456 Monatshefte für Kunstwissenschaft
fragt sich, ob die Vermehrung solcher Schulen
großen Segen bringen wird, und ob es nicht
besser wäre, wenn einmal größere Summen
verwandt würden um die französischen Provinz-
museen etwas besser zu verwalten. Der junge
französische Künstler wird, wie die Verhältnisse
einmal liegen, immer nach Paris streben, es ist
das der große Zug und zugleich der Fluch des
französischen Kunstlebens, und Bildungsanstalten
für Zeichenlehrer gibt es ohnehin schon genug.
Doch welche Fülle von künstlerischen Anregun-
gen könnten die Provinzmuseen bieten, wenn
sie besser verwaltet würden. Jede neue Ferien-
reise enthüllt neue Schätze und neue Sorglosig-
keit in ihrer Verwaltung: vielfach sind die Bil-
der in alten, ungeeigneten, oft den Bildern ge-
fährlichen Lokalen zusammengepfercht, wahllos
hängen die wertvollsten Stücke neben schlimm-
stem Kitsch: was für ein Museum wäre zum
Beispiel aus den Schätzen des Museums in
Avignon zu machen, das herrliche primitive
Bilder und eines der schönsten Werke von David,
den Tod des jungen Bara, birgt! Aber so hängt
alles wirr aufeinander, an den bescheidensten
wissenschaftlichen Hilfsmitteln fehlt es: mit taras-
konesischer Beredsamkeit und Tränen im Auge
versichert der Concierge, daß der Katalog seit
Jahren vergriffen ist. In dem ausgegezeichnet
verwalteten und gut geordneten Museum von
Dijon stammt der ausführliche Katalog vom
Jahre 1883, niemand ist auf den Einfall ge-
kommen, daß man durch Einheftung einiger
Nachtragsblätter dem Kunstfreund den größten
Gefallen erwiesen hätte. Kaum eine Sammlung
kümmert sich darum, systematische streng wissen-
schaftliche Kataloge ausarbeiten oder systema-
tisch photographieren zu lassen. Überall fehlt
es an Geld und an Initiative. So viel in der
letzten Zeit auf diesem Gebiet auch getan
wurde, ebensoviel bleibt, besonders was die
Inventarierung der Kunstschätze anbetrifft, noch
zu tun, es wäre wünschenswert wenn die Opfer-
willigkeit der Kunstfreunde sich diesem Gebiete
etwas zuwenden würde. Schade um die zwei
Millionen für die Kunstschule in Grenoble!
Anders ist es, wenn die Gründung einer
Unterrichtsanstalt eine schonvorhandene, äußerst
rührige Kunsttätigkeit noch unterstützen soll,
wie dies bei einem Projekt der Gründung einer
Kunstgewerbeschule in Nancy der Fall ist. Man
mag über den Stil der Majorelle, der Gallet usw.
denken wie man will, es läßt sich nicht leugnen,
daß Nancy die einzige Stadt Frankreichs ist,
in der auf kunstgewerblichem Gebiet wirklich
reges und intensives Leben herrscht; so ist der
Plan zur Gründung einer Kunstgewerbesdiule
in Nancy, der kürzlich der französischen Kammer
vorgelegt wurde als überaus richtig und nütz-
lich zu bezeichnen.
Die Universität Grenoble hat eine neue
Unterrichtsanstalt geschaffen: ein Institut fran-
^ais in Florenz, das allen Gelehrten und
Freunden der Wissenschaft die Mittel zum Stu-
dium und zur Vertiefung des Beobachteten ge-
währen soll, wie ja auch u. a. Deutschland ähn-
liche Einrichtungen in Florenz und Rom besitzt.
Es ist erfreulich, daß es gerade eine Provinzial-
universität war, die diese dankenswerte Initia-
tive ergriffen hat.
Die französischen Museen haben in dem
vergangenen Monat nur geringe Bereicherungen
erfahren. Der bereits erwähnte vom Louvre
erworbene Dornauszieher ist eine sehr feine
Bronze, ein Werk der paduanischen Schule um
1450. Die Sammlung der griechischen Antiqui-
täten hat durch die jetzt vollendete Neuauf-
stellung gewonnen, zweifelhafte Stücke wurden
entfernt und zwei Schränke mit kleinen Marmor-
werken besser als bisher zur Geltung gebracht.
Die ostasiatischen Sammlungen erhielten als
Geschenk eine Anzahl Gräberfunde aus Hönan:
eine Anzahl Gipsskulpturen und Vasen, die von
dem Professor Chavannes auf einer chinesischen
Studienreise erworben wurden. Das Museum
in Dijon hat dieser Tage die Säle, welche die
Sammlung Grangier enthalten, eröffnet, die eine
Anzahl wertvoller kunstgewerblicher Arbeiten
und interessanter Bilder, aber auch manches
zweifelhafte Stück enthält. Sehr erfreulich ist
die Energie mit der das Museum von Mar-
seiile seine schöne Sammlung von Werken
Pugets zu vermehren sucht. Nachdem schon im
Jahre 1899 der Sammler Emile Ricard eine wich-
tige Sammlung von Werken des großen süd-
französischen Bildhauers geschenkt hatte, hat
der Magistrat von Genua vor kurzem gestattet
Gipsabgüsse von den wichtigen Werken Pugets
zu machen, die sich in Genua befinden und dort
in den Jahren 1661—1667 entstanden waren: es
sind dies der großzügige Sebastian und die
verzückte Gestalt des hl. Ambrosius in der Ca-
rignan-Kirche, die Empfängnis Mariä im Albergo
de' poveri und die Jungfrau Maria aus dem Ora-
torium San Philippo de' Neri. Es ist das Ver-
dienst des Konservators Auguier, in diesem
Saal der Puget eine für Marseille ebenso cha-
rakteristische und anziehende Sammlung, aus-
zubauen, wie wir in Dijon immer wieder durch
die Prud'hons und Rude, in St. Quentin durch
die Latours angezogen werden. Durch die Trennung
von Kirche und Staat sind viele kostbare Kunst-
werke in alle Winde zerstreut worden, nur
weniges ist für den Staat gerettet worden: so
hat kürzlich der Staat einen mit Tapisserien
fragt sich, ob die Vermehrung solcher Schulen
großen Segen bringen wird, und ob es nicht
besser wäre, wenn einmal größere Summen
verwandt würden um die französischen Provinz-
museen etwas besser zu verwalten. Der junge
französische Künstler wird, wie die Verhältnisse
einmal liegen, immer nach Paris streben, es ist
das der große Zug und zugleich der Fluch des
französischen Kunstlebens, und Bildungsanstalten
für Zeichenlehrer gibt es ohnehin schon genug.
Doch welche Fülle von künstlerischen Anregun-
gen könnten die Provinzmuseen bieten, wenn
sie besser verwaltet würden. Jede neue Ferien-
reise enthüllt neue Schätze und neue Sorglosig-
keit in ihrer Verwaltung: vielfach sind die Bil-
der in alten, ungeeigneten, oft den Bildern ge-
fährlichen Lokalen zusammengepfercht, wahllos
hängen die wertvollsten Stücke neben schlimm-
stem Kitsch: was für ein Museum wäre zum
Beispiel aus den Schätzen des Museums in
Avignon zu machen, das herrliche primitive
Bilder und eines der schönsten Werke von David,
den Tod des jungen Bara, birgt! Aber so hängt
alles wirr aufeinander, an den bescheidensten
wissenschaftlichen Hilfsmitteln fehlt es: mit taras-
konesischer Beredsamkeit und Tränen im Auge
versichert der Concierge, daß der Katalog seit
Jahren vergriffen ist. In dem ausgegezeichnet
verwalteten und gut geordneten Museum von
Dijon stammt der ausführliche Katalog vom
Jahre 1883, niemand ist auf den Einfall ge-
kommen, daß man durch Einheftung einiger
Nachtragsblätter dem Kunstfreund den größten
Gefallen erwiesen hätte. Kaum eine Sammlung
kümmert sich darum, systematische streng wissen-
schaftliche Kataloge ausarbeiten oder systema-
tisch photographieren zu lassen. Überall fehlt
es an Geld und an Initiative. So viel in der
letzten Zeit auf diesem Gebiet auch getan
wurde, ebensoviel bleibt, besonders was die
Inventarierung der Kunstschätze anbetrifft, noch
zu tun, es wäre wünschenswert wenn die Opfer-
willigkeit der Kunstfreunde sich diesem Gebiete
etwas zuwenden würde. Schade um die zwei
Millionen für die Kunstschule in Grenoble!
Anders ist es, wenn die Gründung einer
Unterrichtsanstalt eine schonvorhandene, äußerst
rührige Kunsttätigkeit noch unterstützen soll,
wie dies bei einem Projekt der Gründung einer
Kunstgewerbeschule in Nancy der Fall ist. Man
mag über den Stil der Majorelle, der Gallet usw.
denken wie man will, es läßt sich nicht leugnen,
daß Nancy die einzige Stadt Frankreichs ist,
in der auf kunstgewerblichem Gebiet wirklich
reges und intensives Leben herrscht; so ist der
Plan zur Gründung einer Kunstgewerbesdiule
in Nancy, der kürzlich der französischen Kammer
vorgelegt wurde als überaus richtig und nütz-
lich zu bezeichnen.
Die Universität Grenoble hat eine neue
Unterrichtsanstalt geschaffen: ein Institut fran-
^ais in Florenz, das allen Gelehrten und
Freunden der Wissenschaft die Mittel zum Stu-
dium und zur Vertiefung des Beobachteten ge-
währen soll, wie ja auch u. a. Deutschland ähn-
liche Einrichtungen in Florenz und Rom besitzt.
Es ist erfreulich, daß es gerade eine Provinzial-
universität war, die diese dankenswerte Initia-
tive ergriffen hat.
Die französischen Museen haben in dem
vergangenen Monat nur geringe Bereicherungen
erfahren. Der bereits erwähnte vom Louvre
erworbene Dornauszieher ist eine sehr feine
Bronze, ein Werk der paduanischen Schule um
1450. Die Sammlung der griechischen Antiqui-
täten hat durch die jetzt vollendete Neuauf-
stellung gewonnen, zweifelhafte Stücke wurden
entfernt und zwei Schränke mit kleinen Marmor-
werken besser als bisher zur Geltung gebracht.
Die ostasiatischen Sammlungen erhielten als
Geschenk eine Anzahl Gräberfunde aus Hönan:
eine Anzahl Gipsskulpturen und Vasen, die von
dem Professor Chavannes auf einer chinesischen
Studienreise erworben wurden. Das Museum
in Dijon hat dieser Tage die Säle, welche die
Sammlung Grangier enthalten, eröffnet, die eine
Anzahl wertvoller kunstgewerblicher Arbeiten
und interessanter Bilder, aber auch manches
zweifelhafte Stück enthält. Sehr erfreulich ist
die Energie mit der das Museum von Mar-
seiile seine schöne Sammlung von Werken
Pugets zu vermehren sucht. Nachdem schon im
Jahre 1899 der Sammler Emile Ricard eine wich-
tige Sammlung von Werken des großen süd-
französischen Bildhauers geschenkt hatte, hat
der Magistrat von Genua vor kurzem gestattet
Gipsabgüsse von den wichtigen Werken Pugets
zu machen, die sich in Genua befinden und dort
in den Jahren 1661—1667 entstanden waren: es
sind dies der großzügige Sebastian und die
verzückte Gestalt des hl. Ambrosius in der Ca-
rignan-Kirche, die Empfängnis Mariä im Albergo
de' poveri und die Jungfrau Maria aus dem Ora-
torium San Philippo de' Neri. Es ist das Ver-
dienst des Konservators Auguier, in diesem
Saal der Puget eine für Marseille ebenso cha-
rakteristische und anziehende Sammlung, aus-
zubauen, wie wir in Dijon immer wieder durch
die Prud'hons und Rude, in St. Quentin durch
die Latours angezogen werden. Durch die Trennung
von Kirche und Staat sind viele kostbare Kunst-
werke in alle Winde zerstreut worden, nur
weniges ist für den Staat gerettet worden: so
hat kürzlich der Staat einen mit Tapisserien