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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 4
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Schell, Otto: Die bäuerliche Kleinkunst im Bergischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0195

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für die Krippe unter dem Weibnacktsbaum.
Dinige weisse Ibonbguren, welcbe sicb irn Lering
der alten Lurg zu Llberkeld gefunden baben und
beute in den Sammlungen des Lergiscben Oe-
scbicbtsvereins zu Llberkeld aukbewabrt werden,
dürften ebenfalls bier entstanden sein. Oie
dlarnen Öllendabl, Öllenberg, Döppersberg bei
Olberfeld können bier küglicb nocb angezogen
werden, da dein Bestimmungswort der beiden
ersten Ortsnamen das dialektiscbe „üll" zu Ornnde
liegt, womit man einen irdenen l'opf (Steingut),
allerdings ancb die Bule, bezeicbnet. ^uck am
Isenberge bei Hattingen ist für das iz. ^abr-
bundert l'öpferei naekweisbar.
Oiese wenigen Angaben, welcbe sieb bei ein-
gebenderen Korscbungen wobl nocb sebr ver-
mebren lassen, beweisen, dass neben der Lieg-
burger Kunsttöpferei an vielen Stellen unseres
Dandes eine einkacke, bäuerlicbe l'öpferei vor-
banden war, welcbe den einkacben Lauern mit
dem unentbebrlicben Oescbirr versorgte.
lieben dem eigentlicben Lteingut war ein-
facbe irdene Ware, namentlicb Lcküsseln und
Kümpe, allgemein verbreitet. Lolcke Qeräte
sind beute nocb im Oebraucb. Oer Orund der-
selben ist meist bellgelb, mitunter aber aucb
dunkelbraun glasiert. In der Mitte zeigt sicb
des öftern ein sebr primitives Llumenornament
in dunkleren oder belleren Karben, )e nacbdem
der Orund gebalten ist, wäbrend der Land nur
kurze, oft drastiscbe Inscbriften aufweist. ^.ucb
groteske menscblicke Kiguren kommen vor. Olt
standen die Verfertiger dieser billigen Ware mit
der Ortbograpbie, nickt weniger mit der Kalli-
grapbie, auf sebr gespanntem Kukse.
Kerner verdient es Leacbtung, daks ebedem

im Bergiscben Bolzteller sebr beliebt waren;
so scbenkte in Dangenberg einmal ein Oemeinde-
glied der Kirckengemeinde mebrere Kundert
escbene l'eller, welcbe bei grossen Kestlicbkeiten,
namentlicb Oebekockzeiten, gegen eine fest-
gesetzte Kntscbädigung verlieben wurden. Da-
neben bediente man sicb bölzerner Lcküsseln
und Döbel. Den Bedarf an Bolzgesckirr dürste
das Bergiscke selbst gedeckt baben, wofür die
verbältnismälsig gut und allgemein entwickelte
Holzscbnitzkunst, welcbe wir an Iruben, Obren,
Lcbränken etc. binreickend studieren können,
beweiskäbig genug erscbeint. ^uk diesem Oebiete
dürfen wir also mit vollem Leckt von bäuerlicker
Kleinkunst sprecben, um so mebr, weil diese
sicb nie zu solcker Höbe entwickelte, dass ibre
Produkte nsck aussen abgesetzt wurden (also
nur zum eigenen Bedarf dienten) und sicb keine
einzelnen Ltilricktungen und Lcbulen entwickelten
wie in mebreren benackbarten Dandstricken.
^n der bliederwupper war bis gegen die IVlitte
des 19. ^akrbunderts auf grofsen Bauerngütern
der sogenannte löllerdöscb CKellertiscb) im
Oebraucb. Dieser liscb bestand aus einer
dicken Blatte, in welcbe tellerförmige Ver-
tiefungen eingelassen waren; in diese scbüttete
man das dickere Oemüse für das Oesinde. Das
Kleiscb wurde auf einem viereckigen Brettcben
oder auf einer Bolzscbeibe zerscknitten. Dabei
bediente man sicb bölzerner Döbel.
Onter den lVlöbeln bekaupten die grossen
bölzernen Kastenukren einen bervorragenden
Klatz. Ibre Anfertigung bildete, wie ^1b. Brasel-
mann (lVlonatsscbrikt des bergiscben Oescbicbts-
vereins V, 243 b) ausfübrt, büber im Bergiscben
eine sebr verbreitete und entwickelte Haus-
industrie, die ob vom Vater auf den Lobn
weitererbte und in mebreren Kamilien durcb
vier Oenerationen bei mitunter wecbselndem
Wobnsitz nackweisbar ist. Da es im Bergiscben
keine Obrmacberinnung gab, sind aucb keine
scbriblicben blacbricbten über diese Industrie
auf uns gekommen. IVlündlicbe Überlieferungen
und kurze Angaben auf den Obren bilden fast
die einzigen Dokumente für die Oescbickte
unserer bergiscben Obrmackerkunst. ^ucb in
den Klöstern unseres Dandes befasste man sicb
damit. 80 lebte in Oeisterbacb ein aus einer
bekannten sranzösiscben Okrmacbersamilie
namens Breguet stammender IVlönck, welcber
im Kloster sowobl lascben- als Bausubren ver-
fertigte und in seiner Kunst einen aus Liegburg
stammenden l'iscbler und ^ltarscbnitzer, ^.dob
Ltertzenbacb, unterwies. Dieser (8t.) erlangte
weitkin Luk in der Kunst, Bausubren anzufertigen
und scbeint an der Lieg den l'on kür diese
Industrie angegeben zu baben. Kr lebte im
^abre 1782.
Vor Ltertzenbacb batte an der mittleren
Wupper die Obrenindustrie bereits einen koken
Orad der Vollkommenbeit erreicbt, wobl beein-

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