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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 12.1909

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Durm, Josef: Der Tumulus auf der Vase Vagnonville in Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.45357#0461

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2 I I

J. Durm, Der Tumulus auf der Vase Vagnonville

212

Bei der Beantwortung der Karte lag es mir ferne,
mich in das Gebiet der Vasenexegese zu begeben.
Daß hierbei ein Zusammenarbeiten mit dem Techniker

zu verhüten. Kalksteine sind, was jedermann wissen
könnte, zu Feuerungsanlagen unbrauchbar.
Sockelmauern zur Umgrenzung des Tumulus, oder


130: Konstruktive Details zur Vase Vagnonville.

Stützmauern für die kegelförmige Erdaufschüttung
waren wohl nötig, die aber beim Brande des Haufens

zuweilen förderlich und selbst notwendig sein kann,
beweist die Verwechslung eines ,Schiirloches‘ mit
einem ,Ofenrohr'1
Wenn ich einen Gegen¬
stand, hier also einen Toten,
auf einem Scheiterhaufen zu
verbrennen hätte, so würde
ich bei dessen Schichtung
ähnlich verfahren, wie dies
beim Aufbau eines Feld-
brandofens in denkbar ein¬
fachster ÄVeise zu geschehen
pflegt. Zuerst würde ich den
Erdboden verebnen und fest¬
stampfen, um ein ungleich¬
mäßiges Einsenken des Auf¬
baues zu verhindern. Auf
diesem Plane dann durch¬
gehende Luftzüge (I in Fig.
130) anlegen und über diesen
Schürlöcher, etwa
Mitte zu Mitte
entfernt. Diese
Feldbrandofen

1m von
voneinander
wären beim
mit Lehm

steinen, beim Scheiterhaufen aber mit unbehauenen
Holzscheiten zu überdecken. Darüber folgte die kreuz-
weise Schichtung des Brennmateriales des Haufens
oder der zu brennenden, horizontal geschichteten
Lehmsteine, in ungekünstelter Weise. In die Schür-
löcher würde zunächst Brennmaterial zum leichten
Anzünden gelegt und darüber der Raum mit Kohlen
aufgefüllt. Beim Feldbrandofen wird Kohlengries
zwischen die Steine geschüttet, beim Scheiterhaufen
leicht weiterbrennendes Reisig. Ist der Ofen be-
ziehungsweise der Scheiterhaufen so gesetzt, dann
werden die Wände und die Decke außerhalb mit

keine Rolle spielten. Die Feuer stelle lag von dieser
doch wohl ziemlich entfernt. Zeichnungen aus dem
IV. und V. Jahrhundert n. Chr. (vgl. Seroux d’Agin-
court Taf. XXIV, Dido auf dem Scheiterhaufen, der
nur die Ausdehnung eines Ruhebettes zeigt) lassen
jene nicht so übermäßig groß erscheinen. Vgl. auch
die Darstellung des Scheiterhaufens auf dem Basrelief
der Tabula Iliaca, wo der Leichnam des Patroklos
nur wenig kleiner erscheint als die obere Fläche
des Haufens (Abbildung bei Anthony Rich, deutsch
von Dr. Karl Müller, Paris und Leipzig 1862). Auf
den Vorderflächen dieser Sockelmauern einen Schmuck

Lehm verschmiert und dann das Feuer in sämtlichen
Schürlöchern zugleich angezündet. Während des
Brandes ist die Wetterseite durch Strohmatten gegen
Wind und Schlagregen zu schützen, damit der Ofen
nicht ungleich ausbrennt. Des Einbaues eines ^affi-
nierten Röhrensystems' oder besser gesagt einer kom-
plizierten Anlage von Zügen bedurfte "und bedarf
auch heute ein solch einfacher Aufbau nicht, eben-
sowenig eines ,Ofenrohres' oder mehrerer solcher. Daß
einmal auch Flammen und etwas Rauch aus den Schür-
löchern herausschlagen konnten, ist beim Brande nicht

anzubringen, der an bestimmte Vorrichtungen beim
Unterbau eines Scheiterhaufens erinnert, wäre wohl
nicht widersinnig. Sind doch die späteren kaiserlichen
Mausoleen, auch das sehr viel frühere Mausoleum zu
Halikarnass mit seiner Stufenpyramide, nichts anderes
als der in Stein umgesetzte Rogus. Da Ofenrohre
bei diesem überflüssig waren, so waren sie auch am
Monumente nicht zu verwerten, wohl aber konnten
die Öffnungen (Schürlöcher) am Sockel des Brand-
ofens (Scheiterhaufens) beim Monumentalbau sym-
bolisch und ornamental verwertet werden.
 
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