Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Münchner kunsttechnische Blätter — 16.1919-1920

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Berger, Ernst: 25 Jahre Münchener Maltechnik: zur Geschichte meiner römisch-pompejanischen Rekonstruktionsversuche, [4]
DOI Artikel:
Berger, Ernst: Goethes Farbenlehre in den "Gesprächen" mit I. P. Eckermann, [3]
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.36587#0005

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
*l'**ti Ni
“ ’Nel
:

war' t, „rw«»m

C"*“«

fahren (Stuccolustro) herzustellende
glänzendglatte Oberfläche, für die
genügende tatsächliche Beweise vorliegen.
Wären Raehlmanns Analysen ein paar Jahre
früher erschienen, so wäre viel Arbeit erspart,
viel gehässiger Streit im Keime erstickt worden,
und ich hätte die Genugtuung gehabt, in jeder
Beziehung und von Anfang an auf dem
richtigen Wege zur Wiedererweckung der längst
gesuchten antiken Wandmaltechnik gewesen
zu sein.
Aber selbst Raehlmanns geniale Arbeit hat
.die Freskoanhänger nicht von ihrer vorgefassten
Meinung abbringen können! Ein Jahr später, also
1911, nachdem ich in Rom gelegentlich des
X Internationalen Kunstkongresses einen Vortrag
über meine Rekonstruktion an der geweihten Stätte
antiker Kunst hatte halten dürfen, sah sich Keim
veranlasst, endlich das sechs Jahre vorher ein-
gegangene Versprechen einzulösen, um die Rich-
tigkeit der Wiegmann Donnerschen Freskotheorie
durch die reine Praxis zu beweisen. Auf
Veranlassung der Deutschen Gesellschaft für
rationelles Malverfahren hat diese „Vorführung der
römisch-pompejanischenFreskotechnik durchHerrn
A. W. Keim“ am 12.—16. Juni 19II in der
städtischen Gewerbeschule (Malschule) an der
Westenriederstrasse, München, stattgefunden. Wenn
man das Protokoll daraufhin durchsieht (Technische
Mitteilungen für Malerei XXIX vom 15* Oktober
1913) hat man den Eindruck, als ob der Beweis
grossenteils gelungen wäre, aber in Wahrheit
hatte Keim gezeigt, dass Donners Annahme,
der Glanz sei eine Folge der Bildung des
Kohlensäurehäutchens, durchaus falsch,
dagegen meine eigene Annahme die Glättung
der ersten, farbigen Stuckunterschicht mittels der
Glättungsoperation einzig richtig ist! Den
Beweis, dass man auf diesem so geglätteten Grund
noch mehrere Tage, wie Donner es wollte, in
reiner Freskotechnik weiter und fertig
malen könnte, ist aber Keim ebenso schuldig ge-
blieben wie alle vor ihm. Denn schon am zweiten
Tage mussten alle Farben mit Kalk vermischt
werden, weil der Grund nicht mehr genug „an-
sog“, und auch ein Unterlegen von neuer Kalk-
schicht unmöglich zum Ziele führte. Wer aber
jemals in Rom oder Pompeji und in Neapel ge-
wesen ist, musste ob dieser Rekonstruktion der
Malerei (die Unterschichte ausgenommen!) nur
den Kopf schütteln.
Eine gleichzeitig veröffentlichte Schrift „Ueber
diepompejanisch-römische Wandmalerei, ein Ueber-
blick über die Streitfrage Donner-v. Richter contra
Berger“ übergehe ich, denn dieses angeblich „nach
den Akten“ zusammengestellte Machwerk ist nicht
Wert, nur eine Zeile daran zu verschwenden.
Schon die erste Seite ist voller Lügen und ge-
fälschten Angaben!

Dieser letzte „Streich“ der Freskoanhänger
hatte aber zur Folge, dass ich als Gegenschlag
eine Reihe von Gutachten von Kollegen, Che-
mikern und Architekten veröffentlichte, die von
Männern herrührten, die in Rom, Pompeji,
Neapel gewesen sind, und nicht „nur aus der
Literatur“ und etlichen eigenen, wie sich zeigte,
recht misslungenen Versuchen über die Frage
orientierten.
(Fortsetzung folgt.)
Goethes Farbenlehre in den „Gesprä-
chen“ mit I. P. Eckermann.
Zusammengestellt von E. B.
(2. Fortsetzung.)
Goethe fuhr fort:
„Deshalb verbergen sie auch alle solche Experi-
mente, wodurch die Wahrheit an den Tag kommen
und die Unhaltbarkeit ihrer Lehre sich darlegen
könnte.“
„Und dann, um von den Schülern zu reden, welchen
von1" ihnen wäre es denn um die Wahrheit zu tun?
Das sind auch Leute wie andere und völlig zu-
frieden, wenn sie über die Sache empirisch mitschwatzen
können. Das ist alles. Die Menschen sind überhaupt
eigener Natur; sobald ein See zugefroren ist, sind sie
gleich zu Hunderten darauf und amüsiren sich auf der
glatten Oberfläche; aber wem fällt es ein, zu untersuchen,
wie tief er ist und welche Arten von Fischen unter dem
Eise hin- und herschwimmen ? . . . Denken Sie nur im-
mer an den gefrorenen See: so sind die Leute, ich
habe sie kennen gelernt, so sind sie und nicht anders“,.
„Aber doch,“ sagte ich, „kann es Ihnen nicht ge-
reuen, dass Sie die ,Farbenlehre* geschrieben; denn
nicht allein, dass Sie dadurch ein festes Gebäude dieser
trefflichen Wissenschaft gegründet, sondern Sie haben
auch dann ein Muster wissenschaftlicher Behandlung
aufgestellt, woran man sich bei Behandlung ähnlicher
Gegenstände immer halten kann.“
„Es gereut mich auch keineswegs,“ sagte Goethe,
„obwohl ich die Mühe eines halben Lebens hineinge-
steckt habe. Ich hätte vielleicht ein halbes Dutzend
Trauerspiele mehr geschrieben, das ist alles, und dazu
werden sich noch Leute genug nach mir finden.“
„Aber Sie haben recht, ich denke auch, die Behand-
lung wäre gut; es ist Methode darin. In derselbigen
Art habe ich auch eine Tonlehre geschrieben, sowie
auch meine Metamorphose der Pflanzen auf derselben
Anschauungs- und Ableitungsweise beruht.“ . . .
(Goethe spricht über Botanik und Mineralogie).
„In der ,Farbenlehre* steht mir nun noch die Ent-
wicklung des Regenbogens bevor, woran ich nächstens
gehen werde. Es ist dieses eine äusserst schwierige
Aufgabe, die ich zu lösen hoffe. Es ist mir aus diesem
Grunde lieb, jetzt mit Ihnen die ,Farbenlehre* wieder
durchzugehen, wodurch sich dann, zumal in Ihrem Inte-
resse für die Sache, alles wieder auffrischt.“
. . . (Im weiteren Verlaufe des Gespräches wird
von der Naturwissenschaft und den Fortschritten der-
selben gehandelt).
Donnerstag, den 1. März 1827.
Bei Goethe zu Tisch. . . . Sodann verhandelten wir
viel über die Farbenlehre, über die subjektiven prisma-
tischen Versuche, und über die Gesetze, nach denen
der Regenbogen sich bildet. Er freute sich über meine
fortwährend sich vergrössernde Teilnahme an diesen
schwierigen Gegenständen.
 
Annotationen