38
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kabinett, loses Blatt, 1907 erworben, mit beschnittenem Rande, daher ohne
Unterschrift.
Von diesen vier Holzschnitten ist nur einer, Nr. 4, durch Bezeichnung als ein
Werk Ostendorfers beglaubigt. Nr. 2 darf m. E. mit gutem Grunde demselben Meister
zugeschrieben werden. Die Behandlung der Helmdecke ist in beiden Fällen beinahe
identisch. Noch mehr als alles rein ornamentale verrät die geflügelte menschliche
Fratze oben in der Bekrönung des Rahmens die Hand Ostendorfers, wie wir sie z. B.
in dem türkischen Stammbaum, 1528 (P. 11 N. 24), oder in einem Unikum des Britischen
Museums, der herzförmigen Weltkarte Apians vom Jahre 1530,9 kennen lernen. Für
die Zuteilung der kleinen Wappen, Nrn. 2 und 3, an Ostendorfer gibt es keinen Be-
weis; ich möchte sie diesem Künstler eher absprechen als zuweisen.
Man hat nämlich etwas leichtfertig angenommen, daß Ostendorfer den ganzen
Bildschmuck des Astronomicum Caesareum und anderer in Ingolstadt gedruckter Bücher
Apians, z. B. Instrumentbuch, 1533, Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis, 1534, ent-
worfen hat. Das glaube ich keineswegs. Namentlich das sich einer gewissen Berühmt-
heit erfreuende Alphabet mit Astronomen und Mathematikern2) hat nichts mit den
authentischen Werken Ostendorfers gemein; es verrät vielmehr, wie das hübsche Kinder-
alphabet kleineren Formates, die Hand eines erfahrenen Ornamentisten in der Art der
Kleinmeister, der offenbar auch die schöne Kartusche auf dem Titelblatt entwarf.
Diesem zweiten für Apian in Ingolstadt tätigen Künstler sind ferner die meisten Holz-
schnitte zuzuschreiben, die in folgenden Werken verwendet wurden: Quadrans Apiani,
6. Juli 1532, F. v. 0. 98 (hier dürften höchstens die roh ausgeführten Stern- und
Tierkreisbilder von 0. herrühren, vgl. Abacus, Regensburg 1532); Horoscopion Generale,
1533, F. v. 0. 100; Introductio Geographica, 1533, F. v. 0. 101; Instrumentbuch, 1533,
F. v. 0. 104; Folium Populi, 22. Okt. 1533, F. v. 0. 106; Inscriptiones, 1534, F. v. 0.
109 (Titelblatt nach einer Zeichnung Dürers, Lippmann 420, schon von Thausing er-
wähnt). Viele fein ausgeführte Holzschnitte aus diesen älteren Büchern sind im Astro-
nomicum wiederholt. Ein Blatt aus dieser Gruppe, das Titelblatt des Folium Populi,
trägt ein bei Nagler fehlendes, von einem Schneidemesser begleitetes Monogramm, das
Rud. Weigel (Kunstkat. 19449) für das Zeichen Jakob Bincks erklärt hat. Ob es nicht
eher Hans Brosamer angehört, der ja merkwürdigerweise auf einigen Kupferstichen
das Schneidemesser eines Xylographen neben seinem Monogramm angebracht hat,
will ich hier nicht näher erörtern, da die Biographie des oder der Hans Brosamer in
Erfurt und Fulda noch sehr der Aufklärung bedarf.
Ostendorfer sind m. E. außer dem Wappen Apians folgende Holzschnitte im
Astronomicum zuzuschreiben: die 35 großen, mit sechs verschiedenen Handgriffen und
9 Als signiertes Werk Ostendorfers noch in keinem Verzeichnis dessen Holzschnitte
beschrieben. Literatur: Hermann Wagner, Die dritte Weltkarte P. Apians, Nachr. v. d. Kgl.
Gesellsch. d. Wissensch. u. d. Georg-Augusts-Univ, zu Göttingen, 28. Dez. 1892; F. v. Ortroy,
a. a. 0., Nr. 5; Abbildung in Nordenskjölds Periplus, Taf. 44.
2) Naumann's Archiv, II, 206; Passavant, Nr. 15; Nagler, Nr. 29. Obwohl, nach dem Inhalt
zu schließen, ursprünglich für das Astronomicum bestimmt, lag das Alphabet viel früher fertig,
als das Buch selbst; einzelne Buchstaben kommen schon 1533 und 1534 vor.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
Kabinett, loses Blatt, 1907 erworben, mit beschnittenem Rande, daher ohne
Unterschrift.
Von diesen vier Holzschnitten ist nur einer, Nr. 4, durch Bezeichnung als ein
Werk Ostendorfers beglaubigt. Nr. 2 darf m. E. mit gutem Grunde demselben Meister
zugeschrieben werden. Die Behandlung der Helmdecke ist in beiden Fällen beinahe
identisch. Noch mehr als alles rein ornamentale verrät die geflügelte menschliche
Fratze oben in der Bekrönung des Rahmens die Hand Ostendorfers, wie wir sie z. B.
in dem türkischen Stammbaum, 1528 (P. 11 N. 24), oder in einem Unikum des Britischen
Museums, der herzförmigen Weltkarte Apians vom Jahre 1530,9 kennen lernen. Für
die Zuteilung der kleinen Wappen, Nrn. 2 und 3, an Ostendorfer gibt es keinen Be-
weis; ich möchte sie diesem Künstler eher absprechen als zuweisen.
Man hat nämlich etwas leichtfertig angenommen, daß Ostendorfer den ganzen
Bildschmuck des Astronomicum Caesareum und anderer in Ingolstadt gedruckter Bücher
Apians, z. B. Instrumentbuch, 1533, Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis, 1534, ent-
worfen hat. Das glaube ich keineswegs. Namentlich das sich einer gewissen Berühmt-
heit erfreuende Alphabet mit Astronomen und Mathematikern2) hat nichts mit den
authentischen Werken Ostendorfers gemein; es verrät vielmehr, wie das hübsche Kinder-
alphabet kleineren Formates, die Hand eines erfahrenen Ornamentisten in der Art der
Kleinmeister, der offenbar auch die schöne Kartusche auf dem Titelblatt entwarf.
Diesem zweiten für Apian in Ingolstadt tätigen Künstler sind ferner die meisten Holz-
schnitte zuzuschreiben, die in folgenden Werken verwendet wurden: Quadrans Apiani,
6. Juli 1532, F. v. 0. 98 (hier dürften höchstens die roh ausgeführten Stern- und
Tierkreisbilder von 0. herrühren, vgl. Abacus, Regensburg 1532); Horoscopion Generale,
1533, F. v. 0. 100; Introductio Geographica, 1533, F. v. 0. 101; Instrumentbuch, 1533,
F. v. 0. 104; Folium Populi, 22. Okt. 1533, F. v. 0. 106; Inscriptiones, 1534, F. v. 0.
109 (Titelblatt nach einer Zeichnung Dürers, Lippmann 420, schon von Thausing er-
wähnt). Viele fein ausgeführte Holzschnitte aus diesen älteren Büchern sind im Astro-
nomicum wiederholt. Ein Blatt aus dieser Gruppe, das Titelblatt des Folium Populi,
trägt ein bei Nagler fehlendes, von einem Schneidemesser begleitetes Monogramm, das
Rud. Weigel (Kunstkat. 19449) für das Zeichen Jakob Bincks erklärt hat. Ob es nicht
eher Hans Brosamer angehört, der ja merkwürdigerweise auf einigen Kupferstichen
das Schneidemesser eines Xylographen neben seinem Monogramm angebracht hat,
will ich hier nicht näher erörtern, da die Biographie des oder der Hans Brosamer in
Erfurt und Fulda noch sehr der Aufklärung bedarf.
Ostendorfer sind m. E. außer dem Wappen Apians folgende Holzschnitte im
Astronomicum zuzuschreiben: die 35 großen, mit sechs verschiedenen Handgriffen und
9 Als signiertes Werk Ostendorfers noch in keinem Verzeichnis dessen Holzschnitte
beschrieben. Literatur: Hermann Wagner, Die dritte Weltkarte P. Apians, Nachr. v. d. Kgl.
Gesellsch. d. Wissensch. u. d. Georg-Augusts-Univ, zu Göttingen, 28. Dez. 1892; F. v. Ortroy,
a. a. 0., Nr. 5; Abbildung in Nordenskjölds Periplus, Taf. 44.
2) Naumann's Archiv, II, 206; Passavant, Nr. 15; Nagler, Nr. 29. Obwohl, nach dem Inhalt
zu schließen, ursprünglich für das Astronomicum bestimmt, lag das Alphabet viel früher fertig,
als das Buch selbst; einzelne Buchstaben kommen schon 1533 und 1534 vor.