Münchner kunsttechnische Blätter.
Kr. r&
so6
Wahl der gekauften Malstoffe vorsichtiger werden,
dadurch diesen wichtigen Punkten erhöhte Bedeu-
reicher und fruchtbarer die Ergebnisse. Auch
Angaben über die Herkunft fertig bezogener
<5inrS von Wert, zumal wenn die Ankaufs-
tung zuschreiben und so allmählich wieder
Herr über seine Ausdrucksmittel werden.
Mein Vorschlag, der zuerst in der „Kunst für
Alle“ (Nov. 1919) Erschienen ist, hat den er-
wünschten Erfolg gehabt Fast alle grösseren
und eine Reihe; der kleineren deutschen Galerien
neuerer Kunst haben ihre Mitwirkung zugesagt
Damit ist die Wirksamkeit der Massregel verbürgt
Inzwischen wurden die Fragebogen ausgearbeitet
und im Entwurf den Galerieleitungen, den Aka-
demien und technisch besonders erfahrenen
Künstlern und Gelehrten mit der Bitte übersandt,
Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu machen.
Eine Reihe von sehr wertvollen Zusätzen ist
dadurch gewonnen worden, ausserdem aber die
Erkenntnis, dass in den weitesten Kreisen — auch
der ausübenden Künstlerschaft — die Massregel
als in höchstem Grade nützlich und vorteilhaft
begrüsst wird.
Die mehrfache Bitte um Überlassung von
Fragebogen, von Künstlern gestellt, die mit den
Fragebogen zur Seite arbeiten wollen, zeigt, dass
es angebracht ist, diese durch Veröffentlichung
in der Fachpresse und durch den freien Verkauf
auch weiteren Kreisen, als nur den Künstlern zu-
gänglich zu machen, von denen zufällig Bilder von
öffentlichen Galerien erworben werden. Auch ist
es klar, dass vorheriges Vertrautsein mit dem
Fragebogen dem Künstler die spätere Ausfüllung
mehr erleichtert, als der genaueste Fragebogen,
der erst nachträglich vorgelegt wird. Je mehr
Künstler ihn kennen lernen und studieren, desto
eher wird der Zweck erreicht werden.
Die Verfolgung der handwerklichen Vorgänge
bei der Arbeit erfordert zweifellos eine gewisse
Selbstzucht vom Künstler, die sich aber auf die Dauer
dadurch belohnt, dass er zunächst dazu kommen
wird, mit Bewusstsein das seiner künstlerischen
Absicht entsprechende technische Verfahren ein-
zuschlagen, das ihm nicht einen trügerischen
Augenblickserfolg, sondern die dauernde Errei-
chung seines Zieles verbürgt. Und im Laufe der Zeit
wird dann der eine Hauptzweck wieder erreicht
werden, nämlich das, was die notwendige Vor-
aussetzung des künstlerischen Schaffens überhaupt
ist: dass derKünstler ohneNachdenken, aus
der Beherrschung seiner handwerklichen
Mittel heraus, gleichsam automatisch
sein Handwerk richtig ausübt. Der gewissen-
hafte Künstler wird aber dann auch den drängen-
den Besteller auf die Gefahren hinweisen, die eine
zu eilige Fertigstellung und zu frühes Firnissen
des Gemäldes für dessen spätere Erhaltung
zum Schaden des Bestellers im Gefolge haben
müssen.
Bei der Ausfüllung der Fragebogen ist es
natürlich wichtig, dass sie möglichst genau ge-
macht wird. Je eingehender die Angaben, desto
zeit angegeben wird: sie sind geeignet das
Gewissen der Fabrikanten zu schärfen. Gegen-
wärtig, wo die gebräuchlichsten Rohstoffe (Leinöl,
Terpentinöl, Leinwand usw.) kaum vorhanden
und durch Ersatzstoffe verdrängt sind, ist die
Gefahr, dass die neuen Bilder bereits krank oder
wenig lebensfähig zur Welt kommen, sehr gross.
Es ist daher besonders wichtig, dass die Ersatz-
stoffe möglichst genau angegeben werden,
damit bei auftretenden Schäden sofort deren
Brauchbarkeit nachgeprüft werden kann. Vielleicht
wird sich hierbei heraussteilen, dass manche
dieser Ersatzstoffe als wirkliche Errungenschaften
zu begrüssen sind, die man gerne beibehalten
wird.
In einer der nächsten Nummern dieser Zeit-
schrift hoffe ich den Fragebogen selbst abdmcken
und durch die Motive erläutern zu können.
Ist es heute noch möglich, mit vier
Farbe» ein buntes Bild herzustellen?
Von Franz-Erich Lenk, Langenbernsdorl
Nr. 21 dieser Zeitschrift enthielt eine Abhandlung
über die Frage: „Ist es heute noch möglich, mit vier
Farben ein buntes Bild herzustellen“, und dieser Frage
möchte ich gern einmal näher treten. Für mich heisst
es, erst heute ist es im Sinne des Artikels möglich,
ein buntes Bild mit vier Farben herzustellen durch die
Erfindung des Drei- bez. Vierfarbendruckes. Das
Rätsel der alten Malerei zu lösen, soll nicht der Zweck
dieser Zeilen sein, weil ich gleich offen sage, dass ich
dies nicht kann. Aber der Schreiber dieses Artikels
hat es nach meiner Ansicht auch nicht vermocht.
Welcher Maler, der die „Werkstatt der Kunst“ liest,
ist imstande, mit Chromgelb, Krapprot und Kobalt-
blau ein wirkungsvolles Gemälde — denn von solchen
wird gesprochen — herzustellen?
Nun noch zur Richtigstellung: Mit Hilfe des
Drei- bez. Vierfarbendruckes kann man bis heute
nur Reproduktionen von Gemälden oder irgendwelcher
Motive direkt nach der Natur erzeugen. Es ist das
lediglich ein Kopier- und Vervielfältigungsverfahren.
Heute, da doch jeder Künstler mehr oder weniger mit
dem Druckverfahren vertraut ist, wird das auch allge-
mein bekannt sein.
Wenn Apelles wirklich mit vier Farben den ausge-
sprochenen Schönheitssinn der Griechen befriedigen
konnte, so kam das sicher nicht daher, dass er als
gottbegnadeter Ausnahmemensch Augen hatte wie ein
photographisches Objektiv, sondern weit eher war der
Farbensinn der Griechen nicht weiter gebildet als
dahin, dass sie eben in dem Kolorit des Apelles die
höchste Vollendung in dieser Kunst sahen. Aus dem
Inhalt des Artikels, dass die Griechen z. B. blaublind
gewesen seien, ist dies leicht zu schliessen. Natürlich
rede ich, wie auch der Schreiber des Artikels, nur von
wirklichen Bildern (Orginalbildern) als Erzeugnis frei-
künstlerischen Schaffens; denn im weiteren Sinne
kann man bunte Bilder auch schon mit zwei Farben
(graphische und angewandte Kunst) herstellen ohne
Hilfe der Photographie. —
Verlag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann in Leipzig
Kr. r&
so6
Wahl der gekauften Malstoffe vorsichtiger werden,
dadurch diesen wichtigen Punkten erhöhte Bedeu-
reicher und fruchtbarer die Ergebnisse. Auch
Angaben über die Herkunft fertig bezogener
<5inrS von Wert, zumal wenn die Ankaufs-
tung zuschreiben und so allmählich wieder
Herr über seine Ausdrucksmittel werden.
Mein Vorschlag, der zuerst in der „Kunst für
Alle“ (Nov. 1919) Erschienen ist, hat den er-
wünschten Erfolg gehabt Fast alle grösseren
und eine Reihe; der kleineren deutschen Galerien
neuerer Kunst haben ihre Mitwirkung zugesagt
Damit ist die Wirksamkeit der Massregel verbürgt
Inzwischen wurden die Fragebogen ausgearbeitet
und im Entwurf den Galerieleitungen, den Aka-
demien und technisch besonders erfahrenen
Künstlern und Gelehrten mit der Bitte übersandt,
Vorschläge zu ihrer Verbesserung zu machen.
Eine Reihe von sehr wertvollen Zusätzen ist
dadurch gewonnen worden, ausserdem aber die
Erkenntnis, dass in den weitesten Kreisen — auch
der ausübenden Künstlerschaft — die Massregel
als in höchstem Grade nützlich und vorteilhaft
begrüsst wird.
Die mehrfache Bitte um Überlassung von
Fragebogen, von Künstlern gestellt, die mit den
Fragebogen zur Seite arbeiten wollen, zeigt, dass
es angebracht ist, diese durch Veröffentlichung
in der Fachpresse und durch den freien Verkauf
auch weiteren Kreisen, als nur den Künstlern zu-
gänglich zu machen, von denen zufällig Bilder von
öffentlichen Galerien erworben werden. Auch ist
es klar, dass vorheriges Vertrautsein mit dem
Fragebogen dem Künstler die spätere Ausfüllung
mehr erleichtert, als der genaueste Fragebogen,
der erst nachträglich vorgelegt wird. Je mehr
Künstler ihn kennen lernen und studieren, desto
eher wird der Zweck erreicht werden.
Die Verfolgung der handwerklichen Vorgänge
bei der Arbeit erfordert zweifellos eine gewisse
Selbstzucht vom Künstler, die sich aber auf die Dauer
dadurch belohnt, dass er zunächst dazu kommen
wird, mit Bewusstsein das seiner künstlerischen
Absicht entsprechende technische Verfahren ein-
zuschlagen, das ihm nicht einen trügerischen
Augenblickserfolg, sondern die dauernde Errei-
chung seines Zieles verbürgt. Und im Laufe der Zeit
wird dann der eine Hauptzweck wieder erreicht
werden, nämlich das, was die notwendige Vor-
aussetzung des künstlerischen Schaffens überhaupt
ist: dass derKünstler ohneNachdenken, aus
der Beherrschung seiner handwerklichen
Mittel heraus, gleichsam automatisch
sein Handwerk richtig ausübt. Der gewissen-
hafte Künstler wird aber dann auch den drängen-
den Besteller auf die Gefahren hinweisen, die eine
zu eilige Fertigstellung und zu frühes Firnissen
des Gemäldes für dessen spätere Erhaltung
zum Schaden des Bestellers im Gefolge haben
müssen.
Bei der Ausfüllung der Fragebogen ist es
natürlich wichtig, dass sie möglichst genau ge-
macht wird. Je eingehender die Angaben, desto
zeit angegeben wird: sie sind geeignet das
Gewissen der Fabrikanten zu schärfen. Gegen-
wärtig, wo die gebräuchlichsten Rohstoffe (Leinöl,
Terpentinöl, Leinwand usw.) kaum vorhanden
und durch Ersatzstoffe verdrängt sind, ist die
Gefahr, dass die neuen Bilder bereits krank oder
wenig lebensfähig zur Welt kommen, sehr gross.
Es ist daher besonders wichtig, dass die Ersatz-
stoffe möglichst genau angegeben werden,
damit bei auftretenden Schäden sofort deren
Brauchbarkeit nachgeprüft werden kann. Vielleicht
wird sich hierbei heraussteilen, dass manche
dieser Ersatzstoffe als wirkliche Errungenschaften
zu begrüssen sind, die man gerne beibehalten
wird.
In einer der nächsten Nummern dieser Zeit-
schrift hoffe ich den Fragebogen selbst abdmcken
und durch die Motive erläutern zu können.
Ist es heute noch möglich, mit vier
Farbe» ein buntes Bild herzustellen?
Von Franz-Erich Lenk, Langenbernsdorl
Nr. 21 dieser Zeitschrift enthielt eine Abhandlung
über die Frage: „Ist es heute noch möglich, mit vier
Farben ein buntes Bild herzustellen“, und dieser Frage
möchte ich gern einmal näher treten. Für mich heisst
es, erst heute ist es im Sinne des Artikels möglich,
ein buntes Bild mit vier Farben herzustellen durch die
Erfindung des Drei- bez. Vierfarbendruckes. Das
Rätsel der alten Malerei zu lösen, soll nicht der Zweck
dieser Zeilen sein, weil ich gleich offen sage, dass ich
dies nicht kann. Aber der Schreiber dieses Artikels
hat es nach meiner Ansicht auch nicht vermocht.
Welcher Maler, der die „Werkstatt der Kunst“ liest,
ist imstande, mit Chromgelb, Krapprot und Kobalt-
blau ein wirkungsvolles Gemälde — denn von solchen
wird gesprochen — herzustellen?
Nun noch zur Richtigstellung: Mit Hilfe des
Drei- bez. Vierfarbendruckes kann man bis heute
nur Reproduktionen von Gemälden oder irgendwelcher
Motive direkt nach der Natur erzeugen. Es ist das
lediglich ein Kopier- und Vervielfältigungsverfahren.
Heute, da doch jeder Künstler mehr oder weniger mit
dem Druckverfahren vertraut ist, wird das auch allge-
mein bekannt sein.
Wenn Apelles wirklich mit vier Farben den ausge-
sprochenen Schönheitssinn der Griechen befriedigen
konnte, so kam das sicher nicht daher, dass er als
gottbegnadeter Ausnahmemensch Augen hatte wie ein
photographisches Objektiv, sondern weit eher war der
Farbensinn der Griechen nicht weiter gebildet als
dahin, dass sie eben in dem Kolorit des Apelles die
höchste Vollendung in dieser Kunst sahen. Aus dem
Inhalt des Artikels, dass die Griechen z. B. blaublind
gewesen seien, ist dies leicht zu schliessen. Natürlich
rede ich, wie auch der Schreiber des Artikels, nur von
wirklichen Bildern (Orginalbildern) als Erzeugnis frei-
künstlerischen Schaffens; denn im weiteren Sinne
kann man bunte Bilder auch schon mit zwei Farben
(graphische und angewandte Kunst) herstellen ohne
Hilfe der Photographie. —
Verlag der Werkstatt der Kunst E. A. Seemann in Leipzig