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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Derschau, Joachim von: Irrige Zuschreibungen an Sebastiano Ricci: archivalische Mitteilungen an Sebastiano Ricci, Marco Ricci und Sebastiano Conca
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0173

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IRRIGE ZUSCHREIBUNGEN an SEBASTIANO
RICCI. ARCHIVALISCHE MITTEILUNGEN ZU SEBASTIANO
RICCI, MARCO RICCI UND SEBASTIANO CONCA
Mit elf Abbildungen auf sechs Tafeln Von J. VON DERSCHAU

Die Größten der venezianischen Rokokomalerei, Tiepolo und Guardi, sind durch
umfangreiche Monographien der Wissenschaft bekannt geworden. Über der
Menge der übrigen Meister liegt noch ein gewisses Dunkel, an dessen Aufhellung
erst seit einigen Jahren gearbeitet wird. Noch wenig umrissen stehen die einzelnen
Künstlerpersönlichkeiten da, ganz zu schweigen von der Kenntnis ihrer Entwicklung
und ihres Verhältnisses zueinander. Einem dieser Künstler, Sebastiano Ricci1), ist
es sonderbar ergangen. Zu seinen Lebzeiten ein Mann von Weltruf, während der
ersten drei Jahrzehnte des r 8. Jahrhunderts in der Kunst weit Venedigs dominierend,
wurde er, überstrahlt von dem Genie Tiepolos, dem er die Wege bereitet, später
fast ganz vergessen. Aber in einer Tatsache wirkt, wenn der Nachwelt auch un-
bewußt, seine einstige herrschende Stellung noch nach: sein Name ist zu einem
Sammelnamen geworden. An eine Sonderung ging zuerst Gino Fogolari2), indem
er in einigen Sebastiano Ricci zugeschriebenen Werken die Hand Giov. Batt. Pittonis
erkannte. Im Folgenden soll nun der Versuch gemacht werden, an Hand einiger
falscher Ricci-Zuschreibungen eine zweite Künstler-Persönlichkeit aus der Menge
der Sebastiano Ricci genannten Bilder herauszulösen, nämlich die des Gasparo Diziani3).
Wir beginnen mit einer kleinen farbigen Skizze, die im Museo civico zu Padua
auf bewahrt und dort Sebastiano Ricci zugeschrieben wird4). Sie stellt den Über-
gang über den Jordan auf der Flucht nach Ägypten dar. Als Vergleichsobjekt
(i) Verfasser hofft in nicht zu ferner Zeit eine Monographie über Sebastiano Ricci vorlegen zu können.
(2) Es handelt sich um folgende vier Bilder im Louvre: a) Polyxena vor dem Sarkophag des Achilles,
b) Die Selbstbeherrschung Scipios, c) Die Schlüsselübergabe an Petrus, d) Die Familie des Darius vor
Alexander, Galerie in Parma. Aufsatz Gino Fogolaris: Dipinti veneziani settecenteschi della Galleria
del Conte Francesco Algarotti. Bollettino d’Arte 1911, 8. Heft. Laura Coggiola-Pittoni hat sich
Fogolari angeschlossen in ihrer Aufsatzfolge in Rassegna d’Arte 1912, Januar-, Februar- und März-
Heft. An der Richtigkeit der Zuschreibung an Giov. Batt. Pittoni ist nicht zu zweifeln.
(3) Gasparo Diziani ist zwar ein bisher in der wissenschaftlichen Literatur kaum genannter Künstler,
aber eine der sonderbarsten Erscheinungen des venezianischen Rokokos. Er ist wie die beiden Riccis
Bellunese. Der Taufeintrag im Register des Archivio parrocchiale zu Belluno lautet: „Die 24 Januaij 1689.
Gaspar Antonius Paulus f. Magistri Josephi de Ciano et Justin^ ejus ux: susceptus a perillro DnO
Antonio Grino et Joanne Pilumno nomine Dn^ Pauling eius uxoris baptizatus fuit per me Laurentium
Rega de Lica.“ Diziani ist beeinflußt von Sebastiano Ricci, als dessen Schüler er erwähnt wird.
Vincenzo da Canal in seiner Vita des Gregorio Lazzarini nennt Diziani einen Schüler des letzteren.
Von ihm habe er „que’buoni lumi“ übernommen. Dizianis Veranlagung ist mit ihrer Heftigkeit das
extreme Gegenteil des temperamentlosen akademischen Lazzarini. Das meint Vincenco da Canal,
wenn er sagt, Diziani habe eine von Lazzarini ganz verschiedene Richtung eingeschlagen. Nach
Canal war Diziani in Polen. Er gehörte also zu den Künstlern, die für die Verbreitung der veneziani-
schen Rokokomalerei in Europa wichtig wurden: Die Tiepolos, Sebastiano und Marco Ricci, Amigoni,
Pittoni (wichtig für Anton Kern, Dresden und für Spanien), G. B. Casanova, Bernardo Belotto, die
Carriera. In seiner Vaterstadt Belluno noch vier Bilder in verschiedenen Kirchen.
(4) Die photographischen Aufnahmen der hier besprochenen Flucht nach Ägypten Seb. Riccis im Museo
civico zu Padua und des Altarbildes Gaspare Dizianis im Dom zu Belluno waren leider nicht reproduzier-
bar. Da der Krieg neue Aufnahmen unmöglich machte, mußte der Aufsatz ohne die beiden Ab-
bildungen erscheinen. Die zur Reproduktion nicht hinreichenden Aufnahmen stehen Interessenten
zur Verfügung.
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Monatshefte für Kunstwissenschaft, IX. Jahrg. 1916, Heft 5

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