430
Monatshefte für Kunstwissenschaft
reich inne und Huber zeichnete für das gräfliche Haus einen Stammbaum, den F. Dörn-
höffer in der Wiener Hofbibliothek aufgefunden. Man sieht, es gab außer dem Bei-
spiele Altdorfers, der, wie J. Meder feststellte, seine Donaufahrt 1511 gemacht hatte,
Anlässe genug, die danubischen Neigungen Hubers zu fördern. — Noch früher als Alt-
dorfer scheint übrigens ein zweiter maßgebender Meister der älteren deutschen Malerei,
nämlich Cranach donauabwärts, vielleicht bis nach Wien gekommen zu sein, wo ihm
1503 der dortige Theologieprofessor Stefan Reuß zu dem jetzt im Germanischen Museum
befindlichen Porträt gesessen haben dürfte.
Von den Eindrücken, die der junge Oberfranke damals empfangen, erzählt vor
allem seine Kreuzigung aus demselben Jahre in der Schleissheimer Galerie, wohl die
genialste Schöpfung des Donaustiles. Cranach muß in jenen Wandertagen sich merk-
würdig tief eingelebt haben in die Kulturstimmung des Süd-Donaulandes. Denn noch
anderthalb Dezennien später, als er in Wittenberg längst schon auf die Herstellung
einer bürgerlichen Hausmannskunst sich verlegt hat, trifft er diese Stimmung mit der
vollen Echtheit des Volkstones in jener „Maria von guten Rate" der Innsbrucker
Jakobskirche, dem in Hunderten von Kopien durch Tirol und die Nachbarländer ver-
breiteten Gnadenbilde, das aber weder bei Voss noch in der neuesten Cranach-
Monographie (der Sammlung „Klassische Illustratoren") erwähnt ist. Für den Zusammen-
hang Cranachs mit der Donaumalerei fehlt es nicht an weiteren charakteristischen
Belegen, unter denen nur ein Kreuzigungsbildchen in der Burgkapelle des Salzburger
Museums, ein größeres Altarblatt von 1506 mit St. Wolfgang zwischen Petrus und
Stefanus in St. Florian, endlich eine freie Kopie des Schleissheimer Crucifixus in der
1902 in Wien versteigerten Sammlung des Grafen Falkenhayn aus Schloß Walpers-
dorf hervorgehoben seien. Die frische und starke Frühkunst Cranachs war aber,
wie man weiß, bloß eine vorübergehende Phase seines Schaffens. Es ist daher eine
recht willkürliche Kombination, sie als das Endergebnis einer „Sturm- und Drangperiode"
der oberdeutschen Spätgotik liinzustellen, über die der Verfasser Musterung hält, statt
lieber einmal das Verbreitungsgebiet des Donaustiles selbst fester zu umgrenzen. Während
er dessen Darstellungsformen aus allen möglichen äußeren Einflüssen zu erkären unter-
nimmt, kennt er ein für die Verbindung des Alpen- und Voralpenlandes so bedeut-
sames Werk wie die Altargemälde in Merlbach (am Starnbergersee) nicht und läßt
die mehr oder weniger kräftigen Triebe lokalen Kunstlebens in Landshut, Ingolstadt,
Neuburg a. D., Lauingen unberücksichtigt, obwohl hier der Malerei jene originelle
Schnitzerschule Niederbayerns zur Seite tritt, die sich um den Altar von Moosburg
und seinen von G. Habich entdeckten Meister Hans Leininger gruppiert. Der fruchtbare
Hofmaler der niederbayerischen Herzöge, Hans Schwab von Wertingen, geht bei
ihm leer aus und der Landshuter Stecher und Reißer für den Holzschnitt, Georg
Lemberger, dem man neuestens auch ein Kreuzigungsgemälde im Leipziger
Museum beimißt, wird nicht einmal genannt. Die Zuschreibung eines Budapester
Bildes an den früher mit Mathäus Zasinger identifizierten Kupferstecher M. Z.
bedarf aber noch der Nachprüfung vor dem Originale, da die gebotene Abbildung
nicht überzeugt.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
reich inne und Huber zeichnete für das gräfliche Haus einen Stammbaum, den F. Dörn-
höffer in der Wiener Hofbibliothek aufgefunden. Man sieht, es gab außer dem Bei-
spiele Altdorfers, der, wie J. Meder feststellte, seine Donaufahrt 1511 gemacht hatte,
Anlässe genug, die danubischen Neigungen Hubers zu fördern. — Noch früher als Alt-
dorfer scheint übrigens ein zweiter maßgebender Meister der älteren deutschen Malerei,
nämlich Cranach donauabwärts, vielleicht bis nach Wien gekommen zu sein, wo ihm
1503 der dortige Theologieprofessor Stefan Reuß zu dem jetzt im Germanischen Museum
befindlichen Porträt gesessen haben dürfte.
Von den Eindrücken, die der junge Oberfranke damals empfangen, erzählt vor
allem seine Kreuzigung aus demselben Jahre in der Schleissheimer Galerie, wohl die
genialste Schöpfung des Donaustiles. Cranach muß in jenen Wandertagen sich merk-
würdig tief eingelebt haben in die Kulturstimmung des Süd-Donaulandes. Denn noch
anderthalb Dezennien später, als er in Wittenberg längst schon auf die Herstellung
einer bürgerlichen Hausmannskunst sich verlegt hat, trifft er diese Stimmung mit der
vollen Echtheit des Volkstones in jener „Maria von guten Rate" der Innsbrucker
Jakobskirche, dem in Hunderten von Kopien durch Tirol und die Nachbarländer ver-
breiteten Gnadenbilde, das aber weder bei Voss noch in der neuesten Cranach-
Monographie (der Sammlung „Klassische Illustratoren") erwähnt ist. Für den Zusammen-
hang Cranachs mit der Donaumalerei fehlt es nicht an weiteren charakteristischen
Belegen, unter denen nur ein Kreuzigungsbildchen in der Burgkapelle des Salzburger
Museums, ein größeres Altarblatt von 1506 mit St. Wolfgang zwischen Petrus und
Stefanus in St. Florian, endlich eine freie Kopie des Schleissheimer Crucifixus in der
1902 in Wien versteigerten Sammlung des Grafen Falkenhayn aus Schloß Walpers-
dorf hervorgehoben seien. Die frische und starke Frühkunst Cranachs war aber,
wie man weiß, bloß eine vorübergehende Phase seines Schaffens. Es ist daher eine
recht willkürliche Kombination, sie als das Endergebnis einer „Sturm- und Drangperiode"
der oberdeutschen Spätgotik liinzustellen, über die der Verfasser Musterung hält, statt
lieber einmal das Verbreitungsgebiet des Donaustiles selbst fester zu umgrenzen. Während
er dessen Darstellungsformen aus allen möglichen äußeren Einflüssen zu erkären unter-
nimmt, kennt er ein für die Verbindung des Alpen- und Voralpenlandes so bedeut-
sames Werk wie die Altargemälde in Merlbach (am Starnbergersee) nicht und läßt
die mehr oder weniger kräftigen Triebe lokalen Kunstlebens in Landshut, Ingolstadt,
Neuburg a. D., Lauingen unberücksichtigt, obwohl hier der Malerei jene originelle
Schnitzerschule Niederbayerns zur Seite tritt, die sich um den Altar von Moosburg
und seinen von G. Habich entdeckten Meister Hans Leininger gruppiert. Der fruchtbare
Hofmaler der niederbayerischen Herzöge, Hans Schwab von Wertingen, geht bei
ihm leer aus und der Landshuter Stecher und Reißer für den Holzschnitt, Georg
Lemberger, dem man neuestens auch ein Kreuzigungsgemälde im Leipziger
Museum beimißt, wird nicht einmal genannt. Die Zuschreibung eines Budapester
Bildes an den früher mit Mathäus Zasinger identifizierten Kupferstecher M. Z.
bedarf aber noch der Nachprüfung vor dem Originale, da die gebotene Abbildung
nicht überzeugt.