Rundschau
453
stand ihm bieten werden, welcher im alten Sitz
des Museums eine ästhetisch wirksame Auf-
stellung der etruskischen Gräber z. B. gestattete.
Er verlangt vielmehr, daß die antiken Skulp-
turen der Uffizien, zum großen Teil aus deko-
rativen und künstlerisch nicht sehr hochstehenden
Arbeiten bestehend, ebenfalls ins Archäologische
Museum gebracht werden, wo ihre Aufstellung
in freier Luft und doch an geschützter Stelle
möglich ist. Auch für eine rekonstruktive Auf-
stellung der Niobiden sei im Museo Archeolo-
gico ein vorzüglich geeigneter Raum vorhanden.
Zugunsten der Milanischen Vorschläge scheint
mir auch zu sprechen, daß eine Zusammenlegung
von antiken und Renaissance-Skulpturen in
ein Museum kein erwünschter Zustand ist. Bei
allem Nachstreben der Renaissance zu antiken
Form-Idealen ist der Gegensatz zwischen den
Schöpfungen beider Epochen doch ein zu
großer, als daß eine Vereinigung ein harmoni-
sches Ganzes schaffen könnte.
Ein Kunstgewerbe-Museum ist allerdings eine
außerordentlich dringende Notwendigkeit für
Italien. Die alte Mißachtung der vergangegen
Generation italienischer Kunstfreunde, welche ein
Museum durch Erzeugnisse des Gewerbes
entwürdigt zu sehen glaubte, hat Italien ver-
hindert, rechtzeitig zu sammeln, was jetzt der
Stolz vieler ausländischer Museen ist: die Er-
zeugnisse des italienischen Kunstgewerbes der
Renaissance. Gegenwärtig ist der Kampf um
sie ein so heißer, daß erstklassige Möbel und
Rahmen Preise erzielen, welche sich denen der
Bilder großer Meister nähern und sie werden
weiter steigen, weil überhaupt nur noch sehr
weniges vorhanden ist. Wenn ein Kunstgewerbe-
Museum in Florenz ins Leben gerufen werden
soll, so wird man sich beeilen müssen, für seinen
Inhalt zu sorgen; allerdings bildet der jetzige
Bestand des Bargello einen immerhin recht an-
sehnlichen Grundstock.
Die Florentiner Gemeindeverwaltung, Hüterin
eines großartigen, künstlerischen Erbes hat vor
einiger Zeit eine Kommission, in der übrigens
auch das Ausland durch Robert Davidsohn und
Bernhard Berenson vertreten ist, als Beirat für
künstlerische Angelegenheiten eingesetzt. Eine
der ersten Fragen, mit welcher diese Kommission
sich zu beschäftigen hat, ist die einer Öffnung
der Bogen von Or San Michele. Gegenwärtig führen
zwei große Portale von der Seite des Gebäudes der
Orte della Lana ins Innere des Oratoriums, aber
einst, wenn auch nur eine kurze Zeit lang, war
das Obergeschoß von allen Seiten offen, bildete
eine Loggia, welche als Kornmarkt diente und
gleichzeitig der Verehrung der Jungfrau eine
Stätte bot.
Dieser Zustand blieb aber nur seit der Zeit des
Baubeginnes im Jahre 1339 bis etwa zum Jahre 1380
bestehen. Die weiten offenen Bogen hatte man
zum Teil schon seit 1366 durch Einbau der zier-
lichen dreibogigen von Balustraden getragenen
Schmuckordnung, von welcher nur der Mittel-
bogen als Zugang bis zur Erde offen blieb,
ihres ursprünglichen Charakters entkleidet. Nach
ihrer Vollendung muß der Eindruck des Ge-
bäudes von einer äußerst liebenswürdigen Heiter-
keit gewesen sein. Kaum aber waren alleBogenin
dieser Weise umgestaltet, als man sie auch schon
völlig durch eine dünne Ziegelvermauerung schloß
und nur die Lünetten als Lichtquelle offen ließ.
Das was im Jahre 1380 geschehen war, hat nun
jahrhundertelang keinerlei Kritik erlitten. Seit
einigen Jahrzehnten aber wird die Frage immer
wieder diskutiert, ob nicht die dünnen Ziegel-
mauern zwischen den feinen Torfenster-Pfosten
entfernt werden sollen. Sie machen zweifellos
einen zufälligen mit der baulichen Idee des
ganzen unzusammenhängenden Eindruck.
Öffnete man aber die Arkaden so würde
man in die Lage kommen einen von zwei Seiten
offenen Raum auf einer dritten Seite durch
Türen zu schließen, was natürlich eine Ungeheuer-
lichkeit wäre. Diese Portale aber zu entfernen,
welche in den ersten Jahren des Quattrocento
Niccolö di Piero schuf, das wird niemand im
Ernst verlangen wollen.
Möchte die Frage, wie sie bisher angeschaut
wurde, im Grunde keine Frage sein, so wird
doch von einem anderen Gesichtspunkt aus, das
Problem eine andere Gestalt erhalten. Der
jetzige Zustand schafft im Innern der Kirche
eine Dunkelheit, die namentlich das kostbare Mar-
mortabernakel Orcagnas dem Genießen des Be-
schauers verschließt. Licht zu erhalten ist eine
Notwendigkeit, das wird bei der Angelegenheit
die Hauptsache bleiben müssen. Nach Erwägung
aller bisher besprochenen Umstände und nach
Prüfung des architektonischen Bestandes des
Baues möchte der Unterzeichnete nun folgenden
Vorschlag der öffentlichen Diskussion unterbreiten;
es sei dabei ausgesprochen, daß die Erinnerung
an den starken Stimmungsreiz von Adolf Hilde-
brands Hubertustempel in München dem Unter-
zeichneten seinen Vorschlag suggeriert hat.
Man entferne die dünnen Ziegelmauern in den
dreibögigen Arkaden der Seitenfassaden (nach
der Via Calzajuoli hin muß der Bau ge-
schlossen bleiben) und verschließe sie mit
einem dünnstäbigen Gitter, belasse die Portale
Niccolos di Piero und ersetze die Holztüren
ebenfalls durch Gittertore. Es wird alsdann
eine Innenwirkung von ähnlicher Art entstehen,
wie sie jene Hildebrandsche Schöpfung fühlen
453
stand ihm bieten werden, welcher im alten Sitz
des Museums eine ästhetisch wirksame Auf-
stellung der etruskischen Gräber z. B. gestattete.
Er verlangt vielmehr, daß die antiken Skulp-
turen der Uffizien, zum großen Teil aus deko-
rativen und künstlerisch nicht sehr hochstehenden
Arbeiten bestehend, ebenfalls ins Archäologische
Museum gebracht werden, wo ihre Aufstellung
in freier Luft und doch an geschützter Stelle
möglich ist. Auch für eine rekonstruktive Auf-
stellung der Niobiden sei im Museo Archeolo-
gico ein vorzüglich geeigneter Raum vorhanden.
Zugunsten der Milanischen Vorschläge scheint
mir auch zu sprechen, daß eine Zusammenlegung
von antiken und Renaissance-Skulpturen in
ein Museum kein erwünschter Zustand ist. Bei
allem Nachstreben der Renaissance zu antiken
Form-Idealen ist der Gegensatz zwischen den
Schöpfungen beider Epochen doch ein zu
großer, als daß eine Vereinigung ein harmoni-
sches Ganzes schaffen könnte.
Ein Kunstgewerbe-Museum ist allerdings eine
außerordentlich dringende Notwendigkeit für
Italien. Die alte Mißachtung der vergangegen
Generation italienischer Kunstfreunde, welche ein
Museum durch Erzeugnisse des Gewerbes
entwürdigt zu sehen glaubte, hat Italien ver-
hindert, rechtzeitig zu sammeln, was jetzt der
Stolz vieler ausländischer Museen ist: die Er-
zeugnisse des italienischen Kunstgewerbes der
Renaissance. Gegenwärtig ist der Kampf um
sie ein so heißer, daß erstklassige Möbel und
Rahmen Preise erzielen, welche sich denen der
Bilder großer Meister nähern und sie werden
weiter steigen, weil überhaupt nur noch sehr
weniges vorhanden ist. Wenn ein Kunstgewerbe-
Museum in Florenz ins Leben gerufen werden
soll, so wird man sich beeilen müssen, für seinen
Inhalt zu sorgen; allerdings bildet der jetzige
Bestand des Bargello einen immerhin recht an-
sehnlichen Grundstock.
Die Florentiner Gemeindeverwaltung, Hüterin
eines großartigen, künstlerischen Erbes hat vor
einiger Zeit eine Kommission, in der übrigens
auch das Ausland durch Robert Davidsohn und
Bernhard Berenson vertreten ist, als Beirat für
künstlerische Angelegenheiten eingesetzt. Eine
der ersten Fragen, mit welcher diese Kommission
sich zu beschäftigen hat, ist die einer Öffnung
der Bogen von Or San Michele. Gegenwärtig führen
zwei große Portale von der Seite des Gebäudes der
Orte della Lana ins Innere des Oratoriums, aber
einst, wenn auch nur eine kurze Zeit lang, war
das Obergeschoß von allen Seiten offen, bildete
eine Loggia, welche als Kornmarkt diente und
gleichzeitig der Verehrung der Jungfrau eine
Stätte bot.
Dieser Zustand blieb aber nur seit der Zeit des
Baubeginnes im Jahre 1339 bis etwa zum Jahre 1380
bestehen. Die weiten offenen Bogen hatte man
zum Teil schon seit 1366 durch Einbau der zier-
lichen dreibogigen von Balustraden getragenen
Schmuckordnung, von welcher nur der Mittel-
bogen als Zugang bis zur Erde offen blieb,
ihres ursprünglichen Charakters entkleidet. Nach
ihrer Vollendung muß der Eindruck des Ge-
bäudes von einer äußerst liebenswürdigen Heiter-
keit gewesen sein. Kaum aber waren alleBogenin
dieser Weise umgestaltet, als man sie auch schon
völlig durch eine dünne Ziegelvermauerung schloß
und nur die Lünetten als Lichtquelle offen ließ.
Das was im Jahre 1380 geschehen war, hat nun
jahrhundertelang keinerlei Kritik erlitten. Seit
einigen Jahrzehnten aber wird die Frage immer
wieder diskutiert, ob nicht die dünnen Ziegel-
mauern zwischen den feinen Torfenster-Pfosten
entfernt werden sollen. Sie machen zweifellos
einen zufälligen mit der baulichen Idee des
ganzen unzusammenhängenden Eindruck.
Öffnete man aber die Arkaden so würde
man in die Lage kommen einen von zwei Seiten
offenen Raum auf einer dritten Seite durch
Türen zu schließen, was natürlich eine Ungeheuer-
lichkeit wäre. Diese Portale aber zu entfernen,
welche in den ersten Jahren des Quattrocento
Niccolö di Piero schuf, das wird niemand im
Ernst verlangen wollen.
Möchte die Frage, wie sie bisher angeschaut
wurde, im Grunde keine Frage sein, so wird
doch von einem anderen Gesichtspunkt aus, das
Problem eine andere Gestalt erhalten. Der
jetzige Zustand schafft im Innern der Kirche
eine Dunkelheit, die namentlich das kostbare Mar-
mortabernakel Orcagnas dem Genießen des Be-
schauers verschließt. Licht zu erhalten ist eine
Notwendigkeit, das wird bei der Angelegenheit
die Hauptsache bleiben müssen. Nach Erwägung
aller bisher besprochenen Umstände und nach
Prüfung des architektonischen Bestandes des
Baues möchte der Unterzeichnete nun folgenden
Vorschlag der öffentlichen Diskussion unterbreiten;
es sei dabei ausgesprochen, daß die Erinnerung
an den starken Stimmungsreiz von Adolf Hilde-
brands Hubertustempel in München dem Unter-
zeichneten seinen Vorschlag suggeriert hat.
Man entferne die dünnen Ziegelmauern in den
dreibögigen Arkaden der Seitenfassaden (nach
der Via Calzajuoli hin muß der Bau ge-
schlossen bleiben) und verschließe sie mit
einem dünnstäbigen Gitter, belasse die Portale
Niccolos di Piero und ersetze die Holztüren
ebenfalls durch Gittertore. Es wird alsdann
eine Innenwirkung von ähnlicher Art entstehen,
wie sie jene Hildebrandsche Schöpfung fühlen