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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 6
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Burckhardt, Jacob: Italienische Kostümfeste der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0314

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einer runden Qlorie von der Bassade bernieder
bis zum Berzog, setzte ibrn einen Borbeerkranz
ans und scbwebte wieder empor. T^ucb nocb
für eine andere rein kircklicke Allegorie batte
der Klerus bier gesorgt; auf zwei boben 8äulen
standen „der Qötzendienst" und die „Irides";
nacbdem letztere, ein scbönes lVlädcben, ibren
Qrufs bergesagt, stürmte die andere 8äule sarnt
ibrer Buppe zusammen. Weiterbin begegnete
rnan einern „Bäsar" rnit sieben scbönen Weibern,
weicbe er dein Borso als die Tugenden präsen-
tierte, welcbe derselbe zu erstreben babe. Bnd-
licb gelangte rnan zum Dorn, nack dem Qottes-
dienst aber nabrn Borso wieder draussen aut
einern boben goldenen l'brone Blatz, wo ein
'Beil der sckon genannten IVlasken ibn nocb
einrnal bekomplimentierte. Den 8cblufs rnacbten
drei von einern naben Qebäude niederscbwebende
Bngel, welcbe ibrn unter boldern QesangeBalm-
zweige als 8innbilder des Briedens überreicbten.
Obne Zweitel gewäbrten dis kircblicben
Prozessionen seit dern früben IVlittelalter einen
Anlass zur lVlaskierung, rnocbten nun Bngelkinder
das 8akrament, dis berumgetragenen beiligen
Bilder und Reliquien begleiten, oder Personen
der Bassion irn ^uge mitgeben, etwa Lbristus
rnit dern Kreuz, die 8cbäcber und Kriegsknecbts,
die beiligen trauen. Allein rnit grossen Kircben-
festen verbindet sicb scbon trübe die Idee eines
städtiscben Aufzuges, der nacb der naiven T^rt
des Ulittelalters eine IVIenge profaner Bestandteile
verträgt. lVlerkwürdig ist besonders der aus
dern Heidentum berübergenommene 8cbittwagen,
carrus navalis (eigentlicb das Isisscbikk, das arn
Z. ^lärz als 8^mbol der wieder eröffneten

IVleerfabrt ins Wasser gelassen wird), der, wie
scbon an einern Beispiel bernerltt wurde, bei
Besten sebr verscbiedener T^rt mitgefübrt werden
rnocbte, dessen Name aber vorzugsweise auf
dern „Karneval" batten blieb. Bin solcbes 8cbitt
konnte tteilicb als beiter ausgestattetes Bracbt-
stück die Bescbauer vergnügen, obne dass rnan
sicb irgend nocb der lrükern Bedeutung bewusst
war, und als 2. B. Isabella von Bngland rnit
ibrern Bräutigarn Kaiser Briedricb II. in Köln
zusammenkam, lubren ibr eine ganze T^nzabl
von 8cbiifwagen rnit musizierenden Qeistlicben,
von verdeckten Bierden gezogen, entgegen.
2unäcbst gab es bie und da wirklicbe Bin-
züge siegreicker Broberer, welcbe rnan rnöglickst
)enem Vorbilde zu näbern sucbte, aucb gegen
den Qescbmack des Iriumpbators selbst. Bran-
cesco 8forza batte (1450) die Kratt, bei seinem
Binzug in lVIailand den bereit geba1tenen1?riumpb-
wagen auszuscblagen, indem dergleicben ein
Aberglaube der Könige sei. Alfonso der Qrolse,
bei seinem Binzug in Neapel (1443) entkielt sicb
wenigstens des Borbeerkranzes, welcken be-
kanntlicb Napoleon bei seiner Krönung in Notre-
dame nicbt verscbmäbte. Im übrigen war
Alfonsos 2ug (durcb eine lVlauerbrescbe und
dann durcb die 8tadt bis zum Dom) ein wunder-
sames Qemiscb von antiken, allegoriscben und
rein possierbcben Bestandteilen. Oer von vier
weissen Bferden gezogene Wagen, auf welckem
er tbronend sals, war gewaltig bocb und ganz
vergoldet; zwanzig Batrizier trugen die 8tangen
des Baldackins von Qoldstott, in dessen 8cbatten
er einbertubr. Oer Tl'eil des 2uges, den die an-
wesenden Blorentiner übernommen batten, be-


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