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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Der Kunstsammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0382

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

später wurden bei Christie fast sämtliche der
bekannten neueren englischen Meister gewogen:
Barne Jones, Rosetti, G. Mason, Millais, A. Moore
und G. F.Watts, von einigen anderen und auch
ganz modernen zu schweigen. Burne Jones
ging es dabei nicht allzu gut: seine Version in
Wasserfarben: „Love amongst the Ruins" brachte
zwar 1575 gs. (Agnew) und seine keineswegs
sehr bedeutende, wenn auch stark gepriesene
„Waldnymphe" aus der am 14.März versteigerten
Sammlung Connal aus Glasgow 1130 gs., (Mr.
Reid, Glasgow), aber andere Stücke bedeutend
weniger: Glücksrad 250 gs., Hearth of the Rose
700 gs., Pilgrim at the Gate of Idleness 270 gs.,
eine wenig erfreuliche Seenymphe und dito Engel
gar nur 100 resp. 80 gs. Aus Connals Samm-
lung stammten auch die zahlreichen Bilder des
„englischen (abersehr englischen) Griechen" Albert
Moore, den man etwa mutatis mutandis den
Alma Tadema einer früheren Generation nennen
könnte, und der damals auch gerade so geschätzt
war. Seine Stücke sind reine Dekorationen, wohl
beeinflußt von den pompejanischen Fresken, aber
trotz ihrer linearen Vorzüge und dem Raffine-
ment der Farbenwahl bleiben diese Stücke doch
furchtbar langweilig und nichtssagend wie Bilder
des anderen „Griechen", des Lord Leighton.
Diese gefühllose Kunst läßt kalt bis ans Herz
hinan. Trotzdem erzielten die Werke recht
hohe Preise. Auch Moores Ruf und Stellung
im Auktionssaal mußte erst geschaffen werden;
man zögerte erst hoch zu gehen und ließ sich
doch schließlich in die Höhe treiben. So brachten
sein „Midsumer" 1000 gs., sein „Reading Aloud"
800 gs. (dies Bild wurde von Mr. Reid dann
sofort der Glasgow Corporation Gallery ge-
schenkt); am besten, weil schlichtesten, war
eigentlich eine weibliche Aktstudie, eine Kreide-
zeichnung, die kaum bemerkt wurde. Dagegen
fand man eine gezierte nackte Weiblichkeit mit
schönem Titel wundervoll und zahlte 280 gs.
Ihre Langweiligkeit macht sie wenigstens un-
gefährlich. Rossetti ging es nicht sehr gut.
Seine Mnemosyne fiel um 60 gs. auf 250 gs.
Lady Lilith brachte 420 gs., andere Stücke blieben
unbeachtet. Für ein Bild G.Masons „TheGander"
zahlte Agnew 1900 gs., ein Preis, den s. Z. der
frühere Eigentümer auch gezahlt hatte. Und
für einen Millais, der vom Prärafaelitenbruder
sich zum Akademiepräsidenten mauserte und
von einem guten Maler zu einem recht ge-
schäftsmäßigen, mußte Agnew 1540 gs. anlegen,
es war das Bild „The Orphans" vom Jahre
1885. — Von Watts, der ja einen großen Teil
seiner Werke der Nation geschenkt hatte, er-
scheinen nicht allzuhäufig Stücke im Auktions-
saal. Mr. Connal besaß drei derselben, eine

schöne Version des rythmenvollen Orpheus und
Euridice, die für 320 gs. und eine Artemis, die
für 240 gs. in anderen Besitz überging. Ein
kleines schlichtes Bildchen „Eine häusliche Studie,
Mädchen lesend" wurde von dem Trustee der
National Gallery, dem Earl von Carlisle, um nur
45 gs. erstanden, ob für die Gallery? Das würde
trefflichen Geschmack verraten. — Von fremden
neueren Meistern liebt man hier zumeist die
Holländer, namentlich Israels, die Brüder Maris
und Anton Mauve. Von diesen Künstlern
kommen denn auch recht häufig Bilder auf die
Auktionen. Mauve war diesmal mit zwei kleinen
feinen Stücken vertreten „On the Scheidt", das
850 gs. (Lefevre) und Flußufer, nur 6 zu 97.2 inch.
groß, das 102 gs. einbrachte. Israels Preise be-
wegten sich für gute Durchschnittsbilder von
126—210 gs; Bilder des J. Maris brachten von
126—262 gs. Am Tage, an dem diese Holländer
verkauft wurden, gab es einen großen Tag auch
für die Meister von Barbizon, oder besser hätte
es einen geben sollen, denn eine ganze Reihe
Corots, Daubignys, Harpignies standen aus der
umfassenden, wenn auch unterschiedlichen Samm-
lung Burnett zum Verkauf, die dieser nun ganz
aufgegeben hat. Aber von diesen Meistern sind
Harpignies und Corot hier meist nur beliebt,
wenn sie ganz sie selber sind, d. h. hübsch zart
undlyrisch bleiben. Die diesmaligen Corots befrem-
deten zum Teil durch einen kräftigeren Stil, und
demgemäß blieben die Preise niedrig. Audi Dau-
bigny mußte für seinen düsterenErnstbüßen.Corots
„Allee dans le Pare de Cambri" kauften Messrs.
Obach für 504 £, andere Stücke von ihm brachten
178.10 ^, 304.10 £, 231 £ Messrs. Gooden und
Fox erwarben 3 Daubignys um 367.10 ^, 157.10 ^,
157.10 £. Ein Harpignies kostete Obach 315 £.
(ein paarWochen vorher hatten sie freilich für ein
anderes Werk des Meisters 620 gs. geben müssen);
alles keine besonderen Preise. Daß man sich
von Khnopffs Allegorien hier nicht allzusehr
den Kopf Verdrehen läßt und für eine derselben
z. B. nur 52 gs. zahlte, ist nur erfreulich. —
Was nun alte Meister ausländischer Schulen
anbelangt, so ist man hier in den Auktions-
räumen sehr, sehrvorsichtig. Wenn nicht das Werk
ganz deutlich für den beanspruchten Meister
spricht oder sichere Beweise für dessen Autor-
schaft vorhanden sind, gehen selbst an sich
künstlerisch hodistehende Werke trotz größter
Namen zu kleinen Preisen ab; in der Beziehung
ist hier schon seltsames vorgekommen. Der
großen Namen gab es auch in diesem Monat
genug: Rembrandt, dessen Sohn Titus am 2. März
bei Christie um 205 gs. losgeschlagen wurde,
um dann kurz darauf in Berlin um eine fast
40mal höhere Summe verkauft zu werden, zum
 
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