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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 4
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Schell, Otto: Die bäuerliche Kleinkunst im Bergischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0196

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llufst von den naben Niederlanden, mit denen das
Lergiscbe in mancker Lesiebung lange ^abr-
bunderte innig verbunden war.
Das Zifferblatt der bergiscben Oausubren
weist durcbweg eine gescbmackvolle Omrabmung
von gegossenen Metallornamenten ans. Ott ist
diese Omrabmung aucb graviert oder rnit
Rorsellan in Oelber Manier gescbmückt. Line
kleine Lcbeibe über dem Zifferblatt, welcbe
selten feblt, nennt clen Verfertiger ocler Lesitser,
giedt aber ancb vielfacb clas ^abr cler Verstellung
an. Lildlicbe Verzierungen dieser kleinen
Lcbeibe sincl selten, etwa einen Oausbabn ocler
clie beweglicbe Ligur cles Lodes rnit einer Liebel
clarstellencl. Lprücke sincl nicbt selten, als:
1. Lempus fugit.
2. Lasst uns die gulclne Ltunde kauten
Lb clie Oewickte scbnell ablaufen,
Qottes ^.uge siebt alles.
z. Lek on rning Lring,
drecken an eng Ling (Hückeswagen).
Mit besonclerer Liebe uncl Lorgfalt wurde
clas bölserne Qekäuse bebanclelt, woclurcb clie
Obr 2U einern Lcbmuck cles Oauses wurde. „Ls
Karn rneist der Renaissance- und Rokokostil,
bisweilen in glücklicker Vereinigung, clabei sur
Anwendung. 8ie wurclen keineswegs sckablonen-
rnäfsig verfertigt, es tritt vielrnebr bei clen bessern,
gescbnitsten und eingelegten Oebäusen (es feblt
freilicb aucb nicbt an kandwerksmälsigen Ltücken)
ein reicbes originelles Lpiel der Rkantasie uncl
eine Mannigfaltigkeit su Lage, wie sie Kaurn ein
anclerer Zweig cles alten bergiscben Runst-
gewerbes bieten kann" (Lraselmann).
Lesonders gescbrnackvolle Oebäuse verfertigte
inan in Lolingen uncl Raclevorrnwalcle. Oie
Messingteile uncl clie volltönenden Olocken lieferte
Lolingen.
Mit geringen ^usnabrnen weisen diese bergi-
scken Obren eine grosse Qediegenbeit auf. ^.ucb
unterliegt es keinem Zweitel, dass diese Haus-
industrie mit der spesiüscb kulturellen Lntwick-
lung des Lergiscben Land in Land ging. ^ls
Absatzgebiet darf nur das Lergiscbe gelten; sie
darf also keineswegs mit gewöbnlicber Markt-
ware susammengestellt werden. Diese Industrie
bat eine kunstmälsige Lntwicklung erfakren,
wurde aber durck die sum Allgemeingut ge-
wordene Lascbenubr ersetzt. 80 sind wir gerade
bei der bergiscben Oausubrenverlertigung befugt,
voll und gans von einer bäuerlicben Rieinkunst
su sprecben. Was dieser ^.nsicbt aber be-
stätigend sur Leite tritt, ist die Lbatsacbe, dass
die Oerstellung unserer Obren in allen Leilen
des Landes betrieben wurde. Zum Leweise
nennen wir folgende Orte: Lärmen, Rronenberg,
Liberfeld, Lngelskircben, Lppingbolen, Oaan,
Oeiligenbaus, Hilden, Oückeswagen, Imbacb,
Rettwig, Lennep, Marialinden, Mettmann, Mül-
beim am Rbein, Mülbeim an der Rubr, Rade-

LsrAisctiss Äminsr irn Mussum äss QsZcliiclitsvsreins
LIbsrkelcl.


vormwalde, Remlingrade, Remscbeid, Ronsdorf,
Lcböller, Liegburg, Lolingen, Lonnborn, Velbert,
Wald, Wermelskircken, Witsbelden, Wülfratb.
^.ucb sierlicbe c^uadratisebe Wandubren, bei
denen sicb das Rerpendikel auf dem Zifferblatt
befand, dürfen nicbt unerwäbnt bleiben. Line
solcbe Obr befand sicb nocb vor gans kurzer
2eit unweit Lrkratb. Oie Oewicbte sind scbwer.
^ngefertigt ist dieses Ltück von Wilbelm Oerder
in Lolingen.
^us dem Mobiliar des bergiscben Oauses,
namentbck des Lauernbauses, greifen wir nun
die Lrube beraus. Lie ist durcbweg aus Licben-
bols gescbnitst und nocb sebr sablreick (in
mancbem Lauernbause 6 und mekr Ltück) vor-
banden. Oie boben Lruben (ca. i m bocb)
sind selten und gewöbnlicb älter, meist der
Renaissance angebörend, oft nocb gotiscbe An-
klänge und Motive aufweisend. Lin grosses,
mancbmal reicb ornamentiertes Lcblüsselsckild
scbeint von den sogenannten gotiscben Lcbats-
truben nicbt selten auf diese übergegangen su
sein. Lreite Lisenbänder, nicbt su reicb versiert,
kalten den Deckel. Oie Lront weist meist vier
recbteckige Leider auf und bier entfaltet sicb
aucb der reicbste Lcbmuck an Lcbnitswerk:
Männer- und Lrauenköpke, Raiser, Ritter und
Lürger siebt man meistens. Lpäter treten
kleinere Renaissance-Lruben auf, durcbweg mit
stilisierten Rankenornamenten, mit Rankenwerk
und dergl. verseben. Das Oolsscbuppenmuster
läuft über die oft gut proülierten Lfeiler und
Lilaster.
^.ucb die Rokokoseit bat gute Ltücke bervor-
gebracbt, anderseits aber aucb swei Motive


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