teile genießen. Ihnen wird ohne Zweifel bekannt sein, daß die Engelländer vor
25 Jahren noch keinen Kupferstecher aufzuweisen hatten, dermalen aber so gut als
die Franzosen, und der Kupferhandel anfanget sehr stark zu gehen.
Wann ein Künstler nicht an einem Ort ist wie Paris oder London, so muß er
notwendig von großen Fürsten unterstützet sein, oder er muß eigene Mittel be-
sitzen um ruhig arbeiten zu können; wann ein Künstler sich schmeichelte es wollen
zu erzwingen ohne die obengemeldete Hilfe, so wird er irren und in seinem
Alter wird er vor seine Mühe Armut haben und sehr zu bedauern sein auch sterben
machen allen denenjenigen die Lust zum Kupferstechen haben möchten. Denn
erstens ist es eine Arbeit, die die Augen sehr frühzeitig schwächet und zweitens
ist die Natur des Kupferstechers eine langsame Arbeit, welche sehr viel Geduld
erfordert, welches ich vor kurzem recht gut empfunden habe an einer kleinen
Platte so ich nach van der Neer gestochen3). Von meinen Freunden hier wollte mir
keiner raten, dieses kleine Stück zu stechen, weiln es dem Public nicht gefallen
möchte. Weiln es aber einen Mondschein darstellte, wo man den Mond nicht
siehet, sondern nur seine Wirkung, und ich mich nicht erinnere ein solches Stück
gesehen zu haben, so hatte desto größere Lust empfunden zu versuchen, ob es
könnte im Kupferstich einige Wahrheit haben. Ich hatte H. Wille einen Druck
von diesem kleinen Mondschein gegeben an E. H. Edi. und schätzte mich glücklich
Dero Meinung darüber zu wissen, denn nichts ist mir schätzbarer als das Urteil
eines Kenners. Ich habe die Ehre mich Ihnen zu empfehlen und verbleibe
Hochedelgeborener insonderheit Hochgeehrter Herr
dero ganz gehorsamer und ergebener Diener
Paris, 15 Juin 1764. A. Zingg, Kupferstecher.
Adresse
Zingg, Graveur Faubourg St. Germain
rue des Cordeliers aux Armes de l’Empereur.
(1) Vgl. Stübel, Hagedorn, S. 76 ff.
(2) Der Landschaftsstecher Frangois Vivares (1709 —1782) ist vor allem durch seine Stiche nach
Claude Lorrain bekannt; er war 1763 in Paris. Er hat auch 4 Landschaften aus der Normandie nach
Zingg gestochen. Robert Strange hatte sich im Sommer 1760 vor seiner Reise nach Italien in Paris
aufgehalten und im Willeschen Kreise verkehrt.
(3) Vgl. Abb. 1.
3. WILLE AN HAGEDORN.
Paris, den 22. Junius 1765.
Mein Herr Generaldirektor!
Wie sehr bin ich vergnüget, daß die übersandten Kupferstiche nach Ihrem Bei-
falle gewesen sind und ich bin Ihnen den besten Dank schuldig, daß Sie mich so
schleunig durch Herrn Winkler1) haben bezahlen lassen. Ich habe diesem schon
vor einigen Tagen die Quittung über die empfangenen 567 16 sols zugeschicket
und hier lege ich die Quittung des H. von Marcenay2) mit bei. Diese Sache hat
also ihre ganze Richtigkeit. Ich werde indessen einhalten Kupferstiche einzu-
kaufen, bis Sie es wieder befehlen werden: denn ich verrichte gerne alles nach
Ihrem Beifalle und Gutheißen.
Ich bin Ihnen, mein Herr Generaldirektor, indessen zum Voraus von Herzen ver-
bunden für die Abdrücke, welche Sie mir gütigst zugedacht und abgegeben haben!
Ich werde daraus den Zustand der Kupferstecherei in Dresden sehen. Ein Kupfer-
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25 Jahren noch keinen Kupferstecher aufzuweisen hatten, dermalen aber so gut als
die Franzosen, und der Kupferhandel anfanget sehr stark zu gehen.
Wann ein Künstler nicht an einem Ort ist wie Paris oder London, so muß er
notwendig von großen Fürsten unterstützet sein, oder er muß eigene Mittel be-
sitzen um ruhig arbeiten zu können; wann ein Künstler sich schmeichelte es wollen
zu erzwingen ohne die obengemeldete Hilfe, so wird er irren und in seinem
Alter wird er vor seine Mühe Armut haben und sehr zu bedauern sein auch sterben
machen allen denenjenigen die Lust zum Kupferstechen haben möchten. Denn
erstens ist es eine Arbeit, die die Augen sehr frühzeitig schwächet und zweitens
ist die Natur des Kupferstechers eine langsame Arbeit, welche sehr viel Geduld
erfordert, welches ich vor kurzem recht gut empfunden habe an einer kleinen
Platte so ich nach van der Neer gestochen3). Von meinen Freunden hier wollte mir
keiner raten, dieses kleine Stück zu stechen, weiln es dem Public nicht gefallen
möchte. Weiln es aber einen Mondschein darstellte, wo man den Mond nicht
siehet, sondern nur seine Wirkung, und ich mich nicht erinnere ein solches Stück
gesehen zu haben, so hatte desto größere Lust empfunden zu versuchen, ob es
könnte im Kupferstich einige Wahrheit haben. Ich hatte H. Wille einen Druck
von diesem kleinen Mondschein gegeben an E. H. Edi. und schätzte mich glücklich
Dero Meinung darüber zu wissen, denn nichts ist mir schätzbarer als das Urteil
eines Kenners. Ich habe die Ehre mich Ihnen zu empfehlen und verbleibe
Hochedelgeborener insonderheit Hochgeehrter Herr
dero ganz gehorsamer und ergebener Diener
Paris, 15 Juin 1764. A. Zingg, Kupferstecher.
Adresse
Zingg, Graveur Faubourg St. Germain
rue des Cordeliers aux Armes de l’Empereur.
(1) Vgl. Stübel, Hagedorn, S. 76 ff.
(2) Der Landschaftsstecher Frangois Vivares (1709 —1782) ist vor allem durch seine Stiche nach
Claude Lorrain bekannt; er war 1763 in Paris. Er hat auch 4 Landschaften aus der Normandie nach
Zingg gestochen. Robert Strange hatte sich im Sommer 1760 vor seiner Reise nach Italien in Paris
aufgehalten und im Willeschen Kreise verkehrt.
(3) Vgl. Abb. 1.
3. WILLE AN HAGEDORN.
Paris, den 22. Junius 1765.
Mein Herr Generaldirektor!
Wie sehr bin ich vergnüget, daß die übersandten Kupferstiche nach Ihrem Bei-
falle gewesen sind und ich bin Ihnen den besten Dank schuldig, daß Sie mich so
schleunig durch Herrn Winkler1) haben bezahlen lassen. Ich habe diesem schon
vor einigen Tagen die Quittung über die empfangenen 567 16 sols zugeschicket
und hier lege ich die Quittung des H. von Marcenay2) mit bei. Diese Sache hat
also ihre ganze Richtigkeit. Ich werde indessen einhalten Kupferstiche einzu-
kaufen, bis Sie es wieder befehlen werden: denn ich verrichte gerne alles nach
Ihrem Beifalle und Gutheißen.
Ich bin Ihnen, mein Herr Generaldirektor, indessen zum Voraus von Herzen ver-
bunden für die Abdrücke, welche Sie mir gütigst zugedacht und abgegeben haben!
Ich werde daraus den Zustand der Kupferstecherei in Dresden sehen. Ein Kupfer-
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