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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Kromer, Heinrich Ernst: Vom Typischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0104

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Otto Sotioläsror -j-1902
Hok siriss Oronbsr^sr
^skrssausstsIlunA von
Wsiksn k'rankknrtsr
Xünstlsr.

nickt notwendig; vielleickt war es nur die
brennende Ungeduld und der Drang des Künst-
lers, der blatur vorausxueilen, aus eigener lVlackt-
vollkommenkeit das voraus^ugeben, was sie dock
früker oder später, wenn anders die Entwicklung
nickt durck unkeüvoile Zufälle gestört oder Zar
erstickt wurde, in dieser Vollkommenkeit bringen
mufste oder dringen konnte; er nakrn der blatur
das Dild eines nock ungesckaklenen Wesens
vorweg, er kiidete ikr's vor; er erwies darnit
nickt sick, aber seiner Qattung einen unsckät^-
karen Dienst: er gab ikr ein Vorbild. Das katte
die t^atur auck gewollt; inwiefern kätte sick
also der Künstler, indern er den l^pus sckuf,
von ikr abgewandt, — sckwack oder veräcktlick,
wie inan ikm vorwerfen wird? . . .
Ls ist ein Irrturn, wenn nickt eine bewulste
Kälsckung, 2U bekaupten, der l^pus wäre ein
Lckema, eine Lckablone. Qegen die äufsere
lVlannigfaltigkeit gekalten, die durck Kundert in-
dividuelle Porträts erreickt wird, mag es so er-
sckeinen, aber dock irnrner nur dern gröberen
T^uge. In Wakrkeit giebt das l^piscke die Din-
fackkeit aus der Külle, oder die Külle in der
Dinfackkeit; das Überflüssige, das Störende, der
interessante, der würgende Din^el^ug, der beim
Individuellen sekr wokl Voraussetzung sein kann,
wird beim l^piscken gering geacktet, wo nickt
ausgesckieden, wobei, wie sckon erwäknt, gan2

nack T^rt der blatur verfakren wird, und auck
gan2 in ikrern Sinne: das Unnütze, das Dntaug-
licke, wenn auck nock so Intime, muls, wie im
Kampf ums Dasein, unterliegen, das l'auglickste
allein siegt und nimmt nock 2U an IVlackt; so
kandelt der Künstler eigenmäcktig, wenn auck
unbewufst unter Kükrung der blatur, immer aber
scköpferisck, immer reick und reicker gestaltend,
nickt aber verwisckend, fälsckend, verkackend.
In der verstockten Abwendung vom l^piscken,
die allerdings aus der Oknmackt entstanden sein
kann, liegt für keute nock eine grolse Oelakr.
Das immerwäkrende Darstellen des Lün^ellaUes
Kat uns den Qesckmack an dieser Kicktung der
Kunst verdorben; keine Ausstellung befriedigt uns
ganz; kein Dild — Werke von Döcklin, ?um
l'eil auck von Klinger ausgenommen — fesselt
uns unablässig oder lockt uns, in Oeistes- oder
Qemütstiefen ?u steigen. Die Künstler selber
sind mit sick oder mit ikren lVlitstrebenden
nickt Zufrieden; diese T^rt des Individuellen, die
eigentlick nur die Wiedergabe immer wieder
neuer lVlodelle ist, muis sick mit der Zeit er-
scköpfen — sie tkat es bereits! — und langweilig
werden. Daker die Dnruke, das (Quecksilbrige
der Kunstricktungen, die immer neu erfunden
werden, nickt um den einen erlösenden Weg
2u finden, sondern xu den ausgetretenen Irrwegen
einen neuen; dieses bewulste und gewollte T^us-

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