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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 1
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Liliencron, Detlev von: Graf Johann der Andere von Kiel und seine Kinder (1315): Sechsundzwanzigster Poggfred=Cantus.)
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0015

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Ist denn von mir geplant ein Überfall?
Indianermässig schleich ich rögernd vor,
Und mache stall im Knick auf einem Wall:
Da ragt der biedre Nikolaus empor.
Da dumpft die Küterstrasse und istr 51all,
wo ich für alle Zett stomer verschmor,
für alle Zeit sein göttliches öedicht,
5o jämmerlich war unser Unterricht.

Und da das schloss, der grosse alte Kasten,
Notdürftig von Bonnin rurechtgeflickt.
In jedem 5chlosse bebts wie raudernd staften,
stochmut und Demut, Niles ist verquickt.
Doch jedes Dasein wimmelt von Kontrasten,
Dom Zufallslotto überreich beschickt,
öleichgeltend im Palast und in der stütte,
Nn goldner Krippe, an der Waschfraubütte.

Lin jedes staus, ob glanrend gross, ob klein,
Dornestm, gering, ist eine 5chickfalsgrust.
ks reden 5äle, Zimmer, 5taII und Ttein,
6eheim und schweigend, Kammer, Kellerlust,
ks atmet jede wand von Pest und Pein,
Don herrlichen Herren, und von 5chelm und schuft.
Im Kieler 5chloss stat auch einer gewohnt,
Den hat kein Weh, kein erdenfrost verschont.

Durch mein geliebtes Schleswig-Holstein fort.
Querdurch, vom Nordsee- bis rum Dstseestrande.
jeht langsamer! Dicht gradeaus! ja, dort!
5onst kommen wir ru nah dem Kieler Hande.
Lieg nach Lronshagen ab, nach Kathenort,
Dur ru! stier kenn ich jeden 51ein im Tande.
sturra! pannkokenkrog bliht aus den Mattern,
Ich rieche meine guten Kieler Dettern.

Zuerst muss ich die beiden Wäldchen sehn.
Die nördlich, südlich von der Strasse liegen,
will unter ihren lichten Wipfeln stehn.
Mich in nachritternder stunden schaukel wiegen,
wie einst auf diesen schmalen steigen gehn,
Dann weiter ins öehölr durchs farrnkraut biegen.
Und immer weiter bis ru jenem fleck.
Der mir rur Ticht auf Kiel dient als Dersteck.


Leb wohl, mein Kiel, ich will nicht mürrisch scheiden.
Ich wünsche Dosen dir und viel, viel 6Iück,
Diel frohe Spiele, wenig fränenweiden.
Diel braune Lappen, 6old- und Tilberstück,
Möge selbst Hamburg dich darum beneiden —
Ich aber kehre gern ru mir rurück
Und will in poggfred jenen fürsten rufen.
Der so rertreten war von 5chmerrenshufen.
Da stehn die Perser, steht mein Diererrug.
wie sie nervös die Dasseköpfe schnellen.
Der 5chaum bespritzt öebiss und Dein und Lug,
Um ihre flanken spielen Lichterwellen.
Tie scharren renngierig, öeduld genug,
Und möchten flüchtig werden wie öarellen.
Da, denn man to. Und dann 6raf jan, sonst keiner,
Lr war der grossen Tchauendurger einer:
Up sinem stus tom Kgle"(Tchloss in Kiel)
storcht 6raf johann der Zweite, achtrigjährig.
Und hört ein dünnes castagnettenspiel.
ks beugt sich einer über ihn, willfährig:
„Don jour, Teigneur. Den schwarren Meilenstein,
Den ost dein siecher 5chritt erwünscht, gewähr ich."
Duf seinem Töller sitzt im 5onnenschein,
Dn einem wundervollen julitag,
Der 6reis, und ist mit seinem 6ram allein.
Crblindet. Und noch hat ein 5chicksalschlag
Ihm jüngst den grausam letzten Ttoss gegeben,
To arg, wie Menschentücke nur vermag.
Ziehn sanfte Dilder jetzt aus seinem Leben
Dn ihm vorbei? Tinds lichterfüllte Ttunden?
will nicht ein liebes Dild oorüderschweben?
Lr hebt sich aus dem Ttuhl, er schreit aus Wunden,
schreit lautlos in die leere Luft hinaus,
Dls möcht er seiner Qual Unmass bekunden:
Dor rwanrig jähren ritt er einmal aus
Duf seinem örauschimmel ins frühlingsfeld,
wehrlos, im leichten himmelblauen Maus.
 
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