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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Schäfer, Wilhelm: Rheinbrücken, [1]: Beiträge zum modernen Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0071

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wo in allen Domen der well wirkt ein Eewölbe
mächtiger und rhgthmischer als unser blick durch
die neue weichseibrücke bei Virschau2 (bbd. 2.)
vor dem lichten Himmel ein mächtiges Sewoge
von biefenstäben in einem einzigen bhgthmus
der Linien gebunden, nicht Hölzerne balken, flink
aus bäumen geschnitten, nicht Tteine mühsam
aus dem fels gehauen und aufgetürmt konnten
das leisten: hier muhte das Metall aus dem
Herren der Crde geriffen, Hier muhten durch
Menschenhand taufendfache Kräfte bewegt werden.
Und nicht ein Ttab ist überflüssig: wie das erstarrte
Eebilde einer überirdischen Natur durch Menschen-
rauberfpruch auf die erde Herunter gebannt,
fo liegt die brücke über dem mächtigen Ttrom.
Nur manchmal kommt ein vonnern in diese
stählerne Halle, und jedes Stäubchen darin wird
lebendig und singt den Lriumphgefang mit, den
die blitzenden Näder des 5chnellruges durch die
Länder tragen, den Lriumphgefang des modernen
Menschengeiftes, der feine Herrschaft über die
Elemente begann.
Mag der Nrchitekt in Be-
fangenheit bauen am „künst-
lerischen Haus": hier endlich
ist die „Mutter aller Künste",
hier ist wieder eine Archi-
tektur, die nicht aus Kunst,
sondern aus dem Leben ge-
boren wurde, eine Architek-
tur, die in ihrem mächtigen
bhgthmus dem modernen
Menschengeift ein fo ragen-
des Zeugnis giebt, wie es
die vome thaten ru ihrer
Zeit, eine Architektur gleich
volkstümlich wie bedeutend.

von allen Lhätigkeiten des Menschengeiftes ist
die Kunst dem Urquell des Lebens am nächsten,
darum folgt sie am wenigsten den Eefetzen mensch-
licher Eelehrfamkeit, die erst dann rur Weisheit
wird, wenn sie ihr, wie dem Leben, ehrfürchtig
nachgeht, buch in der Kunstwissenschaft veralten
die begriffe wie die Hüte unserer Väter, weil alle
formen, die für eine Zeit vauer und Bedeutung
gewinnen, aus dem ewig wechselnden Wellenschlag
des Lebens, aus dem bhgthmus geboren werden.
Dass dieser Wellenschlag heute in bufregung ist,
hat uns in Zerrissenheit gebracht, weil wir die
schönen formen der Vergangenheit nicht damit
vereinigen konnten, nun offenbart er unfern
bugen die ersten neuen eigenen formen, die uns
durch Macht und Schönheit überwältigen, wie
Kinder am Morgen suchten wir die Tonne in den
bergen, wo sie am bdend unterging, während sie
hinter uns schon strahlend über den Dunst der
Ebene steigt.
im fahre 17W wurde bbraham varbg, der
Erbauer der ersten eisernen brücke der Welt, sie
führte über den Tevern und hatte eine Tpannung
von ZI Meter, von der englischen Eefellschaft der
Künste durch eine goldene Medaille geehrt. Vas
mag uns, die wir gewohnt find, als Erbauer
unserer Eifenbrücken den brchitekten nennen ru
hören, der das unpassende Vortal davor fetzte, ein
wenig Wunder nehmen, bber es ist gar nicht fo
phantastisch, den ersten allerdings nicht ausgeführten
plan einer Eifenbrücke auf die bnregungen von
Leonardo da Vinci rurückruführen und also


*
^bb. 4. Uritannia-Lrücks über die lVlenaistrasse riwisclien Wales nncl clsr Insel ^NAelsea.

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