Rundschau
449
war, stellte sich als eine Auslese seiner reifsten
Schöpfungen dar; eine schöne und in ihrer
Tragik ergreifende Ausstellung. Allerdings nichts
Himmelstürmendes besaß Klein, keinen proble-
matischen Zug zum Ungenießbaren; er war eine
harmonische Natur mit entschiedener Neigung
zu malerischer Form etwa in der Art, die Leo
Putz am genialsten beherrscht. Die Sinnlichkeit
der Empfindung kennzeichnete den Künstler
Klein als Süddeutschen; der weibliche Akt über-
wiegt und das farbige, leuchtende Stilleben, die
sonnig heitere Landschaft: groß und mit inniger
Liebe zum Leben, zur heiligen Natur gesehen,
zur Natur, der nichts unheilig oder unsittlich ist,
die in den Augen des Malers nur Schönheit
kennt. Das Malerauge von der Art Philipp
Kleins wird denen, die von kahler Wirklichkeit
sich nicht befriedigt fühlen, als ein Spiegel
erscheinen, in dem die Welt sich am liebsten
und am reinsten spiegelt; kein Zerrspiegel, wie
etwa Corinth: ein Spiegel, der den Leib nicht
nur, sondern auch die Seele der Dinge dem
Auge wiedergibt. Auf die Ausstellung der Se-
zession kommen wir ausführlicher zu sprechen.
S.
FRANKFURT a. M. =========
Die Sammlung Adolf Furtwängler, eine Neu-
erwerbung der städtischen Kunstsammlungen.
Für die neue städtische Skulpturensammlung
ist auch eine Abteilung antiker Plastik vorge-
sehen, die nun ihren Grundbestand durch die
Erwerbung der Furtwängler'schen Sammlung er-
halten hat. Es ist klar, daß bei der Seltenheit
guter antiker Großplastik der Hauptbestand aus
kleineren Stücken sich zusammensetzt. Es sind
hauptsächlich Terrakotten da, aber auch einige
Stücke aus Marmor und Bronze.
Unter den Steinplastiken sind besonders zu
nennen: ein weidi gearbeiteter Porträtkopf
Alexanders des Großen in Alabaster, ein Mar-
morkopf eines Jünglings mit Stirnbinde und
Flügelansätzen und der reizvolle Torso einer
flötenden Paniske.
Unter den Bronzen sondern sich zwei Grup-
pen, archaische Statuetten und solche der jüngeren
Zeit. An der Spitze der ersten steht der Be-
deutung nach die Artemis von Lusoi als seltener
Vertreter einer bestimmten Lokalschule der ar-
chaischen Zeit.
Aus der jüngeren Zeit sind vor allen Dingen
ein Herakles und ein Zeus lysippischen Stiles
zu erwähnen; ihnen reihen sich eine Juno, Venus
und zwei Merkurstatuetten an. Zudem in vor-
züglicher naturalistischer Arbeit ein liegender
Hund und ein prächtiger Apisstier.
Durch ihren reichen Bestand stellen die Terra-
kotten in erlesenen Exemplaren die entscheiden-
den Züge der Entwicklung der griechischen
Skulptur dar. Die archaische und ältere Zeit
zeigt sich in Idolen, affenähnlichen Silenen, Dick-
bauchdämonen, männlichen und weiblichen Brust-
bildern, mit teilweise noch vortrefflich sichtbaren
Spuren alter Bemalung. Den Übergangsstil
vertritt dann die Figur eines Mädchens im Pep-
los, deren Kopf- und Handhaltung noch archaisch
sind, während die sonstigen Formen das V.
Jahrhundert ankündigen. Es reiht sich eine ge-
gürtete Mädchenstatuette im Überschlagpeplos
an, und dieser statuarische Typ findet seine
höchste Vollendung in einem Peplosmädchen
aus dem V. Jahrhundert, das in stärkster Weise
an die Karyatiden des Erechtheions erinnert.
Wunderbar gehalten in der Körperlinie ist noch
aus dieser Gruppe des strengen Stiles die Figur
einer trauernden Penelope. Die reichste Anzahl
natürlich aber bieten die Terrakotten des freien
Stiles. Sie haben den ewiggewinnenden Reiz
des Genres für sich, daß man glaubt, durch einen
Einblick in das alltägliche Leben des griechischen
Volkes, ihm unmittelbar menschlich näher zu
kommen. Da sind in ungestellter Lässigkeit
Tanagrafiguren: besonders anmutig die Gruppe
zweier Mädchen, von denen die eine auf dem
Schoß der anderen sitzt: ferner ein Silen, der
einen Kinderwagen zieht, auf dem der kleine
Dionysos steht, ein sitzender bocksbeiniger Pan
mit Syrinx, ein schwebender Eros, Tänzerinnen,
die zu den hervorragendsten Vertretern ihrer
Gattung gehören, Figuren komischer Schauspieler,
eine verhüllte Frau, die an einem Pfeiler steht
und ein nacktes Kind hält u. a. m.
Von größter Bedeutung sind schließlich der
große Kopf eines Zeus und eine freie Wieder-
holung der Parthenos. Auch die seltene Gruppe
der Statuettenvasen ist durch zwei schöne Stücke
vertreten.
Damit ist im wesentlichen das Figürliche der
Sammlung, die ungefähr 112 Stück aufweist,
erwähnt. Es finden sich außerdem noch 30—40
Vasen und 100 größere und kleinere Vasen-
scherben. Auch hier zeigt sich abermals eine
erlesene Auswahl der mannigfaltigsten Typen
und der verschiedensten Stilarten.
Um nicht mit weiteren Aufzählungen zu lang-
weilen, muß auf ein näheres Eingehen an dieser
Stelle verzichtet und auf eine ausführliche Be-
sprechung der Sammlung, die durch den Ankauf
der Stadt Frankfurt am Main der deutschen
Öffentlichkeit erhalten geblieben, vertröstet wer-
den. E.A.B.
449
war, stellte sich als eine Auslese seiner reifsten
Schöpfungen dar; eine schöne und in ihrer
Tragik ergreifende Ausstellung. Allerdings nichts
Himmelstürmendes besaß Klein, keinen proble-
matischen Zug zum Ungenießbaren; er war eine
harmonische Natur mit entschiedener Neigung
zu malerischer Form etwa in der Art, die Leo
Putz am genialsten beherrscht. Die Sinnlichkeit
der Empfindung kennzeichnete den Künstler
Klein als Süddeutschen; der weibliche Akt über-
wiegt und das farbige, leuchtende Stilleben, die
sonnig heitere Landschaft: groß und mit inniger
Liebe zum Leben, zur heiligen Natur gesehen,
zur Natur, der nichts unheilig oder unsittlich ist,
die in den Augen des Malers nur Schönheit
kennt. Das Malerauge von der Art Philipp
Kleins wird denen, die von kahler Wirklichkeit
sich nicht befriedigt fühlen, als ein Spiegel
erscheinen, in dem die Welt sich am liebsten
und am reinsten spiegelt; kein Zerrspiegel, wie
etwa Corinth: ein Spiegel, der den Leib nicht
nur, sondern auch die Seele der Dinge dem
Auge wiedergibt. Auf die Ausstellung der Se-
zession kommen wir ausführlicher zu sprechen.
S.
FRANKFURT a. M. =========
Die Sammlung Adolf Furtwängler, eine Neu-
erwerbung der städtischen Kunstsammlungen.
Für die neue städtische Skulpturensammlung
ist auch eine Abteilung antiker Plastik vorge-
sehen, die nun ihren Grundbestand durch die
Erwerbung der Furtwängler'schen Sammlung er-
halten hat. Es ist klar, daß bei der Seltenheit
guter antiker Großplastik der Hauptbestand aus
kleineren Stücken sich zusammensetzt. Es sind
hauptsächlich Terrakotten da, aber auch einige
Stücke aus Marmor und Bronze.
Unter den Steinplastiken sind besonders zu
nennen: ein weidi gearbeiteter Porträtkopf
Alexanders des Großen in Alabaster, ein Mar-
morkopf eines Jünglings mit Stirnbinde und
Flügelansätzen und der reizvolle Torso einer
flötenden Paniske.
Unter den Bronzen sondern sich zwei Grup-
pen, archaische Statuetten und solche der jüngeren
Zeit. An der Spitze der ersten steht der Be-
deutung nach die Artemis von Lusoi als seltener
Vertreter einer bestimmten Lokalschule der ar-
chaischen Zeit.
Aus der jüngeren Zeit sind vor allen Dingen
ein Herakles und ein Zeus lysippischen Stiles
zu erwähnen; ihnen reihen sich eine Juno, Venus
und zwei Merkurstatuetten an. Zudem in vor-
züglicher naturalistischer Arbeit ein liegender
Hund und ein prächtiger Apisstier.
Durch ihren reichen Bestand stellen die Terra-
kotten in erlesenen Exemplaren die entscheiden-
den Züge der Entwicklung der griechischen
Skulptur dar. Die archaische und ältere Zeit
zeigt sich in Idolen, affenähnlichen Silenen, Dick-
bauchdämonen, männlichen und weiblichen Brust-
bildern, mit teilweise noch vortrefflich sichtbaren
Spuren alter Bemalung. Den Übergangsstil
vertritt dann die Figur eines Mädchens im Pep-
los, deren Kopf- und Handhaltung noch archaisch
sind, während die sonstigen Formen das V.
Jahrhundert ankündigen. Es reiht sich eine ge-
gürtete Mädchenstatuette im Überschlagpeplos
an, und dieser statuarische Typ findet seine
höchste Vollendung in einem Peplosmädchen
aus dem V. Jahrhundert, das in stärkster Weise
an die Karyatiden des Erechtheions erinnert.
Wunderbar gehalten in der Körperlinie ist noch
aus dieser Gruppe des strengen Stiles die Figur
einer trauernden Penelope. Die reichste Anzahl
natürlich aber bieten die Terrakotten des freien
Stiles. Sie haben den ewiggewinnenden Reiz
des Genres für sich, daß man glaubt, durch einen
Einblick in das alltägliche Leben des griechischen
Volkes, ihm unmittelbar menschlich näher zu
kommen. Da sind in ungestellter Lässigkeit
Tanagrafiguren: besonders anmutig die Gruppe
zweier Mädchen, von denen die eine auf dem
Schoß der anderen sitzt: ferner ein Silen, der
einen Kinderwagen zieht, auf dem der kleine
Dionysos steht, ein sitzender bocksbeiniger Pan
mit Syrinx, ein schwebender Eros, Tänzerinnen,
die zu den hervorragendsten Vertretern ihrer
Gattung gehören, Figuren komischer Schauspieler,
eine verhüllte Frau, die an einem Pfeiler steht
und ein nacktes Kind hält u. a. m.
Von größter Bedeutung sind schließlich der
große Kopf eines Zeus und eine freie Wieder-
holung der Parthenos. Auch die seltene Gruppe
der Statuettenvasen ist durch zwei schöne Stücke
vertreten.
Damit ist im wesentlichen das Figürliche der
Sammlung, die ungefähr 112 Stück aufweist,
erwähnt. Es finden sich außerdem noch 30—40
Vasen und 100 größere und kleinere Vasen-
scherben. Auch hier zeigt sich abermals eine
erlesene Auswahl der mannigfaltigsten Typen
und der verschiedensten Stilarten.
Um nicht mit weiteren Aufzählungen zu lang-
weilen, muß auf ein näheres Eingehen an dieser
Stelle verzichtet und auf eine ausführliche Be-
sprechung der Sammlung, die durch den Ankauf
der Stadt Frankfurt am Main der deutschen
Öffentlichkeit erhalten geblieben, vertröstet wer-
den. E.A.B.