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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Steinmann, Ernst: Das Fest der Freiheit im Jahre 1798 in Paris
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0285

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DAS FEST DER FREIHEIT IM JAHRE 1798
IN PARIS Von ERNST STEINMANN
Mit einer Abbildung auf einer Tafel ··
Manes fameux? divins genies! dont les ouvrages admirables sont reunis dans
cette enceinte! repondez ä la faible voix qui croit etre entendue de vous!
Dites; lorsque vous eprouviez le tourment de la gloire, aviez-vous le pres-
sentiment du siede de la liberte? Oui c’etait pour la France, que vous en-
fantiez vos chefs d’oeuvre. Enfin donc ils ont retrouve leur destination!
[Rede von Francois de Neufchateau, abgedruckt im Moniteur universel
vom 13. Thermidor l’an 6 S. 1255.]
Wir werden alles besitzen, was Italien Schönes besaß mit Ausnahme weniger
Kunstobjekte in Turin und Neapel!“ So schrieb Bonaparte triumphierend
nach Abschluß des Vertrags von Tolentino (im Jahre 1797), der auch den Papst
verpflichtete, die schönsten Antiken und Gemälde Roms an Frankreich auszuliefern.
Venedig und Verona, Mailand und Parma, Bologna, Florenz und Perugia hatten mit
ungezählten kleineren Städten Ober- und Mittelitaliens schon früher aus Kirchen,
Klöstern und Palästen ihre Schätze opfern müssen, die über Livorno und Marseille
auf Rhone, Saone und Seine zu Wasser nach Paris geführt wurden.
„Aber wird man diese kostbaren Beutestücke am Quai des Louvre ausladen wie
Kohlenschiffe?“ fragte Thouin, einer der Kommissare für Italien1). Gewiß nicht!
Thouins Vorschlag, die römischen Trophäen in Paris in einem Römischen Triumph-
zug einzubringen, fand begeisterte Zustimmung und wurde mit solchem Erfolge
ausgeführt, daß noch 15 Jahre später Denon an Gerard den Auftrag erteilte, im
Musee Napoleon in einem großen Freskogemälde dies festliche Gepränge zu ver-
ewigen 2 3).
Als Schauplatz der Handlung wurde jenes Marsfeld gewählt, wo im Jahre 1815
die preußischen Soldaten unter Kanonendonner das Fest ihres Königs feiern sollten.
An den Jahrestagen von Robespierres Sturz und Tod am 9. und 10. Thermidor des
sechsten Jahres der Freiheit — 27. und 28. Juli 1798 — sollte das Fest gefeiert
werden, dessen Programm im Moniteur universel zu lesen ist:
Dies Fest, das jedem Franzosen schon so teuer ist, wird noch verschönt
werden durch den Einzug der Trophäen von Kunst und Wissenschaft, die in Italien
gesammelt wurden. Die Bananen und Palmbäume, die der Citoyen Baudin von
der Insel Trinidad zurückgebracht hat, werden sie mit ihren Zweigen beschatten.
Wilde Tiere aus Afrikas versengten Wüsten oder aus den eisigen Regionen des
Nordens werden sie begleiten. Alle Teile der Welt wurden in Kontribution gesetzt,
das schönste unserer Feste zu bereichern, um es glänzender zu gestalten wie bei
den Römern der Triumph des Paulus Emilius war. Zwei Tage werden diesen
Festen gewidmet sein. Am ersten Tage wird der Minister des Innern, umgeben
von den Mitgliedern der Nationalinstitute der Künste und Wissenschaften, die
Trophäen in Empfang nehmen. Am zweiten Tage werden sie feierlich dem
Directoire executif überreicht werden“8).
(1) Saunier, Les conquetes artistiques de la revolution et de l’empire. Paris 1902, S. 35. Die vier
Kommissare, die Italien ausgeplündert hatten, waren Thouin, Moitte, Tinet, Berthelemy. Sie erhielten
jeder eine Medaille mit der Aufschrift: Les Sciences et les arts reconnaissants. Vgl. Moniteur uni-
versel l’an 6 S. 1254.
(a) Revue des deux mondes 1912, S. 612.
(3) Moniteur vom 9. Thermidor S. 1237. Vgl. S. 1243, 1246, 1250, 1254.
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Monatshefte für Kunstwissenschaft, IX. Jahrg. 1916, Heft 8

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