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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Möller, Emil: Leonardos Bildnis der Cecilia Gallerani in der Galerie des Fürsten Czartoryski in Krakau
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0326

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sammenhang mit den Arbeiten des Meisters und mit dem bisher bekannten Bestand
an Urkunden verarbeitet habe, wage ich die Hoffnung auszusprechen, daß durch die
hier folgende ausführliche Darstellung die bisherige Streitfrage erledigt sei.
DER GEGENWÄRTIGE ZUSTAND DES GEMÄLDES.
Die Tafel besteht aus italienischem Nußbaum und mißt 53,4 x39,3 cm. Sie ist
mit ganz dünnem Kreidegrund überzogen und in Ölfarben gemalt. Die obere linke
Ecke war abgebrochen und ist wieder angeleimt. Die Erhaltung ist recht ver-
schieden: ziemlich rein erhalten sind sämtliche Fleischteile und das Hermelin, arg
übermalt ist fast alles übrige1).
Die späte Schrift links oben LA BELE FERONIERE LEONARD DAWINCI
stammt wohl erst aus dem 18.Jahrhundert und zwar von einem Nichtfranzosen.
Der Hintergrund ist vollständig mit schwarzer Ölfarbe in kurzen, ungleich-
mäßigen Strichen übermalt; ja von dem rohen Pinseler sind dabei sogar manche
Umrisse der Figur mitgenommen und zwar: ein gutes Stück der rechten Schulter,
ein Teil der Flechte und des Hinterkopfes und Kleinigkeiten am rechten Ärmel.
Das Gesicht, die hell beleuchtete linke Schulter mit dem scharfen Einschnitt oberhalb
des blauen Überwurfes, sowie dieser selbst setzen sich so hart gegen den Hinter-
grund ab, daß die Figur an dieser Seite wie ausgeschnitten und aufgeklebt wirkt.
Die Fleischteile haben einen feinen, hellen Ton mit zarten, grauen Halbschatten
und sind, von geringen Abwaschungen und Ausbesserungen abgesehen, gut erhalten.
Die schmalen, braunen Augen blicken aufmerksam nach rechts. Das Weiße des
rechten Augapfels ist ausgebessert, wahrscheinlich aber auch der Rand der Iris
verstärkt, ebenso wie beide Pupillen, wodurch der Ausdruck des rechten Auges
eine gewisse Starrheit erhalten hat. Die Augenbrauen sind sehr zart gezeichnet.
Unter der feinen, geraden Nase sieht man einen noch ganz kindlichen Mund mit
schmalen, leicht geröteten Lippen.
Das hellbraune Haar, das nur über der Stirn noch von Übermalung frei ist, legt
sich, in der Mitte gescheitelt, flach an den Kopf und ist im Nacken zu einer Flechte
zusammengebunden, die, wie hellere Flecken zeigen, mit Bändern umwickelt war.
Ein dünner, weißer Schleier mit gelbem, gekrausten Rande bedeckt die Stirn bis
zu den Augenbrauen, lag ehemals natürlich auch auf dem Haar, wo er jetzt durch
Abwaschen und Übermalung verschwunden ist und ging, wie man noch sehr deut-
lich an der bis auf die Wange herablaufenden gelben Kante erkennt, seitlich herab,
um unter dem Kinn zusammengeknotet oder -gesteckt zu werden. Grobe Willkür
eines Restaurators hat ihn bei der Überarbeitung des Haares oberhalb der Stirn
abgewaschen und ihn im übrigen mit der Farbe des Haares flächig überdeckt.
Dabei sind namentlich die Ränder vom Wangenknochen abwärts mit groben Strichen
überzogen, so daß es heute aussieht, als wenn die Haare selbst unter dem Kinn
straff zusammengeknüpft seien2).
(1) Dr. v. Ochenkowski, der Konservator der Sammlung- Czartoryski, hat auf meine Bitte im Jahre 1913
auch seinen Amtsvorgänger, einen greisen Herrn, über etwa in den letzten Jahrzehnten geschehene
Veränderungen an dem Bilde befragt. Dieser Herr „schwur“, abgesehen von einer Reinigung des Hinter-
grundes das Bild nicht angetastet zu haben, und man muß ihm wohl glauben: Die Übermalungen
liegen schon weit zurück. Für die von Prof. Singer aufgestellte Behauptung neuerer Übermalungen
bildet die mangelhafte und, wie so oft bei Braun, überarbeitete Photographie keine geeignete Unterlage.
(2) Das ist meine Auslegung einer vielumstrittenen Einzelheit, auf Grund genauer Untersuchung der
Tafel. — Bei der „Prinzessin“ in der Ambrosiana, einem Werk des Ambrogio Preda, u. zw. unter Leonar-
dos Leitung, sehen wir etwas ganz anderes: eine losgelöste Haarsträhne fällt bis unter das Kinn herab.

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