422
Monatshefte für Kunstwissenschaft
ein, den noch immer problematischen Zeitgenossen Altdorfers. Man kennt das leichte,
bewegliche Talent des Künstlers hauptsächlich aus seinen Zeichnungen, bald keck hin-
geworfenen, bald zart durchgeführten Federskizzen. Seine Spezialität sind Motive
aus dem Donaugelände und den Voralpen, die er anspruchslos und gemütlich, wie im
Vorübergehen gesehen, wiedergibt, aber mit einem fast modernen Gefühl für ihre
landschaftlichen Heimlichkeiten, namentlich dort, wo er mit bloßen Stegreifmitteln
arbeitet. Ebenso empfunden und erlebt ist die Natur in den Hintergründen seiner
Holzschnitte, während den Figuren noch viel vom verschnörkelten Wesen der Spät-
gotik anhaftet. Durch die Landschaftsstimmung in erster Linie interessiert auch das
früheste bezeichnete Gemälde Hubers, die mehr genannte als bekannte Beweinung
Christi aus dem Jahre 1521 in Feldkirch. Sie geht aus derselben Tonart einer stillen,
verhaltenen Trauer wie die Kreuzigungen Altdorfers im Germanischen Museum und
im Kaiser Friedrich - Museum in Berlin, ohne von diesem Meister auch koloristisch
beeinflußt zu sein. Ein Abschied Christi von Maria in Berliner Privatbesitze mit
dem Datum 1519 schließt sich ihr so genau an, daß über Hubers Urheberschaft
kein Zweifel besteht. Die folgenden Jahre bringen dann einen durchgreifenden
Stilwandel, von dem zwei wildbewegte Passionsszenen in der Stiftsgalerie zu
St. Florian in Oberösterreich Zeugnis ablegen, auf die W. Schmidt hingewiesen
hat. Färbung und Formcharakteristik haben für Huber manches Fremdartige, ohne daß
bei dem kleinen Format an eine mitbeteiligte Gesellenhand zu denken wäre. Ein ver-
wandtes Bild der Stuttgarter Galerie, das K. Lange in der trefflichen zweiten
Auflage seines Kataloges (No. 1) vermutungsweise als Altdorfer verzeichnet, kann
nur als anonyme Leistung der Donauschule gelten. Einleuchtend ist dagegen die
Neubestimmung zweier vielumstrittener Tafeln des altdeutschen Saales der Wiener
Galerie, die M. J. Friedländer zu danken ist: der Kreuzerhöhung und der Kreuzes-
allegorie. Daß diese Stücke unter anderen Nottaufen auch die auf Grünewald
erfahren konnten, beweist, wie weit Hubers Temperament ihn hier über die Grenzen
seiner Fähigkeiten hinausgetrieben hat. Es sind ziemlich wüste und grelle Arbeiten,
in der Komposition zerfahren, im Ausdrucke karikiert, jedoch bemerkenswert durch
dramatisches Leben bei einzelnen klassizistischen Anwandlungen und eigentümliche
koloristische Absichten. Für die Farbenwahl der Donaumaler bleibt z. B. das Graugrün
der landschaftlichen Tiefe dauernd charakteristisch.
Die Kreuzerhöhung weist wohl in mancher Hinsicht noch auf die Feldkircher
Beweinung zurück, dürfte aber kaum vor Ende der Zwanziger Jahre enstanden sein.
Zuverlässig nach 1540 ist die Allegorie anzusetzen, und zwar nach den in den
oberen Ecken angebrachten Wappen, die, obwohl im Wiener Kataloge abgebildet,
bisher nicht gedeutet wurden. Das linksseitige mit dem roten Wolfe in Silber und
der Inful auf dem Schilde ist das Passauer Bistumwappen, das rechtsseitige mit den
zwei silbernen Salmen im roten Felde und dem roten Hute als Kleinod das Stamm-
wappen der Grafen von Salm. Als Stifter der Tafel erscheint somit der Fürstbischof
von Passau, Wolfgang L, Graf von Salm, der zweite Sohn des Grafen Niklas von
Salm, des berühmten Befreiers Wiens von den Türken im Jahre 1529. Bischof Wolf-
gang regierte das Hochstift 1540—1555, wurde jedoch erst im April 1542 konsekriert.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
ein, den noch immer problematischen Zeitgenossen Altdorfers. Man kennt das leichte,
bewegliche Talent des Künstlers hauptsächlich aus seinen Zeichnungen, bald keck hin-
geworfenen, bald zart durchgeführten Federskizzen. Seine Spezialität sind Motive
aus dem Donaugelände und den Voralpen, die er anspruchslos und gemütlich, wie im
Vorübergehen gesehen, wiedergibt, aber mit einem fast modernen Gefühl für ihre
landschaftlichen Heimlichkeiten, namentlich dort, wo er mit bloßen Stegreifmitteln
arbeitet. Ebenso empfunden und erlebt ist die Natur in den Hintergründen seiner
Holzschnitte, während den Figuren noch viel vom verschnörkelten Wesen der Spät-
gotik anhaftet. Durch die Landschaftsstimmung in erster Linie interessiert auch das
früheste bezeichnete Gemälde Hubers, die mehr genannte als bekannte Beweinung
Christi aus dem Jahre 1521 in Feldkirch. Sie geht aus derselben Tonart einer stillen,
verhaltenen Trauer wie die Kreuzigungen Altdorfers im Germanischen Museum und
im Kaiser Friedrich - Museum in Berlin, ohne von diesem Meister auch koloristisch
beeinflußt zu sein. Ein Abschied Christi von Maria in Berliner Privatbesitze mit
dem Datum 1519 schließt sich ihr so genau an, daß über Hubers Urheberschaft
kein Zweifel besteht. Die folgenden Jahre bringen dann einen durchgreifenden
Stilwandel, von dem zwei wildbewegte Passionsszenen in der Stiftsgalerie zu
St. Florian in Oberösterreich Zeugnis ablegen, auf die W. Schmidt hingewiesen
hat. Färbung und Formcharakteristik haben für Huber manches Fremdartige, ohne daß
bei dem kleinen Format an eine mitbeteiligte Gesellenhand zu denken wäre. Ein ver-
wandtes Bild der Stuttgarter Galerie, das K. Lange in der trefflichen zweiten
Auflage seines Kataloges (No. 1) vermutungsweise als Altdorfer verzeichnet, kann
nur als anonyme Leistung der Donauschule gelten. Einleuchtend ist dagegen die
Neubestimmung zweier vielumstrittener Tafeln des altdeutschen Saales der Wiener
Galerie, die M. J. Friedländer zu danken ist: der Kreuzerhöhung und der Kreuzes-
allegorie. Daß diese Stücke unter anderen Nottaufen auch die auf Grünewald
erfahren konnten, beweist, wie weit Hubers Temperament ihn hier über die Grenzen
seiner Fähigkeiten hinausgetrieben hat. Es sind ziemlich wüste und grelle Arbeiten,
in der Komposition zerfahren, im Ausdrucke karikiert, jedoch bemerkenswert durch
dramatisches Leben bei einzelnen klassizistischen Anwandlungen und eigentümliche
koloristische Absichten. Für die Farbenwahl der Donaumaler bleibt z. B. das Graugrün
der landschaftlichen Tiefe dauernd charakteristisch.
Die Kreuzerhöhung weist wohl in mancher Hinsicht noch auf die Feldkircher
Beweinung zurück, dürfte aber kaum vor Ende der Zwanziger Jahre enstanden sein.
Zuverlässig nach 1540 ist die Allegorie anzusetzen, und zwar nach den in den
oberen Ecken angebrachten Wappen, die, obwohl im Wiener Kataloge abgebildet,
bisher nicht gedeutet wurden. Das linksseitige mit dem roten Wolfe in Silber und
der Inful auf dem Schilde ist das Passauer Bistumwappen, das rechtsseitige mit den
zwei silbernen Salmen im roten Felde und dem roten Hute als Kleinod das Stamm-
wappen der Grafen von Salm. Als Stifter der Tafel erscheint somit der Fürstbischof
von Passau, Wolfgang L, Graf von Salm, der zweite Sohn des Grafen Niklas von
Salm, des berühmten Befreiers Wiens von den Türken im Jahre 1529. Bischof Wolf-
gang regierte das Hochstift 1540—1555, wurde jedoch erst im April 1542 konsekriert.