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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Suida, Wilhelm: Altsteirische Bilder im Landesmuseum "Johanneum" zu Graz
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0542

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

Meister der Veitslegende (R. F.), von dem er sich insbesondere beeinflußt zeigt.
Einige andere Beispiele dieser monumentalisierenden Bestrebungen in der stei-
rischen Malerei des beginnenden XVI. Jahrhunderts möchte ich wenigstens kurz nennen:
Es gehören hierher das leider teilweise zerstörte Fresko der Verspottung Christi an der
Außenseite des Grazer Doms, ferner die vier Flügelbilder auf Burg Kreutzenstein,
welche Exzellenz Graf Wilczek im Mürztal erwarb und mit tirolischen Skulpturen zu
dem Hochaltar der Burgkapelle verband. Auf den Flügeln sehen wir den heiligen
Andreas, miteinander St. Simon Zelotes und Judas Thaddäus (oder Jacobus d. J.),
Sebastian und Barbara, letztere vor brokatenem Vorhang mit schöner Landschaft darüber.
(Abbildung 7.) Im Grazer Museum aber befindet sich der aus dem Jahre 1513
stammende, mit Statuetten gezierte Altar aus St. Johann zu Dietmannsdorf, dessen
drei Hauptfelder die heiligen Johannes den Täufer, Nikolaus und Dionysius zeigen, den
wir im allgemeinen noch dieser Richtung beizählen möchten.
Von dem Meister des Talbergaltares zeigt sich dann auch jener Künstler beein-
flußt, der das Altarbild der Madonna mit den vierzehn Nothelfern (Landesgemäldegalerie
No. 10)1) schuf. (Abbildung 8.) Die allgemeine Anordnung entspricht dem Vorbilde, nur
durch die höhere Figurenzahl modifiziert. Gefällt uns seine naive Munterkeit, so können
wir doch die Plumpheit dieses provinziell beschränkten Malers nicht übersehen. Wir
haben hier einen Künstler vor uns, der sich gleichzeitigen niederösterreichischen Kunst-
produkten, wie etwa der Altartafel eines Herrn von Pottendorf auf der Burg Liechten-
stein bei Mödling nähert. Von dem Maler des Nothelferaltars dürfte das Porträt einer
Frau mit großer weißer Haube und einer Nelke in der Hand stammen, das sich ehe-
mals im Stifte Admont befand, und laut frommer Tradition für das Bildnis der hl.
Hemma, der Stifterin der Abteien Admont und Gurk (f 1045) gilt. (Abbildung 9.)
Dieses jedenfalls nach dem Leben gefertigte Frauenbildnis zeigt den Künstler von
einer besseren Seite als seine Heiligenidealtypen.2)
Eine andere Künstlerpersönlichkeit wohl aus der gleichen Zeit vom Beginne des
XVI. Jahrhunderts lernen wir in vier Tafeln der Landesgemäldegalerie kennen (No. 4,
5, 9 und 14); die Heimsuchung Mariä, die Anbetung der Könige (Abbildung 10),
Verkündigung und Geburt Christi. Anklänge an die tirolische Kunst fallen in ihnen auf.
Die nächsten datierten Bilder im Johanneum führen uns in das Jahr 1518. Es
sind zwei untereinander gänzlich verschiedene Werke. Eine große noch spitzbogig
abgeschlossene Tafel zeigt die Gestalt des hl. Martin zu Pferde, der mit dem Bettler seinen
Mantel teilt. Ob die darauf angebrachten Initialen J. A. diejenigen des Künstlers oder des
Donators sind, will ich mit Sicherheit nicht entscheiden. Gewiß aber scheint mir das
Bild der Augsburger Schule anzugehören. Mag man an des Jörg Breu d. Ä. Altar-

, Im Katalog steht; „Kölner Schule"; aber dann kam den Verfasser desselben doch ein
Grausen vor dieser Bestimmung an und er fügte keineswegs verbessernd „alte Kopie" hinzu.

2) J. Graus (Kirchenschmuck 1901) nimmt an, das Bild der Gräfin Hemma aus dem
Geschlechte der Grafen von Friesach-Zeltschach sei gemalt worden, als der Impuls zur Heilig-
sprechung der seligen Frau gegeben wurde. Hätte man sie da ohne religiöse Attribute mit
einem Blümchen in der Hand, ohne Hinweis auf ihre frommen Stiftungen, und ohne etwa durch
eine Strahlenglorie ihren seligen Stand anzudeuten, dargestellt?
 
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