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Münchner kunsttechnische Blätter — 16.1919-1920

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Nr. 7
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Das Handbuch der Malerei vom Berge Athos, [3]: Hermeneia des Dionysios
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https://doi.org/10.11588/diglit.36587#0037

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[Kuchen, 22. Dez. 1919

Beilage zur „Werkstatt der Kirnst“ (£. A. Seeaaaaa, Leipzig).
ErseMat 14tägig unter Leitung ven Maier Prof. Ernst Berger.

IYI. Jahrg, Sr. 7

Inhalt: Das Handbuch der Malerei vom Berge Athos (Herrneneia des Dionysios). (2. Fortsetzung.) — Tempera-
Bindemittel. (3. Fortsetzung und Schluss.) — Aus alten Malerbüchern. (Schluss.)

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Das Handbuch der Malerei vom Berge Athos (Hermeneia des Dionysios).
(2. Fortsetzung.)
Deshalb beginnt der Mönch Dionysios mit
demPausen derBilder, denn nichts ist charak-
teristischer für die byzantinische Malerei der

er-
sten Zeit nach dem Jahre IOOO, als das fort-
währende Wiederholen der einmal festgestellten
Typen und Formen. Dem Verfasser des Athos-
buches ist dies so selbstverständlich, dass er sein
Werk mit dem Kapitel „Wie man Bilder ab-
drückt beginnt (§ 1), denn die Pause ist das
wichtigste für den Anfang und ohne dieselbe kann
der junge Künstler nichts beginnen. Schon aus
der Einleitung (S. 46) kann man ersehen, welchen
Wert Dionysios auf die Beschaffung von Pausen
nach guten Originalen legt, denn nur auf die
genaueste Nachahmung des schon vorhandenen
scheint es demhagioritischen Künstler anzukommen.
Es heisst an der zitierten Stelle: „suche einige
Originale des berühmten Panselinos auf . . . .
Gehe dann in die Kirchen, die er ausgemalt hat,
um dir Abdrücke zu nehmen, wie wir dich unten
lehren werden“. Zu diesem Zwecke wird der
»Urtypus“ erst mit Vorsicht gewaschen*), das öl-

Mit

getränkte Papier daraufgelegt und mit schwarzer
und weisser Eitempera die Zeichnung durchge-
paust. Auch solche Pausen dienen dann wieder
als Vorbild. Bei gefirnissten Bildern oder Wand-
gemälden werden die Konturen mit verschiedenen,
in Knoblauchsaft angerührten Farben überstrichen
und einfach auf befeuchtetes Papier abgeklatscht,
ein Verfahren, das sich, wie ich versuchte, leicht
ausführen lässt, das aber zeigt, wie wenig rück-
sichtsvoll mit den Originalen verfahren wurde,
nur um die genauesten Kopien davon zu ver-
fertigen.
Die weiteren Vorarbeiten werden in den
nächsten Kapiteln beschrieben und zwar: Von
der Bereitung der Kohle, womit man zeichnet
(§ 2), der Pinsel (§ 3), des Leimes (§ 4), wie
man Gips brennt und flüssig macht (§ 5) und
wie man für Bilder den Gipsgrund macht (§ 6).
Es ist wichtig, von dieser Grundierung ge-
nauere Notiz zu nehmen, weil mit dem Grund die
weitere Technik im innigsten Zusammenhänge steht.

*) S. 46 der Einleitung: „Ehe du also eine Abzeich-
nung, sei es auf einer Mauer, sei es auf einem Ge-
mälde, nimmst, so gib wohl acht, das du den Urtypus
fljjt einem sehr reinen Schwamme wohl waschest, um
,e.n Schmutz wegzunehmen; denn wenn du ihn nicht
gleich waschest, so bleibt der Schmutz darauf kleben
jjnd er wird später nicht Weggehen, und so verfällst
au der Anklage der Gottlosigkeit und wirst für einen
Frächter der Bilder angesehen/' Dass diese War-
nung berechtigt ist, zeigt gleich die weitere Stelle :
verschiedenen Orten habe ich gefunden, dass
«laler, welche sich Abdrücke genommen haben, sei
s aus Unwissenheit, oder aus Mangel an Frömmigkeit
?d Furcht vor der Sünde, die Gemälde nicht schnell
wuschen und den Schmutz auf denselben liessen, so
ass, welche Mühe ich mir auch darum gab, dieselben
waschen und zu reinigen, ich es nicht vermochte“.

unserem heutigen Begriffe von Pietät für alte Bil-

der, dürfte auch die weitere Anweisung des Dionysios
nicht recht vereinbart sein: er verfährt bei alten Bib
dern, wie folgt: „Aber wenn das Gemälde, von dem
du den Abdruck nehmen willst, alt ist, wenn die Far-
benstriche nicht mehr sichtbar sind, der Gips mürbe
geworden ist, und du fürchten musst, dass es durch
das Waschen verdorben werde, so mache es also:
Wasche es zuerst mit Vorsicht, flicke es dann aus,
ziehe einen Firnis darüber, und nimm dann den Ab-
druck; wasche es dann wieder, wie wir schon gesagt
haben.“ Es handelt sich hier, wie aus § 1 hervorgeht,
um den Abdruck mittels der Knoblauchfarbe, die sich
doch nicht vollständig auf das Papier überträgt; das
Ueberflüssige muss also abgewaschen werden; zu be-
merken wäre noch, dass der Knoblauchsaft die
Eigenschaft hat, als Wasserfarbe sich auf der mit Oel-
firnis bedeckter Fläche aufzutragen zu lassen. Dieser
bekannte Atelierwitz ist demnach so alt wie die
Athoskunst!
 
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