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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0556

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

führbar. (Eine derartige Rekonstruktion ist be-
reits im vorigen Jahre ausgeführt worden, aller-
dings mit unzulänglichen malerisdien Kräften
und wenig gelungen; sie spräche darum noch
nicht unbedingt gegen einen solchen Versuch.
Indes wird sich ein talentvoller Maler, der die
unendlichen Mühen einer wissenschaftlich ein-
wandsfreien Rekonstruktion übernimmt, kaum
ein zweites Mal finden. Die erwähnte Kopie
wurde mit möglichster Exaktheit von dem be-
kannten Kupferstecher Stang — jetzt in Boppard
— gemalt.)
Ausstellungen. Einundzwanzig Bilder und an
vierzig Handzeichnungen von Goya waren im
Mai bei Cassirer ausgestellt; die nämliche von
Moll und Klossowski (für die Galerie Miethke)
zusammengebrachte Sammlung, die in Wien
soviel von sich reden madite. Man kann von
ihr fast dasselbe sagen wie von der Leiblaus-
stellung der Sezession; Sachen ersten Ranges
sind nicht darunter (außer bei den kolossalen
Zeichnungen), und die Anwesenheit von minder-
wertigen Porträts läßt das Bild des großen
Spaniers nicht ungetrübt wirken. Immerhin sind
einige Skizzen und die Porträts des Matadors
Romera, der Donna Bermudez (mit einem
wundervollen Flimmern von Blau und Grün), das
pastos wirkende Offiziersbildnis („Fluctibus rei
publicae expulsus" 1815), das impressionistische
Nachtstück eines von Häschern überraschten
Mädchens geeignet, die malerische Welt, das
tiefe Schwarz und leuchtende Kolorit des großen
Meisters kennen zu lernen.
Bei Schulte waren (im Mai) Bilder und
Plastiken von Charles Ricketts, Lithographien
und Bilder seines Schülers, des Amerikaners
Shannon ausgestellt. Der (vorläufig) letzte
Ausläufer des Präraffaelitentums, das, scheint
es, fortzeugend stets das Böse muß gebären;
bei Shannon schon vollkommen zu ledigen De-
korationen verflacht, bei Ricketts voll bizarrer
Originalität durch die Verbindung des dekora-
tiven Schwungs mit heftig empfundener Leiden-
schaftlichkeit der Darstellung. Weit günstiger
ist die Wirkung seiner intensiven Ausdrucks-
kunst bei den kleinen Bronzen, deren skizzen-
hafte Behandlung der dargestellten Leidenschaft
Vorschub leistet; gleichwie bei Shannon die
einfarbigen Steinzeichnungen (durch den Einfluß
Fantin-Latours) gegenüber den Ölbildern sehr
^winnen. P. F. Schmidt.

DARMSTADT =============
Man hatte mit Spannung, leider aber ver-
geblich erwartet, daß eine Reihe von älteren
Malern, unter denen Löfftz in München an
erster Stelle zu nennen wäre, auf der hessi-
schen Landesaus Stellung mit frühen Arbeiten
vertreten sei, nachdem das eifrige Bemühen,
eine hessische „Retrospektive" im kleinen zu
veranstalten, allgemein bekannt geworden war.
Neben unbedeutenden Chiemseebildern von
Raupp, einigen Studien von Noack und einem
bescheidenen Reste der von der Gedächtnis-
ausstellung im vorjährigen Münchener Glaspalast
her vertrauten humoristischen Szenen Edmund
Harburgers, erhebt sich nun allein das Werk
des jung verstorbenen Heinz Heim zu einer
Höhe gediegener künstlerischer Kraft, die zu
nutzen ihm leider nicht vergönnt war. Man
möchte ihn den Leibl des Odenwaldes nennen,
so sicher verbindet er die Fähigkeit, den eigen-
artigen, von der heimatlichen Scholle nicht zu
trennenden, in Wesen und Gesichtszügen gleich-
zeitig sich offenbarenden Typus des Volks-
stammes, hier das Versonnen-Rührselige des
Odenwaldes und seiner Bauern, wiederzugeben,
mit der ruhigen Technik einer glatten Malerei.
Ein Bursche mit der Harmonika auf der Bank
neben dem schweigsamen, am Duft des ge-
schenkten Blümleins sich freuenden Mädchen,
zwei alte Austräger in der ärmlichen Stube
sind Meisterstücke eines echt deutschen Emp-
findens. Daneben deutet ein weiches Mädchen-
bildnis aus früher Zeit den Lehrer, dem Heim
folgte, den Franzosen Dagnan Bouveret, der
dem stillen Darmstädter, der die Apfelbuben
seiner Vaterstadt so echt malen konnte, kaum
mehr gewesen ist, als ein äußerlicher Wegweiser.
Aus Heims Röthelzeichnungen, sprechenden Por-
träten und sorgsamen Aktstudien offenbart sich
eine besondere Art seiner Begabung.
Uhde-Bernays.
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FLORENZ ======
In der Kirche S. Gaetano (Via Tornabuoni)
zu Florenz ist in einem Nebenraume, in welchem
die Societä di S. Vincenzo De' Paoli ihre Ver-
sammlungen abhält, ein unbekanntes Werk
des Fra Filippo Lippi entdeckt worden. Die
Gesellschaft hatte sich wegen Restaurierung
eines in ihrem Besitze befindlichen Bildes an
die Behörden gewendet, und der mit der Prüfung
der Angelegenheit betraute feine Kenner Conte
Carlo Gamba hat in dem als Ghirlandajo-Schule
angesehenen Werke die Hand des Fra Filippo

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