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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0575

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Literatur

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vierte, soeben erschienene vorliegt. Die Ver-
teilung der einzelnen Kapitel an die competen-
testen Fachleute bedeutet einen außerordent-
lichen Fortschritt gegen die bisherigen Versuche
einer Gesamtdarstellung der Kunstgeschichte.
Der vorliegende vierte Halbband bringt zu-
nächst eine Darstellung der gotischen Architektur
des XIV. Jahrhunderts von Camille Enlart,
die Skulptur des XIV. Jahrhunderts in Italien
und Spanien wurde von Emile Berteaux
verfaßt, der sich durch seine große These
über die süditalienische Architektur einen Namen
gemacht hat. Aus der Feder von Andre Michel
ist das Kapitel über Deutsche Sculptur des Mit-
telalters und über die Frankreichs und der Nie-
derlande im XIV. Jahrh., die englische Sculptur
wurde von Camille Enlart behandelt. Andre
Perate gibt eine gründliche Schilderung der ita-
lienischen Malerei des XIV. Jahrhunderts, be-
schlossen wird der Band durch ein Kapitel J. J.
Marquet de Vasselots über Goldschmiede-
und Emaillierkunst des XIII. und XIV. Jahr-
hunderts. Der Text ist durchweg klar und gut
geschrieben und vereinigt wissenschaftliche
Gründlichkeit mit der für eine solche für Gesamt-
darstellung notwendigen Gedrängtheit. Aus-
stattung und Abbildungen sind gut. So wird
sich dieses Werk schnell als Standard-work
überall einführen. R.A.M.

Margaret H. Bulley. St. George for
Merrie England (London: George Allen & Sons:
8°. 40 SS. und 56 Tafeln: 5s.)
Das ebenso anspruchslose wie ausgezeich-
nete kleine Buch, erläutert in fließender, für den
Laien berechnete Darstellung die Georgslegende
wie sie sich in der „Goldenen Legende", und
in den griechischen und koptischen „Akta" vor-
findet. Darauf wird das wenige erzählt was
wir über den historischen Hl. Georg wissen,
und er wird von dem ,falschen' Hl. Georg, dem
Arianer und Erzbischof, der etwa um 60 Jahre
jüngeren Datums ist, unterschieden. Sodann
nimmt die Verfasserin die hauptsächlichen Schrift-
steller die seit Calvin über unseren Heiligen
schrieben durch, und zeigt wie sich sein Bild
verändert. Die größere Hälfte der kenntnisreichen
und guten Einleitung ist der Entwicklung des
Georgskultus in England gewidmet. Richard I.
hat die Vorliebe für diesen Heiligen im
12. Jahrhundert aus Palästina mitgebracht; es
dauerte aber noch bis etwa zur# Belagerung
von Calais (1347) ehe der Hl. Georg den bis-
herigen Nationalheiligen Englands, den St. Ed-
ward, endgültig verdrängte. In der Literatur

spielt er schon seit den „Mysterien" eine große
Rolle.
Die 56 guten Abbildungen bieten natürlich
nur einen verschwindend kleinen Teil des er-
reichbaren Materials. Sie sind aber alle inter-
essant, erstrecken sich vom 12. bis zum 19. Jahr-
hundert, und erscheinen nur mit der Absicht
gewählt worden zu sein, Entlegeneres, was sich
sonst nicht überall in Kunstbüchern vorfindet,
zusammenzutragen, auch wenn hierüber einige
der berühmtesten Hl. Georgsdarstellungen ver-
nachlässigt werden mußten.
Hans W. Singer

Die Hellenische Kultur. Dargestellt von
Fritz Baumgarten, Franz Poland, Richard
Wagner. Zweite starkvermehrte Auflage. Mit
über 400 Abbildungen. Verlag von B. G. Teub-
ner, Leipzig und Berlin, 1908. XII u. 530 S.;
geh. 10,—, geb. 12,—.
Eine Geschichte der griechischen Kultur in
ihrer Gesamtheit zu schreiben, ist das Ideal
schon so manches Philologen gewesen. Ge-
lungen ist es bis jetzt noch keinem. Nur ge-
waltige Bruchstücke dazu besitzen wir, wie
Boeckhs „Staatshaushalt der Athener", oder
Rohdes „Psyche", im gewissen Sinne auch
H. Useners religionsgeschichtliche Schriften.
Und es scheint auch die Kraft eines Mannes zu
überragen, all das Viele, was zur „Kultur" die-
ses wunderbaren Volkes gehört, zu umfassen
und zu plastischer Darstellung zu bringen. Hier
hilft wirklich der Ausweg, den unsere zur Ar-
beitsteilung nur zu geneigte Zeit allzuoft an-
wendet: Nur Mehrere können hoffen, hier ein
Ganzes zu leisten.
Diesen Erwägungen verdankt unser Buch,
das bereits in zweiter, stark vermehrter Auf-
lage vorliegt, seine Entstehung. Die drei Ver-
fasser haben sich in die Aufgabe in der Weise
geteilt, daß Poland „Staat, Leben, Götterver-
ehrung", Baumgarten „die bildende Kunst",
Wagner „geistige Entwicklung und Schrifttum"
behandelt. Bei dieser gesonderten Darstellung
lassen sich Wiederholungen naturgemäß nicht
vermeiden, doch treten sie nirgends störend
auf. Viel wichtiger erscheint dagegen die Er-
wägung, ob man bei der Betrachtung der Kultur
eines Volkes eine so schärfe Trennung eintreten
lassen darf. Denn unter Kultur verstehen wir
eben die Gesamtheit all dessen, was ein Volk
denkt, dichtet und leistet; bei einer Teilung, wie
wir sie hier haben, liegt die Gefahr nahe, daß
wir mehr eine liebevolle Schilderung des ein-
 
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