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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 1/2
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Strzygowski, Josef: Das orientalische Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0041

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Strzygowski. Das orientalische Italien

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haben sie, die sich zwischen Adam und Eva emporringelt, mit dem Baum verwechselt,
der hinter Eva erscheint. Die Sphinx hat wahrscheinlich mit Adam und Eva ebenso-
wenig etwas zu tun, wie der Greif mit dem Jäger oder der Adler mit dem Schlangen-
töter; sie scheint mir lediglich raumfüllend eingeschoben und kann daher auch nicht
als Vorläufer der im Norden nach dem 13. Jahrhundert üblichen Art genommen werden.1)
Die auffallend primitive Art der Gestaltwiedergabe an unserer Truhe hat für
den, der mit koptischen Denkmälern gearbeitet hat, nichts Fremdartiges; gerade sie be-
rührt ihn vielmehr wohlbekannt. Setze ich voraus, daß solche Truhen aus Cypressen-
holz von den Klöstern Ägyptens exportiert, oder von Pilgern sonst aus der Heimat des
hl. Menas nach dem Abendlande gebracht wurden, dann wundert mich nicht, wenn
bei Bearbeitung einer alexandrinischen Weltchronik vom Anfänge des 5. Jahrhunderts
die Verwandschaft des gegenständlichen Cyclus mit dem Runenkästchen von Clermont-
Ferrand auffallen konnte.2) Dieses Franks casket steht zweifellos der Truhe von Terra-
cina nahe; wahrscheinlich wurde es durch einen ähnlichen Kasten koptischer Provenienz
angeregt, auf dem entsprechend der Weltchronik neben der Anbetung der Könige und
dem Überfall auf Susanna noch die Zerstörung Jerusalems durch Titus und die Zerstörung
Ilions dargestellt war.3) Auf diesem koptischen Kasten dürften auch ähnlich wie auf
dem von Terracina die Köpfe der Männer mit langem Haar und vorgebogenem Spitz-
bart gegeben gewesen sein, eine Manier, die ich mir gut aus dem Satyrkopf ent-
standen denken kann. Ich verweise auf das Fragment eines Orpheusgiebels im Kaiser
Friedrich-Museum, das ich in Mallawi (Aschmunein) aufgefunden habe., Die Datierung
der Truhe von Terracina anlangend, würde ich für das 7. bis 10. Jahrhundert ein-
treten. Die oben wegen der Punziertechnik herangezogene Holztafel dürfte dem 9. Jahr-
hundert angehören. Das Schuppenmotiv als Randstreifen findet sich auch noch auf
einer koptischen Schüssel aus Bronzeblech im Ägyptischen Museum zu Kairo, die Achilleis
darstellend. Sie dürfte kaum nach dem 8. Jahrhundert entstanden sein?)
Der Import koptischer Sachen nach dem Norden kann als feststehende Tatsache
gelten, seit ich die Elfenbeinreliefs an der Kanzel des Domes zu Aachen als ägyptisch
erwiesen habe., Auch das aus Rom in den Louvre gelangte Elfenbeindiptychon mit der
Darstellung Konstantins als Glaubensheld stammt ja wahrscheinlich aus Alexandria und
befand sich ursprünglich am Rhein., Solche durch Pilger, Mönche und Kaufleute ein-
geführte Kunstwerke haben aber freilidi lange nicht den Einfluß auf die Entwicklung
der Kunst in den dunklen Jahrhunderten zwischen der Völkerwanderung und dem
Jahre 1000 gehabt wie die direkten alten Beziehungen der Germanen zu den asiatischen
Märkten und die Anregungen, die von selten des christlichen und islamischen Orients und
zwar von Künstlern aus dem Osten bis hinüber nach Spanien gleichmäßig zu Wasser
, Vgl. Schmerber, Die Schlange des Paradieses.
, Vgl. Deutsche Literatur-Zeitung 1904, Sp. 327.
• , Vgl. meine alexandrinische Weltchronik S. 137, fol. 24b und S. 142 fol. 56a.•
, Nr. 1105 meines Inventars. Eine Abb. Zeitschr. d. Dtsch. Palästina-Vereines XXIV, S. 148.
, Nr. 9039. In meinem Catalogue „Koptische Kunst", S. 257.
, Hellenistische und koptische Kunst S. 19 f. Der Dom zu Aachen, S. 29 und 5 f.
, Ebenda S. 19 und 68, Aachen S. 48.

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