Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]: Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein (5.1902/1903)

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sie die einzig vernünftige, wenn aucb vorläukg
für ^abrbunderte womöglicb unrealisierbar sei,
durcbzusetzen: das Proletariat zu gewinnen.
Das bekannte Lampbiet „Oer kessiscke Land-
bote", von ibrn gesckrieben, ersckeint zu diesern
propagandistiscken 2weck, bleibt aber in einein
Qrade unverstanden, der nicbt besser als dadurcb
cbarakterisiert werden kann, dafs fast die ganze
Auflage, soweit sie zur Verteilung gelangt war,
von den einzelnen Lauern, denen rnan die Lcbrift
näcbtlickerweile unter die l'büre gescboben batte,
aus ^ngst und Onwissenbeit an die — Legierung
bezw. den näcbsten Oendarmen abgeliefert wird.
Oleicbzeitig rnit diesern lVlilserfolg rnelden sieb
die ersten beleben, dafs rnan der Verscbwörung
auf der 8pur ist : ein Verräter befindet sieb in
dern Lunde, der gegen Lezaklung der Legierung
Lunde zukommen läfst. Lald folgt Verkaftung
auf Verbaftung; nur Lückner wird versckont,
verrnutlick, weil der Verräter sieb mit dern
blamen des Llauptverscbwörers und Lübrers zürn
8cblufs eine besonders bobe Lelobnung sicbern
will. Immerkin lebt Lücbner eine 2eit fürcbter-

licbster Ongewilsbeit durck und rnancber 2ug
spricbt unabweislick dafür, dafs er seiner Lolle
körperlicb nicbt gewacbsen ist, dafs der vordem
so agile einundzwanzigjäbrige Llocbverräter
„nervös" wird bei den ewigen Vorladungen und
dem ganzen Leben, das er — übrigens jetzt
wieder in Darmstadt — zu tübren gezwungen
ist. I'agsüber muls er, bewackt von seinem
Vater, ein täglickes Lensum Medizin durcb-
ackern; wenn er einmal ausgebt, folgen ibm
Lolizisten; und nackts sckleicbt er sieb über
Mauern aus der 8tadt, um in einer verfallenen
Lauernbütte mit dem Lest von Verscbworenen,
als Llaupt dieser pkantastisck aufgeregten 8ckar,
zusammen zu kommen, klein, die Nervosität
ist wabrlicb nicbt wunderbar, und aucb nicbt,
dafs sie sicb bereits zu bedenklicben klerven-
krisen steigerte, ^.ber rätselbaft erscbeint, wie
gerade in diesen lagen äufserster Aufregung in
ibm plötzlicb und mäcbtig der Drang nack
poetiscker Lroduktion erwacben kann: 2um
erstenmal in seinem Leben! Lr scbreibt
das Drama „Dantons lod". In etwa erklärlicb,
aber aucb nur in etwa, wird diese neue Wand-
lung vom Agitator zum Loeten, wenn man in
seines Lruders Mitteilungen liest, dafs er zu-
näcbst nur eine politiscb soziale lendenz-
dicktung scbreiben wollte. 8eine erste Intention
soll sicb nickt viel über jene erboben baben,
welcbe ibm beim „Landboten" die Leder gelükrt;
trostlos und an dem 8isge der Lreibeit ver-
zweifelnd, mag er wobl sicb und den Oenossen
durcb eine Dicktung, die den lriumpb der
Lepublik verberrlicbte, Mut zuzusprecben gewollt
baben. Ls wird wie ein ^.ufbäumen seiner
trotzigen klatur gewesen sein, in der der Wille
sicb bocbreckte, die eigene Hoffnungslosigkeit
abzuscbütteln.
Dafs Lücbner den 8tokf aus der franzüsiscben
Levolution entnebmen müsse, stand ibm bei
seiner Vertrautbeit und seiner Vorliebe für diese
Lpocbe jedenfalls sofort fest, Orsprünglicb batte
er wobl an die erste glorreicke und nock wenig
von Oreueln befleckte Leri?de der Levolution
gedacbt, weil dieselbe sicb für seine lendenz
am besten eignete, ^.ber je ernstlicber er sicb
mit seinem Liane bescbältigte, desto mekr inter-
essierte ibn die Leriode des 8cbreckens und
ikr Lökepunkt: der Lod Dantons. 80 dafs, als
er sicb für den letzteren 8toif entsckied, in ibm
der Dicbter also bereits über den Lolitiker gesiegt
batte: denn die 8ckilderung der 2eit, wo sicb
die Lepublik selbst zerlleiscbte, war nicbt ge-
eignet, Lropaganda für ikre Ideen zu macken,
lind vollends müssen sicb die Lendenzgedanken
verilücktet baben, mufs die Idee einer Auf-
rüttelung aus seiner und der Oenossen stumpfer
Letbargie gescbwunden sein, als er sicb nun
an die ^usiubrung namentlicb des 8cb1ufstei1es
macbte, in dem Dantons Untergang auszufübren
war: denn da war Lücbner in eine 8timmung

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