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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Bombe, Walter: Die bornholmer Festungskirchen und ihr Freskenschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0112

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bei den Rundkirchen, sich anlehnte, und daß der jetzige mit einem Kreuzgewölbe
überdeckte Chor einer späteren Bauperiode angehört. Technische Schwierigkeiten,
die hier, bei viereckiger Turmanlage, wegfielen, sind nach seiner Ansicht die Ur-
sache gewesen, daß bei den Rundkirchen die Anlehnung eines Langschiffes unter-
blieb. Den sehr sorgfältigen Untersuchungen Laskes verdanken wir auch den
Nachweis der Entstehung der Bornholmer Rundkirchen aus altnordischen Heilig-
tümern, den Steinringen, und aus Befestigungsbauten des Mittelalters. Wie man
schon in prähistorischen Zeiten zum Schutze gegen Seeräuberangriffe die eingangs
erwähnten Ringwälle errichtete, so gab man auch in christlicher Zeit den kirchlichen
Wehrbauten die runde Grundrißform, die sich zugleich mit dem steinernen Mittel-
pfeiler auch bei den sogenannten Bergfrieden frühmittelalterlicher Burgbauten findet.
Ein weiterer, nicht minder wichtiger Fingerzeig für die Verwandtschaft der Rund-
kirchen mit den Bergfrieden ist, wie Laske gezeigt hat, die Übereinstimmung in
der Anlage der eingebauten engen Treppen. Diese hatten bei den Bergfrieden ihren
Anstieg nicht zu ebener Erde, sondern in einer hochgelegenen, nur mittels Leitern
ersteigbaren Öffnung, die im Falle der Gefahr fest verschlossen wurde. Die gleichen
Treppenanlagen finden wir auf Bornholm. Noch heute muß man in der Oieskirche
eine Holzleiter zum Erklimmen der Einsteigeöffnung der Treppe benutzen. Selbst
die an mittelalterlichen Wehrbauten angewandten Verteidigungsmittel der Pechnasen
hat man nachgeahmt, wie an einem in der Nylarskirche dicht über der Eingangs-
tür in der Gewölbedecke des Untergeschosses vorhandenen Loch zu sehen ist, durch
welches die Eingeschlossenen Steine und flüssiges Blei oder Pech herabfallen lassen
konnten, um das Eindringen des Feindes zu hindern. Als Verteidigungsmittel er-
klären sich ferner die in den Laibungen der Türen und Fenster befindlichen Löcher;
sie müssen zur Aufnahme von Querbäumen gedient haben, mit denen man die
Fensterläden sicherte. Diesem Tatbestände gegenüber nimmt es wunder, daß ein
militärischer Sachverständiger, der dänische Artillerieoberst Otto Blom, es versucht
hat, die Meinung zu bekämpfen, daß die Rundkirchen auf Bornholm zu Festungs-
zwecken gedient haben sollen, „weil sie den Kriegsmaschinen nicht hätten Wider-
stand leisten können“. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, daß Seeräuber bei ihren
Streifzügen Kriegsmaschinen mit sich führten, und zur Abwehr gewöhnlicher An-
griffe genügten diese primitiven Wehrbauten vollauf. Während die schwer zu-
gänglichen mittleren Räume zur Aufnahme der bedrängten Einwohner und ihrer
Habe dienten, war das oberste Stockwerk mit seinen Wehrgängen und Zinnen die
eigentliche Verteidigungsbühne, und nach einer sehr ansprechenden Vermutung
Laskes trug der durch alle Stockwerke hindurchgehende Mittelpfeiler ganz oben
einen Aufbau, der einen weiten Umblick in das Land ringsum gestattete. So hatten
diese Festungskirchen, die nach sieben Jahrhunderten noch heute Wind und Wetter
trotzen, den doppelten Zweck, Kultusstätten und Wehrbauten zu sein.

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