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Münchner kunsttechnische Blätter — 16.1919-1920

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Die Reinigung fleckiger und beschmutzter Bilder
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Münchner kunsttechnische Blätter

Hr. 9

es sich um grosse Blätter handelt, und die Qualität
des Papiers es erlaubt, so breitet man die Bilder aut
Glastafeln aus (oder auf gut lackierten, glatten Holz-
tafeln) und bringt sie in ein grösseres Gefass, z B.
eine Wanne, mit Wasser, welches nur eben über die
Blätter hinwegspülen darf. Die Bilder werden nun im
Wasser der Einwirkung der Sonnenstrahlen ausgesetzt,
bis die Flecken ausgebleicht sind. Kleinere Blätter
kann man ohne Glasunterlage in das Wasser bringen,
und in Ermangelung einer Wanne lassen sich die
Blätter auch recht gut bleichen, wenn sie, nur auf
Tafeln ausgebreitet und beständig gut feucht erhalten,
den Sonnenstrahlen ausgesetzt bleiben. Das Heraus-
heben der durch und durch erweichten und durch
das Wasser alles Leimes beraubten Blätter erfordert
grosse Vorsicht, da sie leicht reissen oder sich zu-
sammenschieben.
Sind die Flecken nach dieser Behandlung nicht
gewichen, so empfiehlt sich das Reinigen der Blätter
auf chemischem Wege. Sie werden zu diesem Zwecke
auf Glastafeln ausgebreitet, einige Stunden feucht er-
halten, dann durch Auflegen von Druckpapier abge-
trocknet und an den betreffenden Stellen mit Chlor-
wasser betupft. Unter und über die Blätter wird
reines, weisses Papier gelegt, mit den Fingern fest
daraufgedrückt und solange mit Befeuchten und
Drücken fortgefahren, bis die Flecken, welche zum
Teil in die Unterlage einziehen, verschwunden sind.
Hierauf beginnt man die gereinigten Blätter mit Wasser
zu überschütten und auszulaugen und durch Auf- und
Unterlegen von feinem Druckpapier abzutrocknen, je-
doch ohne zu reiben und zu wischen. Um den ent-
zogenen Leim wieder einigermassen zu ersetzen, be-
streicht man die Rückseite der noch feuchten Blätter
mit einer schwachen Auflösung von farbloser Gelatine
und hält sie noch eine Zeitlang zwischen feuchtem
Papier, um das Einziehen des Leimwassers zu beför-
dern. Die Blätter werden dann zwischen trockenes
Druckpapier gebracht, welches man öfters wechselt,
und dann unter Druck völlig ausgetrocknet.
Wie man sieht, ist die Behandlung nicht gerade
sehr einfach und bei billigen Bildern lohnt es sich
nicht der Mühe, damit anzufangen; es sei auch noch-
mal darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren nur
bei Schwarzweissblättern und nur bei gutem Papier
anwendbar ist.
Bei zweifelhafter Qualität des Papiers oder bei
morsch gewordenem Papier ist es besser, die Bild-
fläche nur mit Brot zu reinigen, den Rand wegschneiden,
event. um das Imprimatur usw. herum und das Bild
dann auf neuen guten Karton oder gutes Papier auf-
zukleben. Im Bilde selbst stören oft die Flecken
weniger als auf dem Rande. Bei Bildern, die auf
Karton aufgezogen sind, Photographien z. B., kann
man sich auch in der Weise helfen, dass man den
Rand einfach (nach vorherigem Abreiben) mit weisser
oder getönter Leimfarbe oder Temperafärbe über-
streicht.
Flecken die von Fett, Oel u. dgl. herrühren, be-
seitigt man am besten mit Benzin; gänzliche Entfer-
nung gelingt aber in der Regel nur bei noch ziemlich
frischen Flecken. Um die Flüchtigkeit des Benzins
zu mindern, rührt man es mit pulverisierter Magnesia
zu einem dünnen Brei an und bestreicht damit den
Flecken, etwa 2 mm dick; bei Bildern natürlich auf
der Rückseite, nicht auf der Bildfläche. Ist das Ben-
zin verflüchtigt, so liegt die Magnesia als trockenes
Pulver auf dem Papier; man schabt oder reibt dieses
ab, sieht zu, ob der Flecken noch vorhanden ist und
wiederholt das gleiche Verfahren noch einigemale,
bis eben der Flecken verschwunden ist.
Ein anderes Mittel besteht darin, dass man die
Blätter auf der Rückseite mit einer Mischung aus
Pfeifenton (Bolus) und Weingeist bestreicht. Die Bild-

fläche legt man auf geglättetes Talk- oder Kreide-
papier und überbügelt dann die mit Ton bestrichene
Rückseite, sobald diese trocken ist, damit das
Oel besser und vollkommener absorbiert werde. Der
Ton wird nun abgestäubt und etwa zurückgebliebene
Spuren des Oels mit Schwefeläther, dann mit Wein-
geist von 90% betröpfelt und dass ganze sorgfältig
bedeckt. Sind die Flecken nur unbedeutend, so ge-
nügt die Anwendung von Weingeist und Schwefeläther
allein.
Lack- oder Oelfarbenflecke behandelt man am
besten mit Chloroform, da dies am sichersten alte
Oelfarben und Lacke löst, und darnach, wenn die
Farbenschicht weg ist, noch nach Bedarfsmit Magnesia-
benzin. — Spirituslacke lassen sich durch Behandlung
mit hochprozentigem Weingeist entfernen.
Rostflecken verschwinden auf Anwendung einer
Lösung von Oxalsäure, auch Kleesalz genannt: die
Lösung wird aufgetupft und nach kurzer Zeit mit viel
reinem Wasser nachgewaschen. Farbige Bilder, Aqua-
relle usw., darf man aber nicht in dieser Weise be-
handeln !
Flecken von Tinte und anderen starkfarbigen Pig-
menten, welche sich weder durch Auswaschen noch
Betupfen mit Chiorwasser entfernen lassen, betupfe
man mit in Wasser gelöstem Kleesalz, Weinsteinsäure
oder Phosphorsäure, die bei der Anwendung am bes-
ten in einem zinnernen Gefäss erwärmt werden. Sind
die Blätter gereinigt, so spült man sie rasch und sorg-
fältig mit Wasser, bis sie, an die Zunge gehalten, keine
Spur eines sauren Geschmackes mehr zeigen und fest
darauf gedrücktes blaues Lackmusspapier sich nicht
im mindesten mehr rötet.
Anilinfarben bearbeitet man am besten mit Chlor-
kalklösung, dem sogenannten Chlorwasser, eventuell
auch mit verdünnter Schwefelsäure oder zuerst mit
dieser und dann mit ebenfalls verdünnter Salzsäure.
Das mehrfach genannnte Chlorwasser bereitet man
sich, indem man in eine gut verschliessbare Flasche
einige Löffel voll Chlorkalkpulver gibt, mit Wasser
füllt, gut schüttelt und dann einige Tage verschlossen
stehen lässt. In der Flasche setzt sich dann das nicht
Gelöste als Bodensatz ab und die obenstehende gelbe
oder grünfarbige, durchsichtige Flüssigkeit ist das ge-
brauchsfertige Chlorwasser.
Dieses Chlorwasser ist auch ein vorzügliches
Mittel zum Beseitigen von Flecken, die von Obst,
Himbeeren u. dgl. herrühren; auch Wasserstoffsuper-
oxyd ist hier am Platze. In beiden Fällen muss natür-
lich mit reinem Wasser nachgewaschen "und sorgsam
getrocknet werden.
Endlich wären noch zu erwähnen die sogenannten
Stockflecken, das sind Pilzbildungen auf dem Papier
der Bilder, die namentlich an solchen Bildern auf-
treten, die in seiten geheizten Zimmern hängen. Der
Grund hiervon ist der, dass die infolge der Heizung in
dem kalten Zimmer entwickelte feuchte Luft ihren
Wasserdampf an die kalten Zimmerwände und durch
diese an das poröse Papier der Bilder abgibt und
dort Anlass zur Pilzbildung wird. Aeltere Flecken
dieser Art sind schwer oder vielmehr gar nicht mehr
gründlich zu beseitigen; frische Flecken lassen sich
beseitigen, wenn man die Bilder — nach tüchtiger
trockener Reinigung, mit Brot usw. — der Wirkung
von Hirschhornsalz aussetzt, etwa 24 Stunden. Das
Salz, trockene Stücke, wird hierbei mit dem Bilde in
einen verschliessbaren Behälter, eine Schublade oder
dergleichen gebracht. Ein weiteres Mittel ist phosphor-
saures Natron, in schwacher Lösung auf das betreffende
Papier gebracht, mehrere Stunden lang feucht erhalten
und mit reinem Wasser nachgewaschen. chg.
Verlag der Werkstatt der Kirnst E.A. Seemann in Leipzig
 
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