Rundschau
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von Beauvais geschmückten Salon (zwei Ber-
geren, 12 Sessel und zwei Stellschirme) zurück-
genommen, die der König gegen 1723 dem
bischöflichen Palais von Beauvais geschenkt
hatte. Sie sind gegen 1720 entstanden und
stellen Fabelszenen nadi Oudry dar. Ihr Wert
wurde s. Zt. auf ca. 8000 Franken geschätzt,
heute sind dem Staate von einem Antiquar
400000 Franken geboten worden, doch man
zieht vor die Salons des Senates mit diesen kost-
baren Möbeln zu schmücken.
Aus Versailles ist allerlei erfreuliches zu
melden: Der Konservator de Nolhac hat eine
Serie von dreizehn prachtvollen Tapisserien aus
der Manufaktur der Gobelins wie der für Ver-
sailles aus den Depots des Garde-meuble zurück-
erworben. Diese Wandteppiche stellen die Ge-
schichte Ludwigs des XIV dar und waren ur-
sprünglich für Versailles bestimmt gewesen.
Jetzt sind sie wieder in den Wohnräumen der
Königin und in den Salons der Minerva und
des Apollo aufgehängt. — Schon seit langer
Zeit war ein lebhaftes Bedürfnis nach einer
„Gesellschaft der Freunde von Versailles" vor-
handen, die den Konservator des Museums in
seinen Ankäufen unterstützen und zugleich die
Erhaltung der Baudenkmäler und Gärten über-
wachen kann. Diese letztere delikate Aufgabe
untersteht leider nicht dem Konservator de
Nolhac sondern den Architekten des Schlosses,
die schon mancherlei verrestauriert haben. Die
Namen der führenden Mitglieder der neuen
Gesellschaft (u. a. Henry Marcel, Raymond Koech-
lin, Andre Perate, Pierre de Nolhac, Alexis
Rouart) sind eine Gewähr dafür, daß sie ver-
ständnisvoll ihres Amtes walten wird. Eine
Gruppe von Mitgliedern der Vereinigung hat
dem Museum bereits ein sehr interessantes
Werk des künstlerisch und kulturhistorisch so
interessanten Malers Eugene Lami überwiesen,
das den Empfang der Königin Victoria von
England durch Louis Philippe in Treport dar-
stellt.
Überall nehmen die Attentate des moder-
nen Utilitarismus gegen alte Baudenkmale
und künstlerische Stadtbilder überhand. Noch
unter dem zweiten Kaiserreich waren sich die
führenden Architekten ihrer Pflicht bewußt, an
Stelle des der Notwendigkeit zum Opfer ge-
fallenen Alten etwas künstlerisch groß gedachtes
zu setzen. So entstanden die großen, monu-
mental gehaltenen Straßenzüge um Garniers
Oper, deren einheitlicher Charakter durch strenge,
auch heute noch gültige Gesetze gewahrt wer-
den sollte. Heute erheben sich in der rue de
Rivoli, in den Champs Elysees, und auf dem
Boulevard des Capucines die geschmacklosen
den Häuserblock überragenden Steinmassen
amerikanischer Hotels und Versicherungsgebäude,
für die die meist ungesetzliche; Bauerlaubnis
mit mehr oder weniger unlauteren Mitteln er-
langt wurde, endlich beginnt man sich im Pa-
riser Gemeinderat der Gemeingefährlichkeit die-
ses nutzlosen Vandalismus bewußt zu werden
und man will versuchen, wenigstens die offen-
baren Ungesetzlichkeiten zu verhüten, wie die
Zerstörung des einheitlichen Garniersdien Planes
für die Umgebung der Oper. Die „Kommission
für das alte Paris" im Pariser Gemeinderat hat
ebenfalls Einspruch erhoben gegen das allzu
umstürzlerische Umbauobjekt des alten Hotel
Colbert, der alten Medizinschule, in der rue de
la Bücherie, in der die Associations des Etu-
diants untergebracht werden sollte. — Wir
haben bereits von den verschiedenen Protesten
gesprochen, die sich gegen die kommerzielle
Ausbeutung der Wunderinsel des Mont-Saint
Michel erhoben haben. Es ist jetzt eine Be-
wegung im Gange die erstrebt, den ganzen Mont
als „monument historique" zu schützen, damit
der widerlichen Bausucht der Hoteliers Poulard
und Genossen endlich Einhalt geboten werden
kann. Ähnliche Roheiten werden aus dem
alten, berühmten Städtchen Baux in der Pro-
vence gemeldet, wo gewissenlose Bauunter-
nehmer sich nicht gescheut haben, die staatlich
geschützten Baudenkmale als Steinbrüche zu
benutzen. In Avignon ist der alte Palast der
Päpste nun endlich von seiner Funktion als
Kaserne entbunden, nachdem Pitou und Duma-
net jahrelang die alten Steine dieses mächtigen
Baus mit ihren Witzen beschmiert und intelli-
gente Amateure aus den Fresken Simone Mar-
tinis und Matteos di Giovanetto die schönsten
Köpfe dieser edlen Gestalten herausgeschnitten
haben, die den von Norden Kommenden zuerst
die hehre Majestät südlicher Kunst predigen.
Auch in Villeneuve bei Avignon, dessen Hos-
piz die herrlichsten Werke der provenzalischen
primitiven Kunst birgt, hat der Staat in dem
phantastischen Wirrsaal der Kartause eine Ka-
pelle mit italienischen trecentistischen Fresken
erworben. Es ist erfreulich zu sehen, wie da
gerettet wird was noch zu retten ist. In Dijon
restauriert man im Palast der Stände von Bur-
gund den schönen, zwischen 1776 und 1780
nach den Plänen von Dumorey und Gauthez
errichteten Festsaal, der zu einem der Prunk-
stücke des XVIII. Jahrhunderts gehört.
An archäologischen Entdeckungen wird
die Auffindung eines großen byzantinischen
Mosaiks im Timgad (Algerien) gemeldet. Das-
selbe stellt eine Venus Anadyomene dar, die
von einem Tritonen und einer Nereide geleitet
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von Beauvais geschmückten Salon (zwei Ber-
geren, 12 Sessel und zwei Stellschirme) zurück-
genommen, die der König gegen 1723 dem
bischöflichen Palais von Beauvais geschenkt
hatte. Sie sind gegen 1720 entstanden und
stellen Fabelszenen nadi Oudry dar. Ihr Wert
wurde s. Zt. auf ca. 8000 Franken geschätzt,
heute sind dem Staate von einem Antiquar
400000 Franken geboten worden, doch man
zieht vor die Salons des Senates mit diesen kost-
baren Möbeln zu schmücken.
Aus Versailles ist allerlei erfreuliches zu
melden: Der Konservator de Nolhac hat eine
Serie von dreizehn prachtvollen Tapisserien aus
der Manufaktur der Gobelins wie der für Ver-
sailles aus den Depots des Garde-meuble zurück-
erworben. Diese Wandteppiche stellen die Ge-
schichte Ludwigs des XIV dar und waren ur-
sprünglich für Versailles bestimmt gewesen.
Jetzt sind sie wieder in den Wohnräumen der
Königin und in den Salons der Minerva und
des Apollo aufgehängt. — Schon seit langer
Zeit war ein lebhaftes Bedürfnis nach einer
„Gesellschaft der Freunde von Versailles" vor-
handen, die den Konservator des Museums in
seinen Ankäufen unterstützen und zugleich die
Erhaltung der Baudenkmäler und Gärten über-
wachen kann. Diese letztere delikate Aufgabe
untersteht leider nicht dem Konservator de
Nolhac sondern den Architekten des Schlosses,
die schon mancherlei verrestauriert haben. Die
Namen der führenden Mitglieder der neuen
Gesellschaft (u. a. Henry Marcel, Raymond Koech-
lin, Andre Perate, Pierre de Nolhac, Alexis
Rouart) sind eine Gewähr dafür, daß sie ver-
ständnisvoll ihres Amtes walten wird. Eine
Gruppe von Mitgliedern der Vereinigung hat
dem Museum bereits ein sehr interessantes
Werk des künstlerisch und kulturhistorisch so
interessanten Malers Eugene Lami überwiesen,
das den Empfang der Königin Victoria von
England durch Louis Philippe in Treport dar-
stellt.
Überall nehmen die Attentate des moder-
nen Utilitarismus gegen alte Baudenkmale
und künstlerische Stadtbilder überhand. Noch
unter dem zweiten Kaiserreich waren sich die
führenden Architekten ihrer Pflicht bewußt, an
Stelle des der Notwendigkeit zum Opfer ge-
fallenen Alten etwas künstlerisch groß gedachtes
zu setzen. So entstanden die großen, monu-
mental gehaltenen Straßenzüge um Garniers
Oper, deren einheitlicher Charakter durch strenge,
auch heute noch gültige Gesetze gewahrt wer-
den sollte. Heute erheben sich in der rue de
Rivoli, in den Champs Elysees, und auf dem
Boulevard des Capucines die geschmacklosen
den Häuserblock überragenden Steinmassen
amerikanischer Hotels und Versicherungsgebäude,
für die die meist ungesetzliche; Bauerlaubnis
mit mehr oder weniger unlauteren Mitteln er-
langt wurde, endlich beginnt man sich im Pa-
riser Gemeinderat der Gemeingefährlichkeit die-
ses nutzlosen Vandalismus bewußt zu werden
und man will versuchen, wenigstens die offen-
baren Ungesetzlichkeiten zu verhüten, wie die
Zerstörung des einheitlichen Garniersdien Planes
für die Umgebung der Oper. Die „Kommission
für das alte Paris" im Pariser Gemeinderat hat
ebenfalls Einspruch erhoben gegen das allzu
umstürzlerische Umbauobjekt des alten Hotel
Colbert, der alten Medizinschule, in der rue de
la Bücherie, in der die Associations des Etu-
diants untergebracht werden sollte. — Wir
haben bereits von den verschiedenen Protesten
gesprochen, die sich gegen die kommerzielle
Ausbeutung der Wunderinsel des Mont-Saint
Michel erhoben haben. Es ist jetzt eine Be-
wegung im Gange die erstrebt, den ganzen Mont
als „monument historique" zu schützen, damit
der widerlichen Bausucht der Hoteliers Poulard
und Genossen endlich Einhalt geboten werden
kann. Ähnliche Roheiten werden aus dem
alten, berühmten Städtchen Baux in der Pro-
vence gemeldet, wo gewissenlose Bauunter-
nehmer sich nicht gescheut haben, die staatlich
geschützten Baudenkmale als Steinbrüche zu
benutzen. In Avignon ist der alte Palast der
Päpste nun endlich von seiner Funktion als
Kaserne entbunden, nachdem Pitou und Duma-
net jahrelang die alten Steine dieses mächtigen
Baus mit ihren Witzen beschmiert und intelli-
gente Amateure aus den Fresken Simone Mar-
tinis und Matteos di Giovanetto die schönsten
Köpfe dieser edlen Gestalten herausgeschnitten
haben, die den von Norden Kommenden zuerst
die hehre Majestät südlicher Kunst predigen.
Auch in Villeneuve bei Avignon, dessen Hos-
piz die herrlichsten Werke der provenzalischen
primitiven Kunst birgt, hat der Staat in dem
phantastischen Wirrsaal der Kartause eine Ka-
pelle mit italienischen trecentistischen Fresken
erworben. Es ist erfreulich zu sehen, wie da
gerettet wird was noch zu retten ist. In Dijon
restauriert man im Palast der Stände von Bur-
gund den schönen, zwischen 1776 und 1780
nach den Plänen von Dumorey und Gauthez
errichteten Festsaal, der zu einem der Prunk-
stücke des XVIII. Jahrhunderts gehört.
An archäologischen Entdeckungen wird
die Auffindung eines großen byzantinischen
Mosaiks im Timgad (Algerien) gemeldet. Das-
selbe stellt eine Venus Anadyomene dar, die
von einem Tritonen und einer Nereide geleitet
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