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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Meister, Alfred: Cäsarius von Heisterbach als Mirakelerzähler: Vortrag gehalten auf der Generalsversammlung des historischen Vereins für den Niederrhein am 14. Mai 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0055

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leicktere. Denn er würze die Bekren durck
Beispiele. Oie klugen Beute aber, welcke etwa
einwenden würden: „Wie die Köckin, so der
Kokl, den sie kockt", weist er mit den Worten
zurück, er schreibe nickt für sie, denn die Lpeise,
die kür gesunde lVlenscken passe, könne von
Kranken und Lckwacken nickt ertragen werden.
Von den drei erkaltenen Bückern gruppiert
sick das erste nrn die Person Okristi, das zweite
um das ^Vbendmakl und das dritte nrn den
lVlarienkult. Os ist nickt unmögkck, dafs das
Werk, das zwar anf 8 Bücker berecknet war,
ein unvollendeter l'orso geblieben ist. Oäsarius
rnnfs rnekrere ^akre daran gesckrieben Kaken,
denn es wird darin kald das eine kald das andere
jsakr als das gegenwärtige kezeicknet. ^Vber
sowokl die Bezeicknung Koc anno presenti als
die ketrelfenden ^akreszaklen kraucken sick gar
nickt irnrner auf die Abfassung des Werkes zu
bezieken, sondern auf die Zeit, wo Oäsarius sick
die Botiz auf einen Zettel gemackt katte. Leine
Arbeitsweise müssen wir uns so vorstellen, dafs
er bei Beginn seiner Biedersckrkt einen gewissen
Vorrat von Brzäklungen katte, die er in einem
Zuge ausarbeitete, wäkrend er später andere
gelegentlick kinzusckrieb, sobald sie ikm be-
kannt wurden. Vielleickt ist auck so die ab-
weickende ^nzakl der Brzäklungen in den Band-
sckriften zu erklären; die eine Kopie mag sckon
angefertigt gewesen sein, als er nock immer
neue Anekdoten später kinzulügte. Allerdings
kann ja auck ein späterer kongenialer Oeist bei
der Kopie nock äknlicke lVlirakelgesckicktcken
kinzugesckrieben kaben.
Oie ^bendmaklsgesckickten kaben meist den
Inkalt, dafs durck die Hostie oder die Kom-
munion irgend ein Wunder bewirkt wird; wer
an dem lVl^sterium der Wandlung zweifelt, soll
durck ein Wundergssckicktcken belekrt und
zur Bäson gekrackt werden. Br will erklären,
dafs nickt durck wissensckaftlicke Borsckung
dis IVt^sterien des Okristentums begriffen werden
könnten; da müsse der Qlaube ergänzend ein-
treten. Br erläutert dies an dem Beispiel eines
I'keologie-Brofessors der Oniversität Baris? Von
seinen Lckülern um eine Brklärung der Irinität
befragt, erklärt dieser sick bereit, sie iknen am
andern 3?age verständlick zu macken. Br gekt
am l_ker der Leine entlang und grübelt dort
über das Broblem nack. Oa siebt er ein Knäblein,
welckes im Lande spielend die Bluten des Ltromes
in kleine Oräbcken abzuleiten suckt. ^.Is er
den Knaben auf die Brucktlosigkeit seines Ikuns
aufmerksam mackt, da erwidert ikm dieser, er
werde mit seinem Lpiele eker zum Ziele kommen,
als der lVlagister mit all seinem Lckarlsinn zur
Brgründung der Irinität.
Oie Weigerung, zu dem Lakramente zu geben,
suckt Oäsarius durck den Hinweis auf eine ab-

* I^ibri VIII IVIiiLc. II, I.

sckreckende Ltrase zu vereiteln. 80 ist ein hunger
lVlönck, um dem ^bendmakle zu entgeken, dem
Kloster entlaufen, ^ls er ermüdet im Walde
einsckläft, da krieckt ikm eine Kröte in den Ulund.
Br packt sie nock, aber als er sie kerauszieken
will, da bekält er nur ein Bein von ikr in der
Band. Onstät irrt er nun von Ort zu Ort, stets
von dem liere gequält; nur wenn er isst, lässt
es ikm Buke, weil es davon Vorteil Kat. Bndlick
wird er durck eine weise Brau den Plagegeist
los, sie kockt ikm ein Oebräu, durck das das
Ontier kervorgelockt wurde, worauf es erscklagen
wird, ^setzt ergreift den lVlönck Beue; er eilt zu
seinem Kloster zurück und erzäklt dort seine
Beiden, ^.ber der Bruder-^rzt erklärt ikm, er
sei nock lange nickt gesund; er giebt ikm einen
'Brank und siebe, nock 70 Kröten giebt er von
sick. Beckt gesckiekt ikm, setzt Oäsarius kinzu,
dafs er ein unreines Oefäfs für Kröten wurde,
da er das ^bendmakl nickt nekmen wollte.
Übrigens kält sick Oäsarius nickt streng an
sein Programm, er streut z. B. in dem Buck über
das ^bendmakl auck andere Qesckicktcken ein,
die mit dem ^.bendmakl nickts zu tkun kaben.
^uck dies deutet auf ein allmäklickes Bntsteken.
Onter diesen ausserprogrammmässigen Br-
zäklungen knden sick perlen wie die folgende?
Bs litt einmal ein lVlönck in einem sranzösiscken
Kloster an einer Bistel; er meinte nun, nur der
kl. (Quirinus in kleuls könne ikm keifen, aber
sein ^Vbt wollte ikn nickt dortkin lassen. Oa
entlief er, und als er nack Beufs kam, da be-
loknte der kl. tzuirinus das Vertrauen, das der
kranke lVlönck in ikn setzte, und keilte seine
Bistel. Oesund kam der lVlönck wieder an
seinem Kloster an. Lein ZVbt aber liess ikn
nickt ein; er rief: Von der Ltunde an wolle er
den kl. (Quirinus nickt mekr für einen lVIärt^rer
Okristi anseken, weil er einen ungekorsamen
lVlönck gekeilt kabe. Oer aber käme ikm nur
wieder ins Kloster, wenn er wieder krank wäre
an der Bistel wie vorker. Was blieb da dem
kl. (Quirinus übrig? Br erneuerte dem lVlönck
ilugs seine Bistel und wurde darauf wieder an-
erkannt.
In dem dritten Bucke über den lVlarienkult
ist der Hauptgedanke der, dass die Gottesmutter
diejenigen, die sie verekren, besonders beloknt.
80 befand sick einmal ein junges IVlädcken, das
der IVladonna besonders ergeben war, auf einem
l'urme in Bildeskeim?* Bs ersckeint ein irecker
Burscke, der sie dort oben vergewaltigen will.
Lie aber will lieber zu Orunde geben und stürzt
sick von dem l'urme berat). Oa aber kommt
ikr die lVladonna zu Bike und trägt sie unver-
sekrt zur Brde. lVlanckmal muls uns diese Bike
IVlariens dock etwas eigentümkck berükren. Bine
Bonne z. B.?** die gleickzeitig Besckkelserin
* I^ibri VIII IVlirae. I, i8. 2* I^ibri VIII IVIirac. III, 7.
*** I^ibri VIII Mirac. III, 11.

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