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Münchner kunsttechnische Blätter — 16.1919-1920

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Nr. 16
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Ostwald, Wilhelm: Die Grundlagen der Farbkunde und der Farbkunst, [1]
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Gräff, Walter: Ueber das Reinigen von Oelbildern, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.36587#0093

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Nr. 16

Münchner kunsttechnische Blätter.

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Ein solches farbtongleiches Dreieck entsteht
aus jedem Farbton. Deren gibt es 24, folglich
ist die Anzahl der bunten Farbnormen 28 mal
24 = 672. Hierzu kommen noch die 8 unbunten
Normen, so dass die Anzahl der Farbnormen ins-
gesamt 680 beträgt, mit diesen 680 Normen
lassen sich bei weitem die meisten Farbenbe-
dürfnisse bestreiten. Es ist also dringend zu
empfehlen, sich stets an diese Normen zu halten
und alle „wilden“ Farben zu vermeiden. Die
Farbzeichen aller Farben eines farbtongleichen
Dreiecks sind daran erkennbar, dass sie mit dem
gleichen Ziffernpaar, der Nummer des Farbtons
anfangen, während die beiden Buchstaben alle
Aenderungen erfahren, die möglich sind.
Es gibt noch eine andere Art der Ordnung,
bei welcher die Nummern der Farbtöne alle mög-
lichen Werte annehmen, während die Buchstaben
(d. h. der Gehalt an Weiss und Schwarz) die-
selben bleiben. Dies ergibt jedesmal einen Farb-
kreis gleichen Gehaltes an Weiss und Schwarz
oder einen gleichwertigen Farbkreis. Sol-
cher Farbkreise gibt es so viele, als verschie-
dene Farben in einem Dreieck Vorkommen, näm-
lich 28. Da in jedem Farbkreis 24 Farbtöne
enthalten sind, so ist die Gesamtheit aller bun-
ten Farben 28x24=672, wie früher gefunden.
Man kann also die Farben erstens nach farbton-
gleichen Dreiecken, zweitens nach gleichwertigen
Farbkreisen ordnen. Beide Ordnungen haben
ihre Bedeutung, nicht nur für die Uebersicht, son-
dern eine noch viel grössere für die Harmonie
der Farben, (Schluss folgt.)
Ueber das Reinigen von Oelbildern.
Von Dr. Walter G r äff.
(Schluss.)
Weitere Stimmen, die sich für das Waschender
Gemälde mit Wasser und Seife aussprechen, finden
sich in den „Technischen Mitteilungen für Malerei“.
Sie erscheinen aber neben den angeführten belang-
los und sind auch von so wenig berufener Seite
ausgesprochen, dass ich auf deren Wiedergabe
verzichte. Sie stehen in Jahrgang VI, S. 7,
„Ueber die Erhaltung neuer Oelgemälde“ von
Zeichenlehrer B. in M. und XXIX, S. 130; der
oben etwähnte Artikel von Ad. Goetz in Ham-
bürg: „Ueber die Pflege von Gemälden“. Eben-
so kann ich mir versagen, ein Mittel, das Prof.
Friedrich Dietrich in seiner „Praktischen An-
weisung zur Oelmalerei“ gibt (S. 181) hier heran-
zuziehen.
Erwähnen möchte ich jedoch, dass einzelne
Restauratoren das Wasser ganz ablehnenund mit Ter-
pentin, Mohnöl oder Alkohol ihre Gemälde reinigen.
Was können wir nun nach den vorstehenden
Aeusserungen anerkannter Autoritäten als den
Stand der Wissenschaft und der Praxis feststellen?

Es wird allgemein anerkannt, dass trotz sorg-
samster Pflege und möglichster Fernhaltung aller
die Gemälde schädigenden Einflüsse in gewissen
Zeiträumen eine gründliche Reinigung ihrer Ober-
fläche nicht zu umgehen ist. Ebenso ist sie un-
umgänglich nötig, bevor man ein Bild regenerieren
will, oder auch andere Erhaltungsmassregeln auf
ihrer Oberfläche treffen muss.
Ueber die Mittel, mit denen die Reinigung
zu geschehen hat, geht die gemeine Ansicht da-
hin, dass Gemälde mit unbeschädigter
Oberfläche von kundiger Hand mitWasser
und in schwierigen Fällen mit alkalifreier
Seife gewaschen werden dürfen; wobei dar-
auf zu achten ist, dass die verwendeten Abwasch-
mittel: Rehleder, Leinen, entölte Watte nur mässig
angefeuchtet werden, dass Seife nur in ganz ge-
ringer Menge auf die Firnisfläche kommt, und
dass die angefeuchtete Stelle sofort wieder trocken
gerieben wird. Dass Wasser in Tropfen auf ein
Bild gebracht, unbedingt in die haarfeinen Sprünge,
die fast jeder Firniss besitzt, eindringt und durch
Farbsprünge hindurch auch den geleimten Kreide-
grund erreichen kann, den er dann aufquellen
macht, was Blasenbildung und andere Nachteile
im Gefolge hat, ist unbestritten. Ein Fachmann,
der sich derartige Kunstfehler zu Schulden kom-
men Hesse, würde gegen eine seit über 100
Jahren bekannte Grundregel verstossen. (Vergl.
Lucanus, Anleitung zur Restauration alter Oel-
gemälde, 1827, S. 4).
Eine Hauptsache ist, dass nur geübte Restau-
ratoren solche Reinigungsarbeiten vornehmen,
Fachleute, die imstande sind, ihr Verfahren im
Einzelnen dem vorliegenden Falle entsprechend
einzurichten, da jedes Bild als ein neuer Fall an-
zusehen ist, der für sich behandelt werden muss.
Es wird durchaus nicht jeder Laie solche Ar-
beiten machen können; in der Hand eines Uner-
fahrenen, und sei er selbst Maler, kann das Ab-
waschen leicht zu grossen Schädigungen führen.
Restaurieren und Bilder erhalten ist eine Kunst,
die eine besondere Ausbildung erfordert, für die
der Maler wichtige Vorbedingungen mitbringt,
weil er Kenntniss der Malstoffe und des Aufbaus
der Gemälde sich erworben haben kann. Davor
aber muss er sich hüten, wenn er nicht
das Restaurieren gründlich erlernt hat, in
besonderen Fragen bis ins Einzelste mit-
reden zu wollen, sonst kann es ihm leicht
ergehen wie Herrn Guillery, dessen Sachkennt-
nisse zur Beurteilung solcher Fragen nicht aus-
reichen. Er verkennt in seiner ersten Anklage-
schrift das Wesen der Regenerierung von Ge-
mälden dermassen, dass er schreibt: „Es wird
vielleicht die Oeffentlichkeit, wie die leitenden
Kreise interessieren, dass doch seiner Zeit der
bayerische Staat das Pettenkofersche Regenerations-
verfahren um die Summe von 63 (XX) Mark er-
 
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