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Monatshefte für Kunstwissenschaft
sind die Porzellane besonders reich vertreten.
Die Versteigerung der bekannten Sammlung des
Dr. Clemm (bei Lepke im Dezember 1907) bot
Gelegenheit zum Ankauf mehrerer wichtiger
Porzellanservice, eines mit Watteauszenen in
Eisenrot bemalten Berliner Kaffeeservices, das
nach sicherer Tradition Friedrich der Große 1764
dem General de la Motte-Fouque zum Geschenk
machte; eines noch vollzählig im alten Kasten-
futteral erhaltenen Berliner Kaffee- und Tee-
services im sogen. „Kurländer Muster" (um
1780); endlich eines kleinen Wiener Services
(um 1775). Außerdem wurden mehrere Figuren
der Nymphenburger, Wiener und Berliner Ma-
nufaktur erworben, sowie eine Reihe vorzüg-
licher Gefäße in rotbraunem Böttgersteinzeug
aus dem Besitz eines Marquese in Lucca.
S. v. C.
Die Porzellansammlung Samuel im Kaiser
Friedrich-Museum. Durch Vermächtnis des im
Frühjahr 1907 zu Berlin verstorbenen H. Sigis-
mund Samuel gelangte das Kaiser Friedrich-
Museum in den Besitz einer Sammlung von
63 meist süddeutschen Porzellanfiguren und
-gruppen. Die Annahme dieses Vermächtnisses
durch ein Museum für hohe Kunst bedeutet
zugleich eine Anerkennung jener für das
18. Jahrhundert so wichtigen Kleinplastik, die
damit etwa auf die gleiche Stufe wie die
Tanagrafiguren der Antike, die Elfenbein-
schnitzereien und Kleinbronzen des Mittel-
alters und der neueren Zeit gestellt wird. Im
zukünftigen deutschen Museum wird die
Samuelsche Sammlung den Grundstock einer
ganzen Porzellangalerie bilden. Vorläufig ist
sie im Saal der englischen, französischen und
deutschen Gemälde des 18. Jahrhunderts in zwei
Vitrinen untergebracht. Die Frankenthaler Manu-
faktur ist am reichsten vertreten (21 Figuren u.
Gruppen), dann folgt Höchst (20), Ludwigsburg
(8), Wien (5), Nymphenburg (4), Meißen (2); je
eine Figur bez. Gruppe kommt auf Fulda, Straß-
burg (?), Vallendorf i.Th., und eine bisher noch
nicht bestimmte ausländische Fabrik. S.v.C.
€
Neuerwerbungen der Nationalgalerie. Es
soll in freier Auswahl nur auf einige der inter-
essantesten Stücke hingewiesen werden. Zum
ersten Male in der Galerie vertreten ist Fritz
Boehle mit dem charaktervollen Bildnis eines
Architekten. Erstaunlich in seiner delikaten
malerischen Haltung das aus der Sammlung des
Barons von Königswarter stammende Selbst-
bildnis von Raphael Mengs. Sympathisch das
Bildnis eines musikliebenden Bürgermeisters
von E. von Gebhardt vom Jahre 1874. Gleich
anmutig der Darstellung wie der Dargestellten
nach das Bildnis der ersten Frau des früheren
Direktors Max Jordan von Theodor Große,
endlich der flott und breit gemalte Studienkopf
eines bayrischen Artilleriehauptmanns von Hans
von Marees. Mit charakteristischen Werken
ihrer Kunst sind vertreten M. von Schwind,
mit einem Türmer im Mondschein, groß im
kleinen Format und von einem bezaubernden
Klang eines silbrigen Blaugrün, Karl Schuch
mit zwei feinen Stilleben und einer seiner sel-
tenen Landschaften. Des Wiener Franz Eybls
idyllische Szene eines Grabschmückenden Mäd-
chens, und A. von Pettenkofens kleine
Pußtalandschaft, sind von einer fast miniatur-
haften Feinheit der Malerei. Sehr erfreulich ist
auch der Zuwachs an Skulpturen. Von Gaul
die ruhenden Schafe, deren Material, gelblich
poröser Kalkstein, das Wollig-Massige dieser
Tiere fein charakterisieren hilft; in bronzener
Straffheit, in sieghafter Bewegung, die Gruppe
„Krieger und Genius" von Georg Kolbe; die
Bronzefigur des „Träumers" von dem früh
verstorbenen Aug. Hudler. W. Kaesbach.
g
DRESDEN -==
Die Anfang Dezember 1907 von den Zei-
tungen gebrachte Nachricht, daß von der säch-
sischen Regierung eine Spaltung der General-
direktion der Königlich sächsischen Kunstsamm-
lungen in zwei Abteilungen beabsichtigt werde,
hat allenthalben berechtigtes Interesse gefunden.
Doch erst als die Motivierung der Regierungs-
vorlage durch weitere Zeitungsmeldungen be-
kannt und als man merkte, daß gerade die
Kunstsammlungen auseinander gerissen werden
sollten, ist die Angelegenheit von berufenen
Fachleuten einer sachlichen Prüfung unterzogen
worden. Auch im Sächsischen Landtag sind die
Dresdner „Museumsnöte" am 7. Februar 1908
besprochen worden, als von einem für einen
Museumsbau geeigneten Terrain die Rede war.
In der Ersten Kammer meinte Dr. Naumann
(Königsbrück), daß ein Museumsbau nicht länger
hinausgeschoben werden dürfe, wenn sich nicht
„Sachsen, bezw. Dresden, mit seinen Samm-
lungen überflügeln" lassen wolle. Auch hob der
Redner hervor, dass bei den nötig gewordenen
neuen Direktorstellen nur Bewerber von fach-
wissenschaftlicher Befähigung in Frage kommen
dürften. Wie die musealen Dinge in Dresden
liegen, erfahren wir am besten aus einigen Auf-
sätzen der Kötschau'sdien „Museumskunde".
Das diesjährige 1. Heft der „Museumskunde"
bringt zunächst aus der Feder von Edgar von
Monatshefte für Kunstwissenschaft
sind die Porzellane besonders reich vertreten.
Die Versteigerung der bekannten Sammlung des
Dr. Clemm (bei Lepke im Dezember 1907) bot
Gelegenheit zum Ankauf mehrerer wichtiger
Porzellanservice, eines mit Watteauszenen in
Eisenrot bemalten Berliner Kaffeeservices, das
nach sicherer Tradition Friedrich der Große 1764
dem General de la Motte-Fouque zum Geschenk
machte; eines noch vollzählig im alten Kasten-
futteral erhaltenen Berliner Kaffee- und Tee-
services im sogen. „Kurländer Muster" (um
1780); endlich eines kleinen Wiener Services
(um 1775). Außerdem wurden mehrere Figuren
der Nymphenburger, Wiener und Berliner Ma-
nufaktur erworben, sowie eine Reihe vorzüg-
licher Gefäße in rotbraunem Böttgersteinzeug
aus dem Besitz eines Marquese in Lucca.
S. v. C.
Die Porzellansammlung Samuel im Kaiser
Friedrich-Museum. Durch Vermächtnis des im
Frühjahr 1907 zu Berlin verstorbenen H. Sigis-
mund Samuel gelangte das Kaiser Friedrich-
Museum in den Besitz einer Sammlung von
63 meist süddeutschen Porzellanfiguren und
-gruppen. Die Annahme dieses Vermächtnisses
durch ein Museum für hohe Kunst bedeutet
zugleich eine Anerkennung jener für das
18. Jahrhundert so wichtigen Kleinplastik, die
damit etwa auf die gleiche Stufe wie die
Tanagrafiguren der Antike, die Elfenbein-
schnitzereien und Kleinbronzen des Mittel-
alters und der neueren Zeit gestellt wird. Im
zukünftigen deutschen Museum wird die
Samuelsche Sammlung den Grundstock einer
ganzen Porzellangalerie bilden. Vorläufig ist
sie im Saal der englischen, französischen und
deutschen Gemälde des 18. Jahrhunderts in zwei
Vitrinen untergebracht. Die Frankenthaler Manu-
faktur ist am reichsten vertreten (21 Figuren u.
Gruppen), dann folgt Höchst (20), Ludwigsburg
(8), Wien (5), Nymphenburg (4), Meißen (2); je
eine Figur bez. Gruppe kommt auf Fulda, Straß-
burg (?), Vallendorf i.Th., und eine bisher noch
nicht bestimmte ausländische Fabrik. S.v.C.
€
Neuerwerbungen der Nationalgalerie. Es
soll in freier Auswahl nur auf einige der inter-
essantesten Stücke hingewiesen werden. Zum
ersten Male in der Galerie vertreten ist Fritz
Boehle mit dem charaktervollen Bildnis eines
Architekten. Erstaunlich in seiner delikaten
malerischen Haltung das aus der Sammlung des
Barons von Königswarter stammende Selbst-
bildnis von Raphael Mengs. Sympathisch das
Bildnis eines musikliebenden Bürgermeisters
von E. von Gebhardt vom Jahre 1874. Gleich
anmutig der Darstellung wie der Dargestellten
nach das Bildnis der ersten Frau des früheren
Direktors Max Jordan von Theodor Große,
endlich der flott und breit gemalte Studienkopf
eines bayrischen Artilleriehauptmanns von Hans
von Marees. Mit charakteristischen Werken
ihrer Kunst sind vertreten M. von Schwind,
mit einem Türmer im Mondschein, groß im
kleinen Format und von einem bezaubernden
Klang eines silbrigen Blaugrün, Karl Schuch
mit zwei feinen Stilleben und einer seiner sel-
tenen Landschaften. Des Wiener Franz Eybls
idyllische Szene eines Grabschmückenden Mäd-
chens, und A. von Pettenkofens kleine
Pußtalandschaft, sind von einer fast miniatur-
haften Feinheit der Malerei. Sehr erfreulich ist
auch der Zuwachs an Skulpturen. Von Gaul
die ruhenden Schafe, deren Material, gelblich
poröser Kalkstein, das Wollig-Massige dieser
Tiere fein charakterisieren hilft; in bronzener
Straffheit, in sieghafter Bewegung, die Gruppe
„Krieger und Genius" von Georg Kolbe; die
Bronzefigur des „Träumers" von dem früh
verstorbenen Aug. Hudler. W. Kaesbach.
g
DRESDEN -==
Die Anfang Dezember 1907 von den Zei-
tungen gebrachte Nachricht, daß von der säch-
sischen Regierung eine Spaltung der General-
direktion der Königlich sächsischen Kunstsamm-
lungen in zwei Abteilungen beabsichtigt werde,
hat allenthalben berechtigtes Interesse gefunden.
Doch erst als die Motivierung der Regierungs-
vorlage durch weitere Zeitungsmeldungen be-
kannt und als man merkte, daß gerade die
Kunstsammlungen auseinander gerissen werden
sollten, ist die Angelegenheit von berufenen
Fachleuten einer sachlichen Prüfung unterzogen
worden. Auch im Sächsischen Landtag sind die
Dresdner „Museumsnöte" am 7. Februar 1908
besprochen worden, als von einem für einen
Museumsbau geeigneten Terrain die Rede war.
In der Ersten Kammer meinte Dr. Naumann
(Königsbrück), daß ein Museumsbau nicht länger
hinausgeschoben werden dürfe, wenn sich nicht
„Sachsen, bezw. Dresden, mit seinen Samm-
lungen überflügeln" lassen wolle. Auch hob der
Redner hervor, dass bei den nötig gewordenen
neuen Direktorstellen nur Bewerber von fach-
wissenschaftlicher Befähigung in Frage kommen
dürften. Wie die musealen Dinge in Dresden
liegen, erfahren wir am besten aus einigen Auf-
sätzen der Kötschau'sdien „Museumskunde".
Das diesjährige 1. Heft der „Museumskunde"
bringt zunächst aus der Feder von Edgar von