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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Lüthgen, Eugen: Malerei und Plastik in der cölnischen Kunst des 14. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0474

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die Standfiguren könnten unverändert plastisch nachgebildet werden. Alles bewegt
sich in den Bahnen der Plastik1)“.
So wäre der Kreis geschlossen. Diese Urkunde, aus der mit höchster Wahr-
scheinlichkeit hervorgeht, daß ein Bildhauer gegen Ende des 14. Jahrhunderts die
Vorlagen für eines der bedeutendsten Glasfenster der Rheinlande fertigte, läßt die
vielfältigen Beziehungen zwischen Malerei und Plastik noch einmal im hellsten
Lichte erscheinen, denn das Altenberger Westfenster wächst bis in alle Einzel-
heiten organisch heraus aus der folgerichtigen Entwicklung der rheinischen Glas-
malerei. Es weist keine Züge auf in architektonischer, räumlicher oder plastischer
Gesinnung, die der Vergangenheit dem Wesen nach fremd wären. Es bedeutet
nichts anderes als das letzte Glied in der festgefügten Kette der Entwicklung.
Denn so innig ist die Malerei des 14. Jahrhunderts mit der Vorstellungswelt archi-
tektonischer und plastischer Gestaltung verwachsen, daß der bedeutendste Bild-
hauer der Zeit, supftr omnes rex lapicidas, Meister Raynoldus, seine Zeichnung für
ein Glasgemälde schaffen kann, ohne im geringsten aus dem der Glasmalerei ge-
wiesenen Rahmen abzuweichen.
Die Tatsachen ausdeutend könnte man sagen, die Flächenkünste, Glasmalerei,
Tafelmalerei und Miniaturmalerei haben innerhalb des 14. Jahrhunderts imCölnischen
Kunstkreise eine volle Übereinstimmung des Stils. Ihre Darstellungsmittel ent-
sprechen noch nicht den der Flächenkunst eigentümlichen Ausdruckswerten. Sie
sind noch umklammert von den FormvorStellungen, die der Raumgestaltung der
Baukunst und der Körpergestaltung der Bildnerei dienen. Die das 14. Jahrhundert
bestimmende Vorherrschaft räumlich-körperhafter Gestaltung hat die Darstellungs-
weisen der Flächenkünste in allen Teilen bestimmt. Aus der Bildnerei schöpft die
Malerei ihre stärksten Kräfte.
(1) Oidtmann a. a. O., S. 219.

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