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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 5
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Studien und Forschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0446

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438

Monatshefte für Kunstwissenschaft

fassung ruhig. Der würdig stehende und ge-
messen zuhörende Mann, der übrigens auch in
anderen Zeichnungen wiederkehrt,1) bildet eine
Vorstufe zum Potiphar des Gemäldes. Es ist
ja auch das Nächstliegende, diesen Entwurf
zeitlich zwischen die Potiphar -Radierung von
1634 und das Bild von 1655 einzuschieben; so
entspricht es am besten der Auffassung von
Rembrandts Entwickelung: anfangs das Dra-
stische, dramatisch äußerst zugespitzte Geschehen;
dann eine beruhigtere Szene derselben Er-
zählung, noch in enger Anlehnung an den Text,
und endlich eine freie Umbildung des Stoffes
im Sinne des „fruchtbarsten Moments".
E. Waldmann.
s
ALHAMBRAPROBLEME II.
Wir besitzen keinen zuverlässigen alten Plan
von der ehemaligen Burganlage. Die Ansichten
in Chroniken des XVI. Jahrhunderts geben uns
gar keinen Aufschluß, und selbst die „Plata-
forma" von Granada, die der Dombaumeister
Ambrosio de Vico zeichnete, weist so viele
Ungenauigkeiten in den Proportionen und in
der Angabe der Details auf, daß sie unmöglich
die Grundlage für topographische Studien ab-
geben kann. Immerhin vermag uns aber die
„Plataforma" bei der Feststellung der großen
Züge der ursprünglichen Befestigung einige
Dienste zu leisten.
Vor allem stellt sie außer Zweifel, daß die
Mauer, durch welche die Kassbä (Alcazaba) mit
den von Muhammed II. errichteten „Torres Ber-
mejas" verbunden war, als die Fortsetzung der
Stadtmauer zu betrachten ist, die von Bäb at-
Tauäbin und Bäb al-Lascha (später „Puerta del
Pescado") heraufkam und in welcher die be-
rühmte „Casa de los Tiros" die Funktion einer
Turmfeste erfüllt zu haben erscheint.
Auf der anderen Seite führte von der Burg
eine Mauer steil hinunter an den Darro, sodaß
sie sich mit der um den Fuß des ganzen Schloß-
berges herumlaufenden Umwallung kreuzte.
Man sieht, die Isolierung der Alhambra von
der Stadt konnte nicht vollständiger gewesen
sein.
Der eigentliche Aufgang zur Kassbä war be-
kanntlich auf der Nordseite durch die ziemlich
tief gelegene „Puerta de las Armas", die man
auf einem Zickzackwege von der Richterbrücke
(Kantarät al-Kädi) her erreichte. Diese war
bereits im Jahre 447 (1055) unter dem Ziriten
9 Siehe eine bisher unerklärte Zeichnung in Dresden.
(Woermanns Publikation. Mappe VIII. Tafel 14, oben.)

Badis errichtet worden, der so eine Verbindung
des Königlichen Schlosses auf dem Albaicin mit
der gegenüberliegenden Burg herstellte. Der
strategische Wert dieser Konstruktion ist ein-
leuchtend; er trat später besonders in den
Kämpfen zwischen Murabiten und Muwahiden
deutlich hervor.
Kein Zweifel, daß die Festung, die im 9. Jahr-
hundert von Sauwär so glänzend gegen die
Renegaten verteidigt wurde, an derselben Stelle
stand, wie später die Kassbä der Nassriden:
unter der „Torre de la Vela" ist man auf ältere
Fundamente gestoßen, die sehr wohl jener an-
gehört haben könnten. Die ganze übrige Fläche
des Bergrückens dagegen wurde von dem Orte
eingenommen, der schon damals „Medinat al-
Hamrä" hieß.
Man hat nun gewiß mit Unrecht vermutet,
daß die Verhältnisse unter den ersten Alhama-
ren, etwa bis auf Abü'l Walid, ähnlich gelegen
haben.
Dem alten Haudegen Sauwär, der nach eige-
ner Aussage nicht einmal über einen standes-
gemäßen Harem verfügte, mochte eine Burg allein
als Residenz vollauf genügen, dagegen ist es aus-
geschlossen, daß sie außer einigen Tausend Mann
Besatzung auch noch den ganzen Hofstaat der
nassridischen Könige hätte bergen können. Es
müssen vielmehr schon seit Muhammed I. außer-
halb der Kassbä auf dem Alhambraberge Palast-
räumlichkeiten bestanden haben. Von dieserVor-
aussetzung ausgehend, habe ich in dem vorletzten
Hefte dieser Zeitschrift auf die Möglichkeit hin-
gewiesen, daß man die Rauda, d. h. die Königs-
gruft, als einen Rest der ersten Schloßanlage zu
betrachten habe, möchte mich jedoch insofern
berichtigen, als ich nicht die „Torre de las Da-
mas" selbst, sondern einen älteren Bau, dessen
Stelle sie später einnahm, für den Harem be-
anspruchen würde. Daß aber auch sie fortfuhr,
demselben Zwecke zu dienen, scheint mir nach
dem ganzen Charakter ihrer Konstruktion un-
zweifelhaft.
Wir besitzen eine Nachricht des glaubwür-
digen Ibre Chaldün, wonach die hervorragenden
Bauwerke in und bei Tlemcen (Algerien) von
Granadiner Künstlern ausgeführt wurden. Da
sie z. T. den Alhambrasälen unmittelbar vor-
hergehen, so müssen neben der Moschee Mu-
hammeds III. schon berühmte Palasträume ge-
standen haben.
Die ebenfalls in ihrer Nähe gelegene „Puerta
de Hierro", unter der „Torre de les Picos", dürfte
dann keine andere Bestimmung gehabt haben,
als die, eine direkte Verbindung zu dem Lust-
schlosse Dschnän-al-ärif(Generalife) herzustellen,
 
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