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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 2
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Geiger, Albert: Einiges über Hans Baldung gen. Grien.
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0121

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lischer und indischer Liede. . . Vieser 5inn en wärme
seines Mesens kontrastierte in höchst eigenartiger
Meise eine tiefernste, ja pessimistische Ledens-
detrachtung, auf die wir öden schon hinwiefen.
Liede und Lod in ihrem Segensah find immer
wiederkehrende, bei ihm von allen Zeitgenossen
am tiefsten ausgeprägte Motive feines schaffens,
ver volle Susen und der üppige schoss des Meibes,
die das Leden und feine zeugende Kraft unwider-
stehlich an sich und in sich locken, - und hinter
diesen verführerischen gestalten, von deren keinen
der Liebesgott die hülle wegrieht, der braune
knöcherne Lod, das Stundenglas über fie haltend,
oder der grosse Mürger, wie er die Cntsesste
umarmt, oder in einer andern Darstellung, die
neuerdings Salbung freilich adgeftritten wird,
hinter ihr eine nackte liegende Leiche eines
älteren Meibes. . . Vie stärksten Segensässe trug
ja Saldungs Zeit vorbildlich in fich. Vas finnen-
üppige Leden der grossen 5tädte; und in fie
hereinbrechend mit allen schrecken die Pest und
die Zgphilis. Daneben die einkehr des Semüts
in fich felbst in der Lutherschen Deformation und
der gärende nach allen Lernen schweifende Seist
der Laustfage. verlebtes und Modernes, Lräumerei

und Lhatenkraft, Luft des Lebens und schreck
des Loder, das ganze draufende und dunkle
Semisch jener Zeit, Salbung hat sie in fich em-
pfunden und wiedergegeben. 5o spricht er auch
zu unserer Zeit seltsam verwandt. . . Nicht so
reich wie Dürer, hatte er etwas kindlicheres,
Naiveres wie dieser. Cr war, möchte ich sagen,
noch mehr Poet. Nm liebenswürdigsten /eigen
das seine Kinder- und Cngelsfiguren, welche in
ihrer schelmischen, drolligen, lebenftrossenden Be-
haglichkeit, in ihrer entzückenden Lrische und
Naivetät etwas von Nachscher und Mozartscher
Musik haben. Seizvollere kindergeftalten kennt
die ältere deutsche Malerei nicht. . . von leb-
hafter Phantasie, aufs innigste verschmolzen mit
einem fest im Leben stehenden Nealismus, zeugen
feine Holzschnitte und Handzeichnungen; besonders
die zum Sebetduch des Kaisers Max. In der
kühnen Charakteristik steht er zuweilen Srünewald
nicht nach; in einzelnen Handzeichnungen verrät
er eine überquellende, antik gemahnende Daseins-
lust. 80 steht Salbung gen. Slien als ein das
Leden voll ausschöpfender Meister da; ein Mensch,
von allen jenen Meistern nebst Dürer und Holbein
uns am nächsten.

8t. Xatkarinsnaltsr. Xloster ^icbtsntkai bei Laäsli-LLlisn. k'rübsr Laläunx 2u§s8cbriebsli.


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