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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 1/2
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0099

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Literatur

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eingehenden Aufnahme unter genauer Prüfung
des Verbandes und der Technik und besserer
bildlicher Darstellung des Details als sie bisher
vorliegt. H. Bergner.
g
W. Worringer, Dr. Lukas Cranach,
128 S. mit 63 Abbildungen. (Klassische Illustra-
toren. Hrsg, von K. Bertels. Bd. III.) München,
Piper & Co. 1908.
Ein überaus geistvolles und feinsinniges Buch,
von verblüffender Plastik und Schlichtheit der
Diktion, ungemein klar im Aufbau und von
bezwingender Sicherheit in der Durchführung.
Und dabei so gar nicht „kunsthistorisch" in dem
Sinne, wie es bei einem Buche über Cranach
eigentlich zu erwarten wäre.
Die Cranachforschung war bisher eifrig be-
müht, auf Grund gesicherter Arbeiten des Meisters
eine Zusammenstellung der Merkmale seines
Schaffens zu geben, um danach eine Ein- oder
Ausschaltung fraglicher Werke herbeizuführen.
Man suchte seinen Anteil an der gesamten,
fast fünf Jahrzehnte umfassenden Arbeitsleistung
der Cranachwerkstatt herauszudestillieren. So
kam es, daß die Cranachfrage bald von
der Pseudo-Grünwald- bald von der Hans
Cranach-Frage zurückgedrängt wurde und durch
die Feststellung zahlreicher Schüler und Ge-
hilfen, zu denen neuerdings Johann Kemmer
hinzukam, keine einheitliche Anschauung des
künstlerischen Schaffens Cranachs erzielbar war.
Worauf es jedoch in erster Linie ankam, das
war die Purifizierung und Rettung des „besseren",
des „wirklichen" Cranach, wie er sich in seinen,
noch die „unverdorbene Frische des persönlichen
Ausdrucks" tragenden Werken darstellt. Man
betrachtete ihn eben von der Renaissance aus,
ließ nur die Persönlichkeit gelten und lehnte
alles ab was nicht den Stempel derselben trug.
Worringer nimmt der Cranachfrage gegen-
über einen anderen Standpunkt ein. Er sieht
ihn von der Gotik aus und nimmt ihn als eine
mit der ihn umgebenden Kulturschicht aufs
engste verbundene Erscheinung, in der sich in
geradezu idealer Weise der Typus „Zeitgenosse"
verkörpert. Dadurch bleibt das Bedeutungs-
vollere nicht auf den Einzelfall beschränkt, und
alle die Momente die sich bisher um das Cranach-
problem gruppierten und das Bild des Künst-
lers zu einem Schwankenden machten, kommen
in Wegfall. Worringer zeigt uns Cranach als
den Chronisten der reformatorischen Bewegung,
als den artistischen Künder der aus dieser her-
vorgegangenen bürgerlichen Kultur; seine Kunst
als die „getreue Registrierung des künstlerischen

etat d'äme ihres Publikums" und seine „Manier"
als das Resultat einer zielbewußten Entwicklung,
die nichts anderes bezweckte als die Kunstform
„gewissenhaft auf dem Niveau der allgemeinen
ästhetischen Wünsche zu halten, um sie so zu
einer über alles Persönliche und Problematische
hinausgehenden Erscheinung von Allgemein-
gültigkeit zu erweitern." Während man bisher
in Cranach den Vollzug einer tragischen Künstler-
existenz erblickte, deren verheißungsvolle Ju-
gendkraft im senilen Manierismus versandete,
faßt Worringer nur den Kollektivbegriff Cranach
ins Auge und findet, daß gerade die „Manier"
als ein der Zeit entsprechendes allgemein ver-
ständliches Idiom, einen letzten Versuch bildet,
an das innerste Wesen der deutschen Kunst
anzuknüpfen und ihre Elemente noch einmal
zusammenzufassen, „ihnen noch einmal den un-
persönlichen Charakter eines Stils zu geben."
Hermann Popp.

Handzeichnungen alter Meister. Im Be-
sitze des Museums Wallraf - Richartz
zu Köln a. Rh. 25 Lichtdrucktafeln mit Text
herausgegeben von Dr. Arthur Lindner. —
Verlag von Wilhelm Abels, Köln a. Rh.
Durch diese Publikation werden wir beinahe
100 Jahre nach dem großen Reisenden am Rhein,
Main und Neckar wiederum „auf die Sammlung
des Herrn Professors und Kanonikus Wallraf
gewiesen, der seiner Vaterstadt leidenschaftlich
angeeignet, sein ganzes Leben und Gut ver-
wendete, ja die ersten Bedürfnisse sich öfters
entzog, um alles ihm erreichbare Merkwürdige
seinem Geburtsort Köln zu erhalten".
Manchem wird es neu sein, daß das Kölner
Museum auch noch eine wertvolle Reihe von
Handzeichnungen besitzt; war es doch für die
Kölner seiner Zeit die größte Überraschung, daß
sie Besitzer eines richtigen Kupferstichkabinetts
seien, obwohl für Wallrafs verstaubte Schätze
längst ein „hinreichendes Lokal" geschaffen war,
wie Goethe es ihnen wünschte.
Hatte diese Erkenntnis etwas länger gebraucht
als sonst bei dem beweglichen kölnischen Geist
gewöhnlich ist, so kam um so rascher eine andere
hinterher. Man entsann sich plötzlich einer
stattlichen Zahl großer Schweinslederklebebände
aus dem Besitz des alten Jesuitenkollegiums,
die gleichfalls Zeichnungen und Stiche ent-
hielten und die einst eine berühmte, zur Zeit
Maria Theresias hochgeschätzte Sammlung ge-
bildet haben sollten.
Sie waren freilich stark gelichtet, als zu
Napoleons Zeit in Paris die Scheren der Louvre-
 
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