Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

DOI Artikel:
Raehlmann, E.: Die Stelleung der Temperamalerei in der Kunst der verschiedenen Zeitepochen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0416

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE STELLUNG DER TEMPERAMALEREI
IN DER KUNST der VERSCHIEDENEN ZEIT-
EPOCHEN Von E. RAEHLMANN

Es ist die Meinung allgemein verbreitet, daß die Temperamalerei sowohl vom
Fresko, als auch von der Ölmalerei gänzlich getrennt und von letzterer auch
historisch scharf geschieden werden müsse.
Es ist auch unbestritten, daß im Anfang des 15. Jahrhunderts die Gebrüder
van Eyck eine Ölmalerei einführten, welche als gänzlich neue Malmethode rasch
sich verbreitete und auch in Italien heimisch wurde.
Da es nun aber nach den Berichten bei Heraklius und Theophilus aus dem n.
und 12. Jahrhundert feststeht, daß die Kunst, mit Lein- oder Nußöl zu malen, schon
im frühen Mittelalter ausgeübt wurde, ja sogar nach Plinius der alten römischen
Kunst nicht unbekannt gewesen ist, so ergibt sich, daß die Ölmalerei als solche,
d. h. das Öl als Bindemittel, von den Gebrüdern van Eyck nicht erst erfunden sein
kann.
Die ausführliche Beschreibung, welche Vasari von dieser Erfindung macht, muß
daher noch eine andere Deutung zulassen und scheint einer Ergänzung zu bedürfen.
Infolgedessen entsteht für die Kunstwissenschaft die Frage, welcher Art die neue
Ölmalmethode gewesen ist, und damit im Zusammenhänge weiter die Frage: haben
die van Eycks die Temperatechnik völlig verlassen und eine reine Ölmalerei ein-
geführt, oder haben sie eine Veränderung bzw. Verbesserung der herrschenden
Temperatechnik mittels ihres neuen Ölmalverfahrens erreicht.
Um diese Frage zu beantworten, erscheint es von Wichtigkeit, die Technik der
Temperamalerei von der Zeit der Antike bis auf die neuere Zeit zu verfolgen, um
festzustellen, welche Veränderungen diese Technik etwa durch die anderen Mal-
weisen, insbesondere durch die Fresko- und dann zuletzt durch die Ölmalerei er-
litten hat.
Wir werden dabei auch einen großen Einfluß kennen lernen, den, rückwirkend,
die Temperamalerei auf Fresko- und Ölbilder ausgeübt hat.
Allem zuvor wird es sich empfehlen, kurz darzustellen, welche Eigentümlich-
keiten die verschiedenen Malmethoden erkennen lassen, und welche Veränderungen
die Zeit an ihrer äußeren Erscheinung und etwa auch an den verwendeten Mate-
rialien hervorbringt.1)

I. DAS TEMPERABINDEMITTEL
Unter Temperatechnik im engeren Sinne verstehen wir die Auftragung von Farb-
stoffen, welche mit Eigelb, Eiweiß, Leim oder Gummi gebunden sind. Da diese
Bindemittel bis zur Streichfähigkeit mit Wasser verdünnt werden, wurde diese
(1) Die Untersuchungen über die bei den Gemälden verwendeten Materialien sind mittels der mikro-
skopischen und mikrochemischen Untersuchung angestellt worden, über welche der Verfasser an den
nachfolgend bezeichneten Stellen ausführlich berichtet hat:
1. Über die Maltechnik der Alten. Berlin, bei 4. Über die Farbstoffe der Malerei. Verlag E. A.
Georg Reimer 19x0. Seemann, Leipzig 1914.
2. Die blaue Farbe in den verschiedenen Perioden 5. Römische Malerfarben. Mitteilungen des Kai-
der Malerei. Museumskunde, Bd. IX, 4. serlich Deutschen Archäologischen Instituts,
3. Desgl. die gelbe Farbe. Museumskunde, Bd.X, 1. Bd. XXIX, 1914.

4θ4
 
Annotationen