Karl Domanig. Die deutsche Medaille
in kunst- und kulturhistorischer Hin-
sicht, nach dem Bestände der Medaillen-
sammlung des allerhöchsten Kaiser-
hauses. Mit 100 Tafeln in Lichtdruck. Wien
(Verlag von Anton Schroll & Co.), 1907. Fol.
60 M.
Wer mit der Erwartung an dieses Buch heran-
treten wollte, hierin eine allgemeine Veröffent-
lichung über die deutsche Medaille in ihrer künst-
lerischen Bedeutung, und zwar mit Benutzung
aller größeren öffentlichen oder privaten Samm-
lungen jener herrlichen Werke der Kleinkunst
zu finden, der würde sich selbst täuschen, und vor
allem dem Verfasser Unrecht tun. Denn auf
der einen Seite soll das Werk ebenso, wie die
„Porträtmedaillen des Erzhauses Österreich" des-
selben Verfassers von 1896, nur ein Teil der
trefflichen Veröffentlichungen aus den kunst-
historischen Sammlungen des österreichischen
Kaiserhauses sein, sich also naturgemäß auf den
Umfang der Wiener Medaillensammlung be-
schränken, andererseits aber zum ersten Male
umfassend versuchen, die außerordentliche Be-
deutung der Medaille auch in kulturgeschieht-
lieber Hinsicht durch Text und Abbildung klar
zu legen. So zerfällt das Buch in zwei, unter
sich gleich starke Abteilungen und gibt auf
Tafel 1 bis 50 454 Medaillen, die die künst-
lerische Entwicklung derselben von den ersten
medaillenartigen Geprägen der Haller Münzstätte
aus dem Ende des XV. Jhrh. bis zur Zeit der
Romantik um die Mitte des XIX. darstellen, auf
Tafel 51 bis 100 dagegen weitere 417 Medaillen,
die nur zu einem kleinen Teil die Hand eines
Künstlers verraten, in der überwiegenden Mehr-
zahl dagegen zeigen sollen, zu wie mannigfachem
Zwecke die Medaille in der Vergangenheit ver-
wendet worden ist. Um dies zu erweisen, reicht
aber die vorzügliche Wiener Sammlung voll-
kommen aus. Die Lichtdrucktafeln, in diesem
Fall mit Recht die Hauptsache, sind fast sämt-
lidi scharf und klar ausgefallen, nur die Tafeln 12,
20, 27, 42, 63, 83, 89, 97 bleiben hinter den
übrigen zurück, und ich muß auch gestehen,
daß in diesem besonderen Falle eine künst-
lerisch-vornehme Wiedergabe, wie sie hier der
rauhe Karton bietet, hinter einer möglichst deut-
lichen auf glattem Papier hätte zurücktreten
sollen. Man vergleiche nur die Tafeln des vor-
liegenden Buches mit denen zu Domanigs Vor-
trag über die deutsche Medaille in der Wiener
Numism. Ztschr. XXIV (1892), die in Schrift und
Bild die Originale an Klarheit vollkommen er-
reichen. Zu bedauern ist auch, daß die Ab-
bildung der Stücke in natürlicher Größe sich
nicht immer hat erreichen lassen.
Im kunstgeschichtlichen Teil wird zu einer
jeden Gruppe von zusammengehörigen Meistern
eine besondere, im kulturgeschichtlichen Teil eine
allgemeine Einleitung, dann aber für jede einzelne
Medaille der 100 Tafeln eine genaue Beschreibung
der Darstellung, die In- und Umschriften, die
geschichtlichen Beziehungen, die Bezeichnung von
G.öße und Material, schließlich auch die Lite-
ratur, d. h. schlechterdings alles gegeben, was
das Interesse des Benützers des Buches nur
irgendwie erwecken kann. Aber größer noch
als die Belehrung ist namentlich beim ersten
Teil der ästhetische Genuß; man wird nicht
müde, immer wieder von neuem Tafel für Tafel
zu besehen, mit diesen so durch und durch aus
deutschem Geiste gebornen, charakteristischen
Kunstwerken, die trotz der oft feinsten Aus-
führung doch niemals kleinlich, sondern stets
monumental wirken. Mit Recht sind eigens
auch die für deutsche Besteller gelieferten und
außerdem auch auf deutschem Boden entstandenen
Medaillen italienischer und niederländischer
Künstler mit aufgenommen worden. Und wie
greifbar deutlich treten dem Beschauer die ein-
zelnen Perioden unserer Geschichte in diesen
lebensvollen Gesichtern entgegen. Von welcher
Bedeutung es ist, daß die Neuzeit die Medaille
jetzt wieder zu neuem Dasein erweckt hat, ohne
doch von der Vergangenheit mehr als die An-
regung empfangen zu haben, wird einem beim
Durchsehen dieser Tafeln ganz besonders klar.
Und doch weiß ich nicht, ob bei Domanigs vor-
trefflicher Arbeit nicht das Hauptverdienst auf
dem kulturgeschichtlichen Teil beruht. Man braucht
nur einmal die Übersicht der Kapitel auf S. VIII
durchzufliegen, um zu sehen, daß weder auf
öffentlichem noch auf privatem, weder auf pro-
fanem noch religiösem Gebiete irgend ein Er-
eignis denkbar ist, das nicht durch eine Medaille
hätte dargestellt werden können. Es ist wirk-
lich eine deutsche Kulturgeschichte in Münz-
bildern, die hier geboten wird, und es ist eine
wahre Freude, sich von dem unermüdlichen
Verfasser auf diesem vielverschlungenen Ge-
biete führen zu lassen, das man nur mit dem
aufrichtigsten Danke für den Genuß verläßt.
in kunst- und kulturhistorischer Hin-
sicht, nach dem Bestände der Medaillen-
sammlung des allerhöchsten Kaiser-
hauses. Mit 100 Tafeln in Lichtdruck. Wien
(Verlag von Anton Schroll & Co.), 1907. Fol.
60 M.
Wer mit der Erwartung an dieses Buch heran-
treten wollte, hierin eine allgemeine Veröffent-
lichung über die deutsche Medaille in ihrer künst-
lerischen Bedeutung, und zwar mit Benutzung
aller größeren öffentlichen oder privaten Samm-
lungen jener herrlichen Werke der Kleinkunst
zu finden, der würde sich selbst täuschen, und vor
allem dem Verfasser Unrecht tun. Denn auf
der einen Seite soll das Werk ebenso, wie die
„Porträtmedaillen des Erzhauses Österreich" des-
selben Verfassers von 1896, nur ein Teil der
trefflichen Veröffentlichungen aus den kunst-
historischen Sammlungen des österreichischen
Kaiserhauses sein, sich also naturgemäß auf den
Umfang der Wiener Medaillensammlung be-
schränken, andererseits aber zum ersten Male
umfassend versuchen, die außerordentliche Be-
deutung der Medaille auch in kulturgeschieht-
lieber Hinsicht durch Text und Abbildung klar
zu legen. So zerfällt das Buch in zwei, unter
sich gleich starke Abteilungen und gibt auf
Tafel 1 bis 50 454 Medaillen, die die künst-
lerische Entwicklung derselben von den ersten
medaillenartigen Geprägen der Haller Münzstätte
aus dem Ende des XV. Jhrh. bis zur Zeit der
Romantik um die Mitte des XIX. darstellen, auf
Tafel 51 bis 100 dagegen weitere 417 Medaillen,
die nur zu einem kleinen Teil die Hand eines
Künstlers verraten, in der überwiegenden Mehr-
zahl dagegen zeigen sollen, zu wie mannigfachem
Zwecke die Medaille in der Vergangenheit ver-
wendet worden ist. Um dies zu erweisen, reicht
aber die vorzügliche Wiener Sammlung voll-
kommen aus. Die Lichtdrucktafeln, in diesem
Fall mit Recht die Hauptsache, sind fast sämt-
lidi scharf und klar ausgefallen, nur die Tafeln 12,
20, 27, 42, 63, 83, 89, 97 bleiben hinter den
übrigen zurück, und ich muß auch gestehen,
daß in diesem besonderen Falle eine künst-
lerisch-vornehme Wiedergabe, wie sie hier der
rauhe Karton bietet, hinter einer möglichst deut-
lichen auf glattem Papier hätte zurücktreten
sollen. Man vergleiche nur die Tafeln des vor-
liegenden Buches mit denen zu Domanigs Vor-
trag über die deutsche Medaille in der Wiener
Numism. Ztschr. XXIV (1892), die in Schrift und
Bild die Originale an Klarheit vollkommen er-
reichen. Zu bedauern ist auch, daß die Ab-
bildung der Stücke in natürlicher Größe sich
nicht immer hat erreichen lassen.
Im kunstgeschichtlichen Teil wird zu einer
jeden Gruppe von zusammengehörigen Meistern
eine besondere, im kulturgeschichtlichen Teil eine
allgemeine Einleitung, dann aber für jede einzelne
Medaille der 100 Tafeln eine genaue Beschreibung
der Darstellung, die In- und Umschriften, die
geschichtlichen Beziehungen, die Bezeichnung von
G.öße und Material, schließlich auch die Lite-
ratur, d. h. schlechterdings alles gegeben, was
das Interesse des Benützers des Buches nur
irgendwie erwecken kann. Aber größer noch
als die Belehrung ist namentlich beim ersten
Teil der ästhetische Genuß; man wird nicht
müde, immer wieder von neuem Tafel für Tafel
zu besehen, mit diesen so durch und durch aus
deutschem Geiste gebornen, charakteristischen
Kunstwerken, die trotz der oft feinsten Aus-
führung doch niemals kleinlich, sondern stets
monumental wirken. Mit Recht sind eigens
auch die für deutsche Besteller gelieferten und
außerdem auch auf deutschem Boden entstandenen
Medaillen italienischer und niederländischer
Künstler mit aufgenommen worden. Und wie
greifbar deutlich treten dem Beschauer die ein-
zelnen Perioden unserer Geschichte in diesen
lebensvollen Gesichtern entgegen. Von welcher
Bedeutung es ist, daß die Neuzeit die Medaille
jetzt wieder zu neuem Dasein erweckt hat, ohne
doch von der Vergangenheit mehr als die An-
regung empfangen zu haben, wird einem beim
Durchsehen dieser Tafeln ganz besonders klar.
Und doch weiß ich nicht, ob bei Domanigs vor-
trefflicher Arbeit nicht das Hauptverdienst auf
dem kulturgeschichtlichen Teil beruht. Man braucht
nur einmal die Übersicht der Kapitel auf S. VIII
durchzufliegen, um zu sehen, daß weder auf
öffentlichem noch auf privatem, weder auf pro-
fanem noch religiösem Gebiete irgend ein Er-
eignis denkbar ist, das nicht durch eine Medaille
hätte dargestellt werden können. Es ist wirk-
lich eine deutsche Kulturgeschichte in Münz-
bildern, die hier geboten wird, und es ist eine
wahre Freude, sich von dem unermüdlichen
Verfasser auf diesem vielverschlungenen Ge-
biete führen zu lassen, das man nur mit dem
aufrichtigsten Danke für den Genuß verläßt.