Münchner knnsttechnische Blätter.
pleischmalen eignet, im § 50 auch nichts darüber
verlautet, so wird man es ganz natürlich finden,
dass unser Autor seiner Intention, die Arbeits-
amen nacheinander zu beschreiben, entsprechend,
jn den nächsten Kapiteln genauere Angaben
Über die in solchen Fällen anzuwendende Mal-
aise hinzufugt; nach der Beschreibung der
Verhältnisse des menschlichen Körpers
/g 52) kommt er nämlich in § 53 zur Bereitung
der Farben des Naturale, und wie man auf
Tuch in Oel malt. Die Naturale genannte Oel-
malerei scheint demnach bei Figuremalerei ange-
wendet worden zu sein und hat daher den Na-
men %ov varovQczXe; auch in der Vorrede (S. 40)
gibt Dyonisios der Figurenmalerei dieselbe Be-
zeichnung.
Die Malerei des Naturale stellt sich uns
in vielen Punkten als identisch mit der Oel-
malerei des deutschen Mönches Theophilus dar,
der ja auch die „griechischen Farbenmischungen“
beschrieben hat. Nach dem griechischen Ms.
werden die Farben mit ungekochtem Leinöl auf
dem Marmor gerieben und in Näpfchen aufbe-
wahrt Nur Bleiweiss ist mit Nussöl zu reiben,
„weil es damit am schönsten wird“, ein Umstand,
den die hagioritischen Mönche ebenso wie Vasari
and Armenino zu schätzen wussten. Die Grun-
dierung mit dicker Oelfarbe, die auch Heraclius
erwähnt, ist ausser auf Seide auf Leinen und je-
dem anderen Grund anzulegen, mit dem Messer
gleichmässig zu verteilen und zu trocknen. Diese
Grundfarbe kann dunkel sein, weil gleich darauf
der Rat erteilt wird, mit weisser Kreide (Gips)
zu zeichnen. Jede Farbe ist vorher zu mischen
und zu ihrer Verdünnung wird etwas Terpentinöl
(Naphta) beigefügt.
„Fange damit an, dass du die Schatten
machst und so fortgehend die erste Licht-
farbe, dann die zweite, und zuletzt das Weiss.
Lege keine Lichtdeckung über die andere,
sondern lege dieselben geschicklich jede an
ihrem Platz; denn wenn du sie übereinander
legst, trocknen sie nicht leicht. Mache es
ebenso mit dem Fleisch, d. i. lege zuerst die
Schatten an und dann die anderen Partien.
Wenn du eine Farbe aufgetragen hast, so
neige dein Bild etwas rückwärts, lasse sie
trocknen, dann trage die anderen auf, und
wenn du fertig bist, gib ihm eine Deckung
Firnis und so ist es vollendet.“
Interessant ist noch die Angabe über die
Nette mit dem Loche für den Daumen der lin-
N* Hand, über das Waschen der Pinsel in mes-
Slngenen Behältnissen mit ungebranntem Leinöl
|*nd der Vermerk, mit den beim Reinigen der
ftnsel übrig gebliebenen Oelresten „zu arbeiten,
Was du willst“. Es wurde schon erwähnt, dass
Slch diese Oekonomie der hagioritischen Künstler
*uf die Goldfarbe (or couleur) bezieht, mit der
man eine Beize für Goldunterlage zu legen ver-
stand (s. oben S. 85 Note).
Dass in der oben geschilderten Art gemalte
Oelbilder, die durch die Jahrhunderte oft in
Kästen und Tryptichen eingeschlossen, ganz schwarz
geworden sind und nachgedunkelt haben, ist nur
natürlich. In verschiedenen Kirchen Roms, im
Museo christano des Vatikans, wo sich derartige
alte Gemälde befinden, wird deren Studium sehr
erschwert, durch die Ungewissheit, inwieweit die
Oberfläche des Bildes, soweit es überhaupt
sichtbar ist, durch spätere Auffrischung ver-
ändert wurde; auch ist es durch die Sitte, die
am höchsten verehrten Bilder durch einen Ueber-
zug von Gold- und Silberblech, der nur Gesicht
und Hände durch Ausschnitte hindurch sehen
lässt, zu verdecken, ganz unmöglich, die Ge-
wandung oder die Stellung der Figuren beur-
teilen zu können. Es wäre interessant, festzu-
stellen, ob unter dem gleissenden Gold überhaupt
die Figuren gemalt sind oder nicht, und ob diese
Sitte verhältnismässig jüngeren Datums ist*).
Die Malerei auf Mauern, wie sie von den
Malern des Athos bis in die jüngste Zeit mit
Vorliebe gepflegt wurde, ist in den 17 Kapiteln,
welche auf die Malerei des Naturale folgen, aus-
führlich geschildert. In dieser Technik konnte
Panselinos seine grosse reformatorische Tätigkeit
entfalten, und es war dieselbe Malart, welche
die „Greci“ frühzeitig nach Italien verpflanzten,
wo sie sich durch weitere Vervollkommnung zur
Buonfresko*Technik entwickelte. Die Mauermalerei
ist aber von dem Fresko der Renaissancezeit und
selbst dem Cenninis sehr verschieden, denn das
tageweise Arbeiten, worin das Kriterium der
Buonfreskotechnik gesehen werden muss, ist hier
noch nicht in ein System gebracht; bei der Aus-
führlichkeit der Angaben müsste doch davon die
Rede sein, ebenso wie von dem Wegschlagen
*) Von diesen ältesten Bildern befinden sich
mehrere in den Athosklöstern. Brockhaus berichtet
darüber in seinem Werke S. 90 u. ff. „Den Anspruch
höchsten Alters machen die Bilder, welche der Glaube
dem Evangelisten Lukas oder der Zeit des Bilderstreites
zuschreibt, oder die er „als vor vielen Jahrhunderten
über das Meer geschwommene Flüchtlinge“ ansieht.
Einige dieser bemerkenswerten Panagien-(Marien-)BiI-
der des Athos beschreibt Brockhaus. Die „dreihändige
Panagia (itavayia r^i^e^ovoa) des Johannes Damascenus“
in Chilandari gilt als Werk des Evangelisten Lukas.
Sie ist in Halbfigur dargestellt, trägt das Kind auf dem
rechten Arm, die Linke zur Brusthöhe erhebend und
blickt den Beschauer an. Aehnlich sind die Panagien
im Kirchenschatze zu Watopedi und Ajiu Pawlu. „Die
über das Meer geschwommene Panagia Partaitissa“ im
Iwiron wird der Bilderstürmerzeit zugeschrieben. Zu
den uralt geltenden Bildern gehören zwei Bilder des
hl. Georg im Kloster Sographu, welche beide, wie die
Legende erzählt, „von selbst“, das eine „nicht von
Menschenhand gemachte“ aus Palästina, das andere
aus Arabien hierher kamen. Den Ausdruck antiker
Gestalten „wird man in diesen Georgsbildern ebenso-
wenig wie in den genannten Panagienbildern finden.“