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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 6
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Burckhardt, Jacob: Italienische Kostümfeste der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0316

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Oer eigentliche Karneval, abgesehen von den
grossen Aufzügen, hatte vielleicht irn 15. Jahr-
hundert nirgends eine so vielartigePhysiognomie
als in Korn. Hier waren Zunächst die Wett-
rennen arn reichsten adgestukt; es gab solche
von Pferden, LüKeln, pseln, dann von ^lten,
von Ourscken, von ^suden u. s. w. Paul II.
speiste auch wohl das Volk in IVlasse vor
Palazzo di Venezia, wo er wohnte. Sodann
hatten die Lpiele auf Piazza blavona, welche
vielleicht seit der antiken 2eit nie ganz aus-
gestorden waren, einen kriegerisch prächtigen
Lkarakter; es war ein Scheingefecht von Keitern
und eine Parade der bewaffneten Kürgersckaft.
perner war die lVIaskenlreikeit sehr gross und
dehnte sich bisweilen über mehrere lVlonate
aus. Sixtus IV. scheute sich nickt, in den
volkreichsten Oegsnden der Stadt, auk Oampo
piore und bei den Oancbi, durch Schwärme
von lVlasken hindurch zu passieren, nur einern
beabsichtigten Oesuck von lVlasken irn Vatikan
wich er aus. Onter Innocenz VIII. erreichte
eine schon früher vorkornrnende Unsitte der
Kardinale ihre Vollendung; irn Karneval 1491
sandten sie einander Wagen voll prächtig
kostümierter lVlasken, Ouklonen und Sängern zu,
welche skandalöse Verse hersagten; sie waren
freilich von Leitern begleitet. — äusser dem
Karneval scheinen die Körner zuerst den Wert
eines grossen Packelzuges erkannt zu haben,
^ls Pius II. 1459 vom Kongress von lVlantua
zurückkam, wartete ikm das ganze Volk mit
einem Packelritt aus, welcher sich vor dem
Palast in einem leuchtenden Kreise herum be-
wegte. LixtuS IV. sand indes einmal für gut,
eine solche nächtliche Aufwartung des Volkes,
das mit packeln und Ölzweigen kommen wollte,
nickt anzunehmen.
Oer üorentinische Karneval aber übertraf den
römischen durch eine bestimmte ^.rt von Aus-
zügen, welche auch in der Diteratur ihr Denk-
mal hinterlassen Kat. Zwischen einem Schwarme
von Basken zu puls und zu Kols erscheint ein
gewaltiger Wagen in irgend einer Phantasie-
form, und auf diesem entweder eine herrschende
allegorische Oestalt oder Oruppe samt den ihr
zukommenden Oelakrten, z. 8. die piiersuckt
mit vier bebrillten Oesicktern an einem Kopfe,
die vier Temperamente mit den ihnen zu-
kommenden Planeten, die drei Parzen, die Klug-
heit thronend über Hoffnung und purckt, die
gefesselt vor ikr liegen, die vier plemente,
Debensalter, Winde, Jahreszeiten u. s. w.; auch
der berühmte Wagen des lodes mit den Särgen,
die sich dann öffneten. Oder es tukr einher
eine prächtige mythologische Scene, 8acckus
und Ariadne, Paris und Helena etc. Oder
endlich ein Okor von Deuten, welche zusammen
einen Stand, eine Kategorie ausmackten, z. 8.
die Kettler, die Mger mit bl^mpken, die armen
Seelen, welche im Deben unbarmherzige Weiber

gewesen, dis premiten, die Dandstreicker, die
Astrologen, die leufel, die Verkäufer bestimmter
Waren, M sogar einmal il popolo, die Deute als
solche, die sich dann in ihrem Oesang als
schleckte Sorte überhaupt anklagen müssen.
Oie Oesänge nämlich, welche gesammelt und
erkalten sind, geben bald in pathetischer, bald
in launiger, bald in höchst unzüchtiger Weise
die Krklärung des 2uges. ^uck dem Dorenzo
magniüco werden einige der schlimmsten zu-
gesckrieben, wahrscheinlich weil sich der wahre
^.utor nickt zu nennen wagte, gewiss aber ist
von ikm der sehr schöne Oesang zur Scene
mit 8acckus und Ariadne, dessen Kelrain aus
dem 15. Jahrhundert zu uns herübertönt wie
eine wehmütige Ahnung der kurzen Klerrlickkeit
der Kenaissance selbst:
(Znanto e della Aiovinsrsa, Odi vnol S88«r lieto, sia:
Otis si kn§§s tnttavia! Oi üornan non e'e osrte22a.
l)is Lilüsr vorn OÜ88s1üorksr I^o8sninontaA82n§ 1898 8inä,
rnit krsnncllicder Lrlanbnie clsr OÜ88sIüorksr Ver1aA3an8ta1t
clsrn okü^iellsn 2n§pro^rainrn entnornrnsn.

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