Literatur
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Buch einen trefflichen Einblick in die merk-
würdige Entwicklung Berlins. Mit schnell und
sicher gezeichneten Strichen führt uns der Ver-
fasser auf jedem einzelnen Gebiete durch die
Jahrhunderte hindurch und wir lernen den merk-
würdigen Werdegang der jüngsten unter den
modernen Weltstädten mit weit weniger Auf-
wand an Zeit und Mühe verstehen, als dies bis-
her durch einzelne Handbücher über besondere
Spezialgebiete aus der Geschichte und der Kultur
Berlins möglich war. Der Buchschmuck von
Meinhard Jacoby geht glücklich auf die Schil-
derung Berlins und mancher charakteristischer
Typen des Berliner Lebens ein, so daß auch die
künstlerische Ausstattung das ihrige dazu bei-
trägt, das Gesamtbild, das uns Öttingens Arbeit
darbietet, in gefälliger Weise abzurunden.
Georg Voß.
€
Jos. Aug. Beringer: „Kurpfälzische
Kunst und Kultur im 18. Jahrhundert." In
der Sammlung: „Baden. Seine Kunst und Kul-
tur." Im Auftrage der Vereinigung: Heimatliche
Kunstpflege, Karlsruhe, herausg. von Albert
Geiger. J.Bielefelds Verlag Freiburg (Baden) 1907.
Nachdem der Verfasser uns schon vor einigen
Jahren mit seinem Buch über den belgischen,
in Mannheim als Akademiedirektor wirkenden
und gestorbenen Bildhauer Verschaffelt einen
wichtigen Beitrag zur Kunstgeschichte des
18. Jahrhunderts geschenkt hat, faßt er in
der vorliegenden Darstellung seine genauen
Kenntnisse vornehmlich der pfälzischen Ver-
hältnisse zur Zeit der Fürstenkultur zu einem
ungemein anschaulichen, ja geistvoll entwor-
fenen Bilde zusammen. Erscheint uns die Kur-
pfalz für diese Kultur als ein besonders typisches
Beispiel, so vermögen wir mit Beringer doch
eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten des
geistigen, kulturellen und künstlerischen Lebens
zu erblicken, die er zum ersten Male im Zu-
sammenhänge darstellt, so daß der kurzen Schil-
derung. und lebendig populären Darstellung auch
für den Kunsthistoriker einige wertvolle Angaben
zu entnehmen sind. Abgesehen von den
großen Schloß- und anderen Monumental-
bauten in Mannheim und Schwetzingen, die
Beringer natürlich behandelt, vermag er einen
eigenen Typus des Mannheimer Wohnhauses
nachzuweisen, der in die Geschichte der
bürgerlichen Architektur aufzunehmen ist. Er
macht darauf aufmerksam, wie niederländische,
hugenottische und dann französische Einflüsse,
infolge von Einwanderungen oder sonstigen
politisch - kulturellen Beziehungen, sich hier
einfinden und betätigen. Zusammen mit der Bau-
kunst wurden Bildhauerei, Eisenarbeit und
Schreinerei in eigenartiger Weise vorzüglich
gepflegt. Noch heute zeugen manche Arbeiten
dieser Art in Mannheim und anderen Orten der
Pfalz von dieser Tätigkeit. In diesem Zusam-
menhang möchte der Schreiber dieses Referates
auch auf die vielen Madonnenstatuen aufmerk-
sam machen, die ähnlich den, von Beringer
kurz gestreiften Heiligenstatuen in Mannheim,
in Heidelberg an vielen ersten Etagen alter
Häuser, namentlich an den Straßenecken, meist
in Muschelnischen angebracht zu sehen sind,
darunter ganz anmutige Leistungen. Es hat fast
den Anschein, als ob, trotz aller kriegerisdien
Zwischenfälle, von denen gerade dieses arme
Land heimgesucht gewesen, noch immer eine
gute alte Bildhauer- und Steinmetzen-Tradition,
jedenfalls recht viel Sinn für dergleichen Arbeiten
und Schmuck, von den Zeiten des Ottoheinrich-
und des Friedrichbaues her, sich hier erhalten
hat. Denn auf die Tätigkeit und Einwirkung
der z. T. bedeutenden ausländischen, französi-
schen, italienischen und belgischen, vornehmlich
in Schwetzingen beschäftigten Meister allein
sind diese, auffallend häufigen und hübschen,
wenn auch nicht großen Werke nicht zurückzu-
führen. Ähnliches gilt von den schmiedeeisernen
Arbeiten. Die prächtigen Tore an der Mann-
heimer Jesuitenkirche, von dem einheimischen
Schlossermeister Phil. Reinh. Sieber ausgeführt,
gehören zum Schönsten, was die Rokokokunst
in dieser Art hervorgebracht hat und halten als
kunstgewerbliche Leistungen sehr wohl den
Vergleich mit den berühmten Gittertüren der
Würzburger Residenz aus. Welche Rolle das
Frankentaler Porzellan gespielt hat, ist bekannt.
Für die Geschichte des Kupferstiches liefert
Beringer in dem knappen Abschnitt über die
graphische Kunst einen kleinen Beitrag. Ist doch
der „Mannheimer Kupferstich" eine inhaltsvolle
Mappe für sich. Es sind bloß allgemeine An-
deutungen, die Beringer in dem Rahmen dieser
Arbeit naturgemäß hat geben können nach diesen
und anderen Richtungen. Indessen sie bedeuten
auch für den Kunsthistoriker wertvolle Finger-
le- Alfred Peltzer.
Deutsche Kunst in Lichtbildern. Ein
Katalog, zugleich ein Kompendium für den Unter-
richt in der Kunstgeschichte, bearbeitet von Dr.
F. Stödtner. Berlin 1908.
In einem 14000 Lichtbilder umfassenden Kata-
log führt uns Dr. Stödtner hier die deutsche
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Buch einen trefflichen Einblick in die merk-
würdige Entwicklung Berlins. Mit schnell und
sicher gezeichneten Strichen führt uns der Ver-
fasser auf jedem einzelnen Gebiete durch die
Jahrhunderte hindurch und wir lernen den merk-
würdigen Werdegang der jüngsten unter den
modernen Weltstädten mit weit weniger Auf-
wand an Zeit und Mühe verstehen, als dies bis-
her durch einzelne Handbücher über besondere
Spezialgebiete aus der Geschichte und der Kultur
Berlins möglich war. Der Buchschmuck von
Meinhard Jacoby geht glücklich auf die Schil-
derung Berlins und mancher charakteristischer
Typen des Berliner Lebens ein, so daß auch die
künstlerische Ausstattung das ihrige dazu bei-
trägt, das Gesamtbild, das uns Öttingens Arbeit
darbietet, in gefälliger Weise abzurunden.
Georg Voß.
€
Jos. Aug. Beringer: „Kurpfälzische
Kunst und Kultur im 18. Jahrhundert." In
der Sammlung: „Baden. Seine Kunst und Kul-
tur." Im Auftrage der Vereinigung: Heimatliche
Kunstpflege, Karlsruhe, herausg. von Albert
Geiger. J.Bielefelds Verlag Freiburg (Baden) 1907.
Nachdem der Verfasser uns schon vor einigen
Jahren mit seinem Buch über den belgischen,
in Mannheim als Akademiedirektor wirkenden
und gestorbenen Bildhauer Verschaffelt einen
wichtigen Beitrag zur Kunstgeschichte des
18. Jahrhunderts geschenkt hat, faßt er in
der vorliegenden Darstellung seine genauen
Kenntnisse vornehmlich der pfälzischen Ver-
hältnisse zur Zeit der Fürstenkultur zu einem
ungemein anschaulichen, ja geistvoll entwor-
fenen Bilde zusammen. Erscheint uns die Kur-
pfalz für diese Kultur als ein besonders typisches
Beispiel, so vermögen wir mit Beringer doch
eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten des
geistigen, kulturellen und künstlerischen Lebens
zu erblicken, die er zum ersten Male im Zu-
sammenhänge darstellt, so daß der kurzen Schil-
derung. und lebendig populären Darstellung auch
für den Kunsthistoriker einige wertvolle Angaben
zu entnehmen sind. Abgesehen von den
großen Schloß- und anderen Monumental-
bauten in Mannheim und Schwetzingen, die
Beringer natürlich behandelt, vermag er einen
eigenen Typus des Mannheimer Wohnhauses
nachzuweisen, der in die Geschichte der
bürgerlichen Architektur aufzunehmen ist. Er
macht darauf aufmerksam, wie niederländische,
hugenottische und dann französische Einflüsse,
infolge von Einwanderungen oder sonstigen
politisch - kulturellen Beziehungen, sich hier
einfinden und betätigen. Zusammen mit der Bau-
kunst wurden Bildhauerei, Eisenarbeit und
Schreinerei in eigenartiger Weise vorzüglich
gepflegt. Noch heute zeugen manche Arbeiten
dieser Art in Mannheim und anderen Orten der
Pfalz von dieser Tätigkeit. In diesem Zusam-
menhang möchte der Schreiber dieses Referates
auch auf die vielen Madonnenstatuen aufmerk-
sam machen, die ähnlich den, von Beringer
kurz gestreiften Heiligenstatuen in Mannheim,
in Heidelberg an vielen ersten Etagen alter
Häuser, namentlich an den Straßenecken, meist
in Muschelnischen angebracht zu sehen sind,
darunter ganz anmutige Leistungen. Es hat fast
den Anschein, als ob, trotz aller kriegerisdien
Zwischenfälle, von denen gerade dieses arme
Land heimgesucht gewesen, noch immer eine
gute alte Bildhauer- und Steinmetzen-Tradition,
jedenfalls recht viel Sinn für dergleichen Arbeiten
und Schmuck, von den Zeiten des Ottoheinrich-
und des Friedrichbaues her, sich hier erhalten
hat. Denn auf die Tätigkeit und Einwirkung
der z. T. bedeutenden ausländischen, französi-
schen, italienischen und belgischen, vornehmlich
in Schwetzingen beschäftigten Meister allein
sind diese, auffallend häufigen und hübschen,
wenn auch nicht großen Werke nicht zurückzu-
führen. Ähnliches gilt von den schmiedeeisernen
Arbeiten. Die prächtigen Tore an der Mann-
heimer Jesuitenkirche, von dem einheimischen
Schlossermeister Phil. Reinh. Sieber ausgeführt,
gehören zum Schönsten, was die Rokokokunst
in dieser Art hervorgebracht hat und halten als
kunstgewerbliche Leistungen sehr wohl den
Vergleich mit den berühmten Gittertüren der
Würzburger Residenz aus. Welche Rolle das
Frankentaler Porzellan gespielt hat, ist bekannt.
Für die Geschichte des Kupferstiches liefert
Beringer in dem knappen Abschnitt über die
graphische Kunst einen kleinen Beitrag. Ist doch
der „Mannheimer Kupferstich" eine inhaltsvolle
Mappe für sich. Es sind bloß allgemeine An-
deutungen, die Beringer in dem Rahmen dieser
Arbeit naturgemäß hat geben können nach diesen
und anderen Richtungen. Indessen sie bedeuten
auch für den Kunsthistoriker wertvolle Finger-
le- Alfred Peltzer.
Deutsche Kunst in Lichtbildern. Ein
Katalog, zugleich ein Kompendium für den Unter-
richt in der Kunstgeschichte, bearbeitet von Dr.
F. Stödtner. Berlin 1908.
In einem 14000 Lichtbilder umfassenden Kata-
log führt uns Dr. Stödtner hier die deutsche
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