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Rolfs, Wilhelm
Geschichte der Malerei Neapels: mit einem Titelbild in Heliogravüre, mit 13 Textfiguren und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.56470#0032
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schulen vertreten wähnen, ohne doch die Einheitlichheit eines bestimmten Kunst-
empfindens, die jedem Werke zugrunde liegt, herauszufinden. Man vergaß eben, daß
es zwar keine neapolitanische Schule im wahren Sinne einer nach fester Überlieferung
eigenartig und selbständig entwickelten Kunstübung jemals gegeben hat, wohl aber
zu allen Zeiten eine neapolitanische Mache, die in allen Farben schillert und
daher nicht immer leicht festzulegen ist. —
Über Peter Kavallinis Tätigkeit in Neapel besitzen wir nur zwei urkundliche
Angaben fast gleichen Inhaltes: unterm 16. Juni 1308 befiehlt Karl II., dem römischen
Meister während der Dauer seines Aufenthaltes 36 Unzen Goldes auszuzahlen; nach
dem anderen Schreiben, das Robert im Auftrage des Königs an die königlichen
Schatzmeister richtet, soll man ihm vom 16. Juni ab die dafür festgesetzten 30 Unzen
Goldes auszahlen, außerdem 2 Unzen für die Miete eines Hauses. Das Gehalt ist
hoch: Jotto erhält nur 12 Unzen. Da Kavallini im Alter von 75 Jahren gestorben
sein soll, da er ferner, doch wohl schon als Meister von Ruf, vor 1282 nach Assisi
ging, um dort mit Cimabue das Mittelschiff der Oberkirche auszumalen, so ist wohl
der Schluß erlaubt, daß er auf der Höhe seines Ruhmes, etwa Mitte oder Ende der
Fünfziger, nach Neapel kam.
Unter seiner Leitung entstanden die Wandbilder der alten Kirche von
Donna Regina, jener in einer engen stillen Straße verborgenen Stiftung der
Königin Marie, der sie ihre ganze Liebe und die reichsten Mittel zuwandte. Wie
sie für ihr Grabmal den damals berühmtesten Schüler Arnulf Kambios, Tino
Kamaino, bestimmte, so ist es begreiflich, daß sie sich für ihre geliebten Kla-
rissinnen den bedeutendsten Meister Roms aussuchte, der dort die Zäzilienkirche
der Klarissinnen ausgemalt hatte. Befremdlich erscheint es, daß wir in Sum-
montes Berichte weder Kavallinis Namen noch die Fresken von Donna Regina
erwähnt finden. Der Verdacht, daß die darauf bezügliche Stelle fehlt, wird ver-
stärkt, wenn man bedenkt, daß gerade zur Zeit seiner Abfassung — um 1520 —
wieder in Donna Regina gemalt wurde. Man kann sich Summontes Schweigen aber
auch anders erklären: da aus dieser Zeit der Fries stammt, der (an der Ostwand er-
halten) den oberen Teil der alten Bilder bedeckt, so waren diese selbst möglicher-
weise schon damals unter der Tünche verborgen und bei der strengen Klausur des
Nonnenklosters wohl schon seit lange den Blicken der Laien entzogen. —
Bei dem Bau der Kirche begann man in der üblichen Weise mit dem Kore. Wegen
der Fenster war hier wenig Platz zum Ausmalen. Hier bot nur der Triumfbogen und
auch dieser nur beschränkten Raum dazu. Um so mehr die einschiffige Kirche. Ur-
sprünglich auf drei Fensterbreiten berechnet, wird der dem Kore zu gelegene Teil
des Schiffes nachträglich auf zwei beschränkt, da man den Nonnenkor aus irgend-
einem Grunde vergrößert: so wird das einbezogene dritte Fenster innen bis auf das
obere Viertel vermauert (Fig. 1). Die so gewonnene Malfläche des Fensters schließt
sich nicht organisch dem Übrigen an, weder nach links, wo die ganze Wandfläche
in vier Reihen von je fünf Bildern geteilt ist, noch nach rechts, wo die Zwischen-
 
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