ihm 1050 gs.,
und jetzt brachte das Porträt der Lady Faw-
kener gar 1250 gs. (Mr. Malcolm); die anderen
zwei Stücke 500 resp. 46 gs. Der große Unter-
schied in diesen Preisen besagt nicht immer,
daß die rein künstlerische Qualität die gleiche
Differenz aufweist. Ein feiner kleiner J. Crome
„Waldige Landschaft" trug 210 gs. ein. — Von
den großen altenglischen Meistern wurde
während des Monats wenig von Bedeutung
angeboten oder das Angebotene wenig be-
achtet. So ging es einem selten schönen
Hogarth am 30. März: ein Affe auf dunkel-
rotem Tuch sitzend, ein Stück, das man in
seiner Liebe zum rein malerischen Ausdruck
und der Weichheit der Ausführung Hogarth
kaum zugetraut hätte. Auch andere Hogarths
in seinem bekannteren Stile blieben unbeachtet.
Von Reynolds erreichte wohl nur ein Schulbild,
eine Herzogin von Devonshire, 155 gs.; ein
Gainsborough, Waldige Flußlandschaft, 126 f;
ein zweifelhafter Raeburn, zWei Geschwister
Eycott, 510 gs.; zwei Lawrence: Sheridan 540 gs.
und Lady Caroline Lamb 310 gs. Mehrere
Constables, darunter einige treffliche Stücke,
galten wohl als unsicher (bei diesem Meister
ja keine Seltenheit). Wards, des großen Tier-
malers, köstlich malerisches Bild: Schweine im
Kofen, war für Engländer natürlich nichts und
blieb links liegen. Dagegen aber hatte Turner
seinen großen Tag. Einige kleinere Verkäufe
bereiteten genügend darauf vor. Am 7. März
wurden 4 Aqaurelle von ihm aus der Sammlung
Tatham versteigert, von denen Messrs. Agnew,
das große Haus für englische Aquarelle, drei
erstand: Constanz (1842 gemalt und früher in
Ruskins Sammlung um 2200 gs.; „Windsor
Schloß" um 1700 gs. (1870: 680 gs,) und „Car-
navon Castle" 970 gs. „Zürich" dagegen er-
zielte nur 680 gs. Schon am 24. Februar hatte
ein kleines Aquarell „Brunnen am Vierwald-
stätter See" 460 gs. eingetragen. Der große
Tag aber kam mit dem 4. April, an dem 13
Aquarelle, bisher dem Sir A. F. Acland-Hood
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Preise, die manchmal sehr hoch steigen. Dies-
mal kam der viel Französisches enthaltende
Rest der großen Sammlung weiland Sir Wil-
frid Lawsons. Zur Versteigerung, von dem
schon 1903 bei Christie 261 Stück um 7147 £ und
voriges Jahr bei Sotheby 1099 Stück um 19286 ^
verkauft worden waren. In diesem März brachte
nun der Rest (512 Stück) 4880 £. Die Samm-
lung, die somit 31 313 £ eingetragen, hat s. Z.
nicht mehr als 5000 £ gekostet. Das Haupt-
stück: 238 Gravierungen von M. de Julienne
nach Watteaus „tableaux et desseins" fiel Bihn,
Paris, für 595 £ zu, der nebst anderen Fran-
zosen zum Verkauf herübergekommen war.
Stücke von R. Nanteuil schienen besonders gern
genommen zu werden und stiegen im Preise
(Pompone de Bellievre 51 £; 1907: 42 £ usw.).
Gar manche dieser Stücke hätten noch vor
wenigen Jahren nicht so viel Schillinge wie jetzt
Pfund gebradit. Ebenfalls bei Sotheby wurden
zwei farbige Gravierungen nach Reynolds „Jane,
Countess of Harrington and Children" und „Lady
Smythe and Children" von Bartolozzi um 129 ^
abgesetzt. Messrs. Chesterton & Sons, Ken-
sington verkauften ein vorzügliches Exemplar
von Turners Liber Studiorum (405 ^; Quaritch).
— Was nun die Gemäldeverkäufe anbelangt,
so handelte es sich in der Hauptsache um solche
englischer Meister der viktorianischen Zeit, ab-
gesehen von einem fast sensationellen Romney
und Morland und mehreren sensationellen
Turnerversteigerungen. Am 28. März kamen
4 bisher noch so gut wie unbekannte Porträts
Romneys bei Christie unter den Hammer. Rom-
ney ist wohl der einzige Nichtakademiker, der
Liebling der fashionablen Gesellschaft war und
geblieben ist bis auf den heutigen Tag, freilich
nicht weil er den Akademikern Reynolds und
Gainsborough überlegen war sondern haupt-
sächlich, weil er das ewig Weibliche in ein-
schmeichelnd reizvoller Weise und dabei immer
noch in den Grenzen fashionablen Wohlanstandes
darzustellen wußte. Darum bringen seineDamen-
bildnisse auch viel mehr als seine Männer-
porträts, die sich mit denen Reynolds nicht im
geringsten messen können. So ging es denn
auch diesmal: seine Mrs. Morley (1787 gemalt
und wie die andern Bilder in seinem Tagebuch
verzeichnet aber noch niemals ausgestellt oder
behandelt) brachte es zu 2750 gs. (Mr. Morland
Agnew); der ehrenwerte Gatte dieser Dame
mußte mit 300 gs. sich begnügen; der Künstler
hatte s. Z. pro Stück 30 gs. erhalten, etwa die
Hälfte von dem, was Reynolds für seine Por-
träts forderte. Die Mrs. Anna Poulter kostete
Mr. Agnew 1500 gs., ihr Gatte ihm nur 400 gs.
Romneys Portiät eines Generals dagegen wurde
mit 180 gs. Zipentum Mr. Richards (freilich war
dieses nur eine von drei Versionen; das Original
kostete Agnew 800 gs. in 1903 —). Am selben
Tage kaufte Agnew einen Morland „Blind Man's
Buff" um 1100 gs. Morland, diese schwankende
Gestalt in der englischen Kunstgeschichte, läutet
sozusagen das Genre in der englischen Malerei
ein, das dann den förmlichen Tod derselben
zur Folge hatte. Ebenfalls am gleichen Tage
wurden drei Pastellporträts eines ehemaligen
Lieblings des Publikums Daniel Gardners (1750
bis 1805) ausgeboten. Lange Zeit hat er keinen
Markt gehabt. 1905 aber kostete Messrs. Col-
naghi ein kleines Pastellbild von ihm 1050 gs.,
und jetzt brachte das Porträt der Lady Faw-
kener gar 1250 gs. (Mr. Malcolm); die anderen
zwei Stücke 500 resp. 46 gs. Der große Unter-
schied in diesen Preisen besagt nicht immer,
daß die rein künstlerische Qualität die gleiche
Differenz aufweist. Ein feiner kleiner J. Crome
„Waldige Landschaft" trug 210 gs. ein. — Von
den großen altenglischen Meistern wurde
während des Monats wenig von Bedeutung
angeboten oder das Angebotene wenig be-
achtet. So ging es einem selten schönen
Hogarth am 30. März: ein Affe auf dunkel-
rotem Tuch sitzend, ein Stück, das man in
seiner Liebe zum rein malerischen Ausdruck
und der Weichheit der Ausführung Hogarth
kaum zugetraut hätte. Auch andere Hogarths
in seinem bekannteren Stile blieben unbeachtet.
Von Reynolds erreichte wohl nur ein Schulbild,
eine Herzogin von Devonshire, 155 gs.; ein
Gainsborough, Waldige Flußlandschaft, 126 f;
ein zweifelhafter Raeburn, zWei Geschwister
Eycott, 510 gs.; zwei Lawrence: Sheridan 540 gs.
und Lady Caroline Lamb 310 gs. Mehrere
Constables, darunter einige treffliche Stücke,
galten wohl als unsicher (bei diesem Meister
ja keine Seltenheit). Wards, des großen Tier-
malers, köstlich malerisches Bild: Schweine im
Kofen, war für Engländer natürlich nichts und
blieb links liegen. Dagegen aber hatte Turner
seinen großen Tag. Einige kleinere Verkäufe
bereiteten genügend darauf vor. Am 7. März
wurden 4 Aqaurelle von ihm aus der Sammlung
Tatham versteigert, von denen Messrs. Agnew,
das große Haus für englische Aquarelle, drei
erstand: Constanz (1842 gemalt und früher in
Ruskins Sammlung um 2200 gs.; „Windsor
Schloß" um 1700 gs. (1870: 680 gs,) und „Car-
navon Castle" 970 gs. „Zürich" dagegen er-
zielte nur 680 gs. Schon am 24. Februar hatte
ein kleines Aquarell „Brunnen am Vierwald-
stätter See" 460 gs. eingetragen. Der große
Tag aber kam mit dem 4. April, an dem 13
Aquarelle, bisher dem Sir A. F. Acland-Hood